Hastig rannte ich die letzten Meter die Straße entlang zu Nakatanis Haus wo ich außer Atem erst mal vor der Tür stehen blieb und mich ausruhte. Plötzlich ging die Tür auf und Nakatani stand frech schmunzelnd vor mir. „Gerade noch pünktlich, Helia-chan." Zog er mich spottend auf und bat mich herein. Als die erste Hälfte des Trainings vorüber war lag ich schwer schnaufend im Gras. Es dämmerte allmählich, was die zweite Phase des Trainings einleitete. „Du wirkst verändert." Merkte Nakatani an und sah mich mit einem halben Grinsen an. „Was meinst du damit?" Fragte ich schnaufend. „Hast du das Buch zu Ende gelesen?" Fragte er neugierig. „Ja. Ich habe mir sogar den Film dazu angesehen."Antwortete ich knapp und erinnerte mich daran, wie Asano und ich gemeinsam die letzte Seite überflogen. „Und, hat sich deine Frage beantwortet?" Bohrte er nach, doch ich schüttelte langsam den Kopf. „Nicht zufriedenstellend." Konterte ich ausdruckslos. „Nun, was ist es denn das dir solches Kopfzerbrechen macht?" Fragte er und setzte sich im Schneidersitz neben mich. „Ist es erst Liebe wenn man bereit ist für den anderen zu sterben? Oder sich zu hassen, wie Shiro und Kumiko es taten?" Stellte ich meine Frage. Nakatani lachte nur darüber und stützte sich auf seinen Armen ab. „Aber nein, du darfst das alles nicht so relativieren. Die Liebe ist kein Gegenstand, sondern ein Gefühl. Sie ist unerklärlich und nicht greifbar. Man spürt sie nur ganz tief im Inneren wenn sie da ist." Meinte er und sah dabei in den abendroten Himmel. „Dann werde ich es wohl nie verstehen." Seufzte ich frustriert. „Shiro und Kumiko waren beide bereit für den jeweils anderen zu sterben und ihr eigenes Leben für das des Anderen zu geben. Das taten sie nicht aus Spaß und der Freude, sondern weil ihnen das Leben des jeweils anderen wichtiger war als ihr eigenes. Sie wollten in keiner Welt leben in der der andere nicht mehr existierte. Auch wenn ihre Familien verfeindet waren und sie deshalb versuchten ihre Gefühle zu unterdrücken und wegzusperren kämpfte ein Teil von ihnen stetig dagegen an. Sie trotzten jeglichen Umständen und fanden schließlich ihren Weg zueinander, da sie mutig genug waren für ihre Gefühle einzustehen." Erklärte er mir und ich sah überrascht zu ihm rüber. „Also ist es das Begehren, was die Liebe ausmacht?" Fragte ich skeptisch. „Es ist die Selbstlosigkeit, die Reinheit, die Wärme und das Licht." Stellte er klar. „Natürlich gehört die Begierde auch dazu, doch es ist nicht die Gier im herkömmlichen Sinne. Es ist das Verlangen nach dem anderen. Ihn immer um sich zu haben, sich nie vollständig zu fühlen ohne den anderen. Die unglaubliche Anziehungskraft, die einen wie einen Magneten immer wieder zu einander zieht." Erklärte er mir und ich begann darüber nachzudenken. „Also..sowas wie ein erhöhter Puls und ein starker Herzschlag zum Beispiel?" Fragte ich vorsichtig und erinnerte mich an die Situation als ich auf Asanos Brust lag. „Ja, zum Beispiel." Sagte er lächelnd. „Oder dass man sich seltsam fühlt wenn der andere in der Nähe ist?" Fragte ich weiter. „Definiere seltsam." Entgegnete er mir schnippisch. „Naja..irgendwie nervös und aufgedreht..ohne ersichtlichen Grund." Versuchte ich es zu beschreiben. Schmunzelnd sah Nakatani zu mir herab.„Hmm..ja, das ist auch ein Anzeichen." Grinste er frech. Ich legte mir einen Arm über die Augen und versuchte die Sachen, die er mir eben erklärte zu verstehen. „Sag mal, hast du eine neue Trainingshose? Sie wirkt etwas zu groß für meinen Geschmack." Fragte er mich provokant. „Hmm? Oh, nein die gehört nicht mir." Antwortete ich ihm geistesabwesend, da ich noch immer über seine Worte nachdachte.
All diese Dinge, die ich eben aufgezählt hatte verspürte ich immer dann, wenn ich in Asanos Nähe war oder mit ihm sprach.
Bedeutete das dann, dass ich in Asano verliebt war? War das nur ein Zufall?
So wie es Nakatani beschrieb klang es eigentlich danach, dass die Liebe ein unverkennbares Gefühl war. Man wusste es einfach, doch ich wusste gar nichts mehr. Noch nie in meinem Leben hat mich eine Sache so sehr verwirrt, wie die Liebe.
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This Time Next Year
RomanceHelia war zufrieden mit ihrem Leben so wie es war. Es interessierte sie nicht sonderlich, was andere von ihr hielten. Freundschaften waren unnötige Zeitverschwendung, weshalb sie lediglich Zweck Gemeinschaften bildete. Sie verstand sich gut mit ihre...