Güven | Kapitel 59

1K 29 5
                                    

Nachdem wir uns beide einigermaßen gesammelt hatten, standen wir auf und wollten uns auf den Weg nachhause machen. In meinem Kopf gingen schon die schlimmsten Szenarien durch, die ich jetzt zuhause erleben könnte. Meine Eltern sind bestimmt vor Sorge gestorben und sauer sind sie bestimmt auch. Ich hatte aber einerseits auch Angst vor meinem Bruder, weil er bei sowas die stärkeren Reaktionen abgibt.
Während des Laufens griff ich nach meinem Handy und wollte es anschalten, doch genau in dem Moment wurde es mir von Can weggenommen.
„Nicht jetzt." sagte er und ich nickte einfach mit hängendem Kopf.
Langsam nahm er meine Hand in seine und wir liefen zu seinem Auto.

Eingestiegen atmete er einmal laut aus und ich drehte mich, nachdem ich mich angeschnallt hatte mit einem fragenden Blick zu ihm.
„Çok şükür sitzt du gerade neben mir." sagte er und startete den Motor. Ich lächelte ganz schwach vor mich hin.
Dieser junge machte mich einfach Glücklich und das in jeder Situation.

Die ganze Fahrt wurde meine Nervosität von Minute zu Minute stärker. Ich fing an mit meinen Fingern zu spielen und unregelmäßiger zu atmen.
Ich hatte sowas noch nie gemacht - ohne Bescheid zu geben, den ganzen Tag unerreichbar sein. Die Reaktionen waren mir noch sehr unklar, aber über eine Sache war ich mir sicher und diese war, dass ich großen Ärger bekommen würde.

Schräg gegenüber von meiner Haustür blieb er stehen und ich schnallte mich schnell ab.
„Ruf mich sofort bei der kleinsten Sache an." sagte er und gab mir mein Handy.
Ich nickte und atmete einmal tief ein und aus.
Sanft nahm er mein Gesicht zwischen seine Hände und küsste mich auf die Stirn, was mich etwas aufmunterte.
„Ich bin für immer an deiner Seite." sprach er flüsternd und ich schenkte ihm ein ehrliches Lächeln.

Vor meiner Haustür blieb ich stehen und versuchte meine jetzt schon kommenden Tränen aufzuhalten.
Ich durfte nicht für jeden Mist weinen.
„Sei stark" flüsterte ich mir selber zu und schloss meine Augen und zerdrückte die Schlüssel in meiner Hand noch fester.

„Wer war er?" hörte ich die stimme meines Bruders hinter meinem Rücken und lies vor Angst die Schlüssel fallen.
Tausend Gedanken schossen mir in den Kopf.
Ich drehte mich zu ihm und sah in seine müden Augen.
Was war ich bitte für ein Mensch, die jedem Menschen, der ihr nahe stand nur Schaden zufügte. Sie waren alle fertig und kaputt, und das nur wegen mir.

„Abi..." flüsterte ich mit zittriger Stimme und senkte meinen Kopf.
„Geh rein." sprach er streng und mit zusammengebissenen Zähne.

Als die Tür aufging lief meine Mutter mit schnellen Schritten auf mich zu und sah mich mit erleichtertem Blick an. Ihre Augen waren rot und angeschwollen. Sie hatte geweint und sah müde aus, mal wieder wegen mir. Die Schuldgefühle wurden von Sekunde zu Sekunde unerträglicher, als ich dann auch noch meinen kaputten Vater an der Türlehne sah.

Die feste Umarmung von meiner Mutter lenkte mich ab und ich umschling meine Arme feste um sie.
Eine kurze Zeit blieben wir fest umschlungen im Flur stehen, bis wir mit dem festen Griff meines Bruders an meinem Arm unterbrochen wurden.
Er zog mich fest mit sich mit Richtung Wohnzimmer.
„Oğlum napıyorsun?" fragte meine Mutter und lief uns schnell hinterher. (Mein Sohn was machst du?)
„Was für Sachen tust du verdammt?!" schrie mich mein Bruder an und ich blickte ängstlich in seine Augen. Meine Mutter blieb etwas weiter weg von uns stehen und beobachtete das ganze mit Tränen in den Augen.
Als mein Blick zu meinem Vater huschte erkannte ich seine nachdenklichen Blicke an seinen zusammengezogenen Augenbrauen.
„Wo warst du bis um diese Uhrzeit?!" schrie mein Bruder und gewann wieder meine gesamte Aufmerksamkeit.
„Ich war alleine an einem See." sagte ich leise und merkte wie heiser ich eigentlich klang.
Ein Lachen sorgte dafür, dass sich meine gesunkenen Blicke wieder hoben.
Mein Bruder hatte ironisch, wütend aufgelacht und kratzte sich am Hinterkopf.
„Alleine an einem See." wiederholte er meine Aussage.
„Was hast du dort denn gemacht?" fragte er mich.
„Ich habe nichts schlimmes getan Abi. Ich saß alleine am See und habe nachgedacht Tamam mi? Ich habe versucht meine Gedanken zu sortieren und mich vor Fehlern zu schützen." sprach ich selbstsicher, was mich selbst wunderte. Für einen kurzen Moment blieb er leise und sah mir stumm in die Augen.
Es war ruhig im Raum, nur das laute ein und ausatmen meines Bruders war zu hören. Ich blinzelte paar mal damit sich keine Tränen in meinen Augen stauten.
Mein Bruder schloss seine Augen und ballte seine Hand zu einer Faust.
„Wer war dann der junge der dich nachhause gefahren hat?" fragte er mich mit zusammengebissenen Zähnen.
Direkt huschten meine blicke zu meinen Eltern.

Ich wollte sowas in den Augen meines Vaters nie sehen. Die Enttäuschung und Verzweiflung wollte ich nie erkennen, doch das war das einzige was seine Augen mir gerade zeigten.
Die Tränen die ich versucht hatte vorhin zu unterdrücken stiegen schneller als erwartet und ein Kloß bildete sich in meinem Hals.

Ohne ein weiteres Wort Verlies er das Haus und lies mich dort mit Tränen gefüllten Augen stehen, die in den nächsten Sekunden schon deren Lauf nahmen und über meine Wangen strömten.
Die Kraft in meinem beinen gab nach und ich lies mich auf meine Knie fallen.
„Ab heute Büsra" ich versuchte mir die Tränen wegzuwischen und mich zu beruhigen, in dem ich meine zittrigen Hände jeweils feste drückte, jedoch gelang es mir nicht.
„Ab heute geht alles nach meinen Regeln." sprach mein Bruder zu Ende und sorgte für Fragezeichen in meinem Kopf.
Seine Regeln? Was genau meinte er damit?
Nachdem er seinen Satz ausgesprochen hatte, Verlies auch er wie mein Vater das Haus. Die Tür, die er feste zuschlug lies mich aufzucken.
„Ne yaptın kızım sen?" fragte mich meine Mutter weinerlich leise und kam auf mich zu. (Was hast du gemacht meine Tochter)
„Anne" weinte ich und versuchte Normal zu reden, was mir aber aufgrund des Schluchzens nicht gelang.
„Anne ben kötü birşey yapmadım." weinte ich und sah sie Hilfesuchend an.
Sie umarmte mich feste und streichelte mir beruhigend über den Rücken. Ich schaffte es etwas runterzukommen und meine Tränen unter Kontrolle zu halten.

Auf meinem Zimmer angekommen schmiss ich meine Tasche einfach in eine Ecke und lief auf mein Bett zu, auf dessen kannte ich mich einfach hinsetzte. Die Worte meines Bruders schwirrten mit durch Den Kopf und die Angst machte sich erneut in mir breit. „Ab heute geht alles nach meinen Regeln."

Da ist mein neues Kapitel..
tut mir leid, dass es länger als geplant gedauert hat, aber ich habe einfach keine Motivation gehabt zu schreiben.
Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen.🙏🏼

Was könnte der Bruder damit meinen, dass alles nach seinem Plan laufen wird?

Danke fürs lesen

💋

Güven ~ VertrauenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt