- Kapitel 90 -

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Ich lief gähnend das Gate entlang und wartete auf meinen Koffer. Die stickige Luft erinnerte mich daran, dass ich wirklich wieder zu Hause in Los Angeles war. Die Sonne schien durch die großen Fenster hinter mir und ich schnappte mir meinen Koffer vom Band, der gerade an mir vorbei fuhr. Ich atmete tief ein und aus als ich mich nach meinen Eltern umsah. Ich freute mich wahnsinnig sie wieder zusehen. Ich hatte ihnen so einiges zu erzählen und ich hatte ihnen auch einiges zu sagen. Durch meinen Aufenthalt in Japan habe ich viele Dinge erst richtig erkennen können. Die ganzen Jahre über war ich so unnahbar, dass nicht mal meine Eltern an mich ran kamen. Sie waren zwar nicht gerade das Paradebeispiel an Adoptiveltern, doch sie waren meine Eltern, die mich auf ihre ganz eigene Weise liebten.

Ich wollte, dass sie es wussten. Das sie wussten, dass ich es merkte, dass ich es spürte. Ich wollte ihnen sagen, wie lieb ich sie hatte und wie dankbar ich für alles war, was sie für mich taten.

Als mein Blick durch die Menge glitt blieb ich an einem Blondschopf hängen. Mom, dachte ich erfreut und erkannte kurz darauf auch Dad, der neben ihr stand. Ich verstärkte den Griff um meinen Koffer und rannte los. Dabei wich ich etlichen anderen aus und schubste auch ein paar Leute zur Seite. Ich ließ meinen Koffer los und er rollte selbstständig weiter. Ich sprang auf Dad zu und fiel ihm um den Hals. Völlig überrumpelt von meiner Aktion erstarrte er in seiner Bewegung und sah überrascht zu Mom. „Helia?.." Hörte ich ihn fragend in mein Haar murmeln.

„Hi Dad."

Schluchzte ich und drückte ihn noch enger an mich. Langsam legte er seine Arme um mich und schüttelte verwirrt seinen Kopf. „Ist alles in Ordnung?" Fragte er mich und versuchte sich aus meinem Griff zu lösen, doch ich ließ ihn nicht. „Ja." Antwortete ich knapp und genoss diesen Moment noch ein kleines Weilchen länger bevor ich mich schließlich losreißen konnte. Als nächstes zog ich Mom in eine feste Umarmung, die noch immer verwirrt daneben stand und sog den Duft ihres Parfüms tief in die Nase. Es war so schön endlich wieder bei ihnen zu sein. „Ihr habt mir so gefehlt.." Murmelte ich in ihr Haar und spürte, wie sie mir den Rücken entlang strich. „Was ist denn los mit dir?" Fragte sie provokant lächelnd. „Nichts. Ich hab euch einfach lieb." Entgegnete ich und wischte mir die Tränen aus den Augen. Sie sahen sich verstört an und Lächelten unbeholfen. „Na komm schon, lass uns erst Mal nach Hause gehen, bevor du uns das hier erklärst." Meinte Dad überfordert und griff nach meinem Koffer. „Ja..nach Hause." Widerholte ich seufzend und lief glücklich neben ihnen zum Auto.

Zu Hause angekommen nahm ich Dad den Koffer ab und brachte ihn in mein Zimmer. Anschließend rannte ich sofort wieder zu ihnen. Ich umarmte Dad erneut und bedankte mich dafür, dass er meinen Koffer getragen hatte. „Helia, was ist denn nur los mit dir?" Fragte er ernsthaft besorgt und sah verwirrt zu Mom, die aber nur irritiert lächelnd mit den Schultern zuckte.

„All die Jahre habe ich geglaubt was ihr mir erzählt habt. Ich habe euch geglaubt.." Begann ich seufzend zu erklären. „Aber ihr habt gelogen." Lachte ich und wischte mir aufkommende Tränen von den Wangen. Sie sahen sich verwirrt an bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf mich richteten. „Ihr habt mich geliebt. Die ganze Zeit über schon. Vielleicht war es anfangs wirklich nicht eure Absicht aber ihr habt angefangen mich zu lieben, auf eure ganz eigene Art und Weise." Erklärte ich schluchzend. „Aber ich war zu blind um das zu sehen." Lachte ich über meine eigene Dummheit.

„Ich dachte ich würde die Liebe nie verstehen. Ich dachte es liegt daran, dass ihr mir gegenüber auch nie Liebe gezeigt habt aber das stimmte nicht. Ich war einfach nur..festgefahren, blind, dumm. Nennt es wie ihr wollt." Seufzte ich. „Was ich sagen will ist..danke. Danke für die letzten fünfzehn Jahre, danke für alles was ihr für mich getan habt, was ihr für mich aufgegeben habt..danke für eure Liebe." Beendete ich meine Erklärung kopfschüttelnd und mit Tränen in den Augen. Ich sah, wie Mom's Augen zu glitzern begannen und sie unbeholfen lächelte. Sie zog mich in ihre Arme und wischte sich eine Träne weg. „Ach Kind..sieh dir das an, nun hast du mein Make-up ruiniert." Zog sie mich schnippisch auf, doch ich wusste dieses Mal ganz genau, was sie mir eigentlich damit sagen wollte. Sie löste sich schnell wieder von mir und versuchte, das von ihrem Make- up zu retten, was noch zu retten war. Dad sah mich mit glasigen Augen und einem schiefen Grinsen an bevor auch er mich in die Arme schloss.

„Mach dich doch nicht lächerlich.." versuchte er seine Gefühle zu überspielen. Mom gab ihm einen Schlag auf den Hinterkopf und schüttelte den Kopf bevor sie ihr Wort an ihn richtete.
„Machen wir uns nichts vor, Corban."
Dad seufzte und verdrehte die Augen. „Meine Kleine.." Grummelte er während er mich in die Arme schloss. „Eira hat recht. Es bringt jetzt auch nichts mehr es zu leugnen..Auch wenn wir es nicht gern zugeben, dich zu uns geholt zu haben war die beste Entscheidung, die wir je getroffen hatten." Sagte er sanft und drückte meinen Kopf gegen seine Brust. Ich schniefte und umschloss ihn fester. „Natürlich liebe ich dich" flüsterte er so leise, dass ich es beinahe überhört hätte. Doch ich tat es nicht. Ich verstand jedes einzelne seiner Worte und ich würde sie nie wieder vergessen können.
„Dennoch interessiert es mich, was genau in Japan passiert ist." Meinte er skeptisch und beäugte mich kritisch. „Du bist doch meine Tochter, oder hat man dich ausgetauscht?" Scherzte er mit ernster Miene und packte mich fest an den Schultern. Ich begann zu lachen und schlug seine Hände weg. „Wer würde es denn sonst freiwillig mit euch aushalten?" Meinte ich teuflisch grinsend und sah in Dad's zufriedenes Gesicht.

„Das ist mein Mädchen." Lachte er und ich stimmte mit ein.

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