- Kapitel 46 -

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Asano POV

Helias Grinsen wurde breiter und sie strahlte eine unglaubliche Sicherheit aus. Sie hatte Uesugi zwar geschlagen, doch es war knapp. Während des Kampfes hatte ich jeden ihrer Schritte genauestens beobachtet und war äußerst beeindruckt von ihrer Technik. Sie schien Erfahrung im Nahkampf zu haben, doch mich konnte sie nicht schlagen. Ich hatte seit frühster Kindheit etliche Kampfsportarten erlernen müssen. Das hatte ich ihr sogar erzählt als wir essen waren. Ich verstand einfach nicht wieso sie so locker grinsend da stand. Normalerweise machten sich meine Gegner immer beinahe in die Hosen wenn sie hörten, dass sie gegen mich antreten würden, doch Helia reagierte mal wieder ganz anders als ich es erwartet hatte.

Wir waren als erstes an der Reihe und liefen beide auf das Feld zu. Ich stand ihr nun genau gegenüber und sah, wie sie in Kampfposition ging. Etwas war anders als zuvor. Ihre Haltung unterschied sich. Doch bevor ich genauer darüber nachdenken konnte ertönte der Gong und sie sprintete auf mich zu. Sie war innerhalb weniger Augenblicke bereits bei mir angelangt und holte zum Schlag aus. Ich hatte sie nicht so schnell in Erinnerung. Vorhin hatte sie zunächst passiv gekämpft, doch nun wechselte sie zum aktiven Kampf. Ihr Schlag verfehlte mich nur um einige Millimeter, da ich gerade noch so ausweichen konnte. Erstaunt sah ich ihr nach, wie sie nicht stoppte sondern noch einmal einen Zahn zulegte. Sie drehte sich nicht um sondern sprang plötzlich vom Boden ab. Sie flog rückwärts mit ausgestreckten Armen direkt über meinen Kopf hinweg und bevor ich wusste, wie mir geschah traf sie mich auch schon mit einem Upper Kick direkt auf dem Brustbein. Hustend taumelte ich nach hinten, doch noch bevor ich mich erholen konnte trafen mich unzählige kurze Hiebe an den Schultern und am Bauch. Ich krümmte mich vor Schmerz, doch ich schaffte es noch mich rechtzeitig aus der Schusslinie zu drehen bevor sie mich mit einem harten Tritt treffen konnte. Entsetzt sah ich sie an während ich noch immer nach Luft rang.

Was zur Hölle?

Sie kam langsam und teuflisch Grinsend auf mich zu und schien mir absichtlich Zeit zum Erholen zu lassen. Ich fing mich wieder und setzte nun zu meinem Angriff an. Ich musste zugeben, dass sie mich überrascht hatte, doch noch einmal würde mir das nicht passieren. Ich täuschte einen Upper Cut an streifte ihre Rippen aber nur leicht, da sie nach links auswich. Sie rollte sich ab und stand schon wieder auf den Beinen. Sie sprintete erneut auf mich zu, doch dieses Mal war ich bereit. Ich hatte mir ein Manöver überlegt und wartete nur darauf, dass sie mich frontal angriff, doch kurz vor mir sprang sie erneut in die Luft. Sie packte mich an den Schultern und warf mich mit ihr zu Boden. Blitzschnell rollte sie sich auf mich und griff nach meinen Armen. Da sie auf mir saß waren meine Beine verhindert. Sie hatte meine Hände fest im Griff während sie mit ihrer anderen Hand eine Faust bildete und sie bereits mit Schwung nach hinten zog. Ich bereitete mich auf den Schlag vor, doch es passierte nichts. Ich sah sie fragend an, doch ihr Gesicht war ausdruckslos wie immer. Sie schielte zu den Lehrern deren Münder aufgeklappt waren. Sie schien auf Anweisungen zu warten. Ich nutzte die Gelegenheit und drehte uns in einem Schwung um. Nun packte ich sie an den Armen und drückte sie nach unten. Überrascht schätzte sie die Situation neu ein.

Ich sah amüsiert auf sie hinab, doch sie grinste mir nur frech entgegen, was mich wieder einmal aus dem Konzept brachte. Wieso grinste sie so? Ich hatte sie völlig im Griff. Sie konnte sich kaum bewegen und absolut nichts gegen mich ausrichten. Bevor ich meine Frage laut aussprechen konnte preschte sie mit ihrem Oberkörper soweit sie konnte nach oben und traf mich mit ihrer Schulter genau am Kehlkopf, weshalb ich sie sofort los ließ und mir hustend an den Hals fasste. Sie nutzte die Gelegenheit und sprang nach hinten. Dabei stütze sie sich kopfüber auf den Händen ab und traf mich mit voller Wucht mit ihren Füßen am Brustkorb, weshalb es mich wegschleuderte. Während sie amüsiert auf mich herabsah lag ich röchelnd am Boden. „Genug jetzt!" Riefen die Prüfer entsetzt weshalb Helia abwehrend ihre Hände in die Luft hob. Sie hatte mich tatsächlich geschlagen. Ich konnte es kaum fassen, wie konnte das passieren? Noch nie hatte es jemand geschafft mich in irgendetwas zu schlagen. Und erst recht kein Mädchen. Ich rappelte mich auf alle viere auf und rang noch immer nach Luft, als ich plötzlich zwei Füße vor mir sah. Ich sah angestrengt nach oben und erkannte Helia, die mir ihre Hand hinhielt.

„Alles klar?" Fragte sie belustigt. Ich sah sie entsetzt an. Als ich nicht auf ihre Geste einging kniete sie sich neben mich hin und legte meinen Arm über ihre Schulter. Ich schaffte es mit ihrer Hilfe aufzustehen, doch ich stützte beinahe mein ganzes Gewicht auf ihr ab. Helia schien das rein gar nichts auszumachen und umklammerte meine Hand fest, damit mein Arm nicht von ihrer Schulter rutschte. Sie lief langsam mit mir an den Rand während uns nahezu alle anstarrten. „Hier, das hilft." Sagte sie und reichte mir ihre Wasserflasche. Zitternd nahm ich sie entgegen und trank vorsichtig daraus. Ich leerte sie bis auf den letzten Schluck und drückte ihr die Flasche wieder in die Hand. Ich starrte ausdruckslos ins Leere und versuchte zu begreifen, was eben geschehen war.

Helia wich mir nicht von der Seite und wischte mir mit dem Handtuch über's Gesicht. Nach einiger Zeit sah ich sie mit einem schwachen Lächeln an. Nun wusste ich wieso sie so grinste. Sie wusste, dass sie gewinnen würde, egal wer ihr Gegner war. Sie hatte mich fair geschlagen.

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