Lied: Timu - Gülüm
Erst dann, wenn eine schwierige Zeit anbricht merkt man wie viel Kraft und Geduld man eigentlich besitzt. Man bewundert sich selbst, die Art die man eigentlich garnicht kannte. Vielleicht ist diese Seite ja das eigentliche ich? Vielleicht fallen erst dann die Masken und man steht mit dem wahren Gesicht dort. Alleine und hilflos. Nur man selbst und die dunkle Fassade des Lebens. Dem Schmerz.
Wie wahr doch die Worte der Menschen waren, die meinten Liebe wäre zugleich ein nie endender Schmerz. Es war bewundernswert wie wunderschön ein Gefühl doch sein konnte. Was die Liebe doch alles in einem Menschen auslösen konnte und wie sie den Menschen ändern konnte.
So bewundernswert sie auch sein konnte, war sie auch beängstigend.
So blendend sie auch sein konnte, war sie auch dunkel und erstickend.
So rein sie auch sein konnte, war sie auch bestrafend.Also war doch das faszinierende an der Liebe die Fassaden die sie besaß? Waren wir also alle blind und ließen uns von ihr blenden und zerbrachen am Ende? War Liebe echt so wertlos?
„Dein Tee wird kalt." unterbrach Yasemin meine Gedanken und gewann somit meine Aufmerksamkeit. Ich drehte mein Kopf zu ihr und erwiderte das Lächeln schwach, was sie mir schenkte.
Ohne mich zu bewegen saß ich seit einer gefühlten Ewigkeit am selben Punkt und dachte nach. Vermutlich war es auch schon nach Mitternacht, jedoch hatte ich kein Anzeichen nach Müdigkeit. Die Kopfschmerzen, die ich durchgehend besaß machten sich immer mal stärker bemerkbar. Ich fühlte mich müde und krank, obwohl ich nichts getan hatte, außer mir den Kopf zu zerbrechen.
„Was ist nur mit dir passiert?" sprach sie leise eher zu sich als zu mir. Als ich mein Blick von der Tasse in meinen Händen hob und sie ansah schaute sie mir entschuldigend in die Augen. Vermutlich hatte sie Ausversehen ihre Gedanken laut ausgesprochen.
Ich sah sie mit einem schmerzerfülltem Lächeln an und nickte langsam.
„Ich erkenne mich selber nicht wieder." sprach ich ehrlich aus. Das tat ich wirklich nicht mehr.
„Nein" fing Yasemin an, weshalb ich ihr unwissend zuhörte.
„Nein so meinte ich das nicht." sie hatte Angst davor etwas falsches zu sagen. Eine stille traf ein. Sie senkte ihre Blicke und spielte mit ihren Finger. Dies bestätigte meine Vermutungen, da sie dies immer dann tat, wenn sie nervös oder ängstlich war. Ich kannte sie nunmal.Meine noch gefüllte Tasse, die schon kalt wurde legte ich langsam auf die Kommode und stand auf.
„Wir sollten schlafen." sagte ich einfach, um die für sie wahrscheinlich unangenehme Situation zu lösen.
Yasemin nickte zu meiner Aussage nur stumm und stand ebenfalls auf.
„Schlaf du auf dem Bett." sagte sie doch ich schüttelte den Kopf sofort und hielt sie davon ab mein Kissen vom Boden aufzuheben.
„Ich möchte nicht." sprach ich leise wonach sie mich eingeschüchtert ansah.
„O-ok" antwortete sie stotternd und lies meinen Kissen wieder auf den Boden.
Ich machte mein Kissen zurecht und legte mich auf die dünne Matratze. Yasemins Bett war nicht groß genug weshalb wir mir eine Matratze auf den Boden gelegt hatten, auf der ich schlafen konnte. Sie genügte mir. Indem Moment war ich allein schon froh darüber überhaupt ein Dach überm Kopf haben zu können.
„Gute Nacht" hörte ich zuletzt von Yasemin.
„Gute Nacht" flüsterte ich wobei ich mir nicht einmal sicher war ob sie es gehört hatte.Ich durchbohrte wortwörtlich die Dunkelheit mit meinen Blicken. Als ich spürte wie mein Arm eingeschlafen war drehte ich mich auf den Rücken und fand eine neue Stelle, diesmal an der Decke zum durchbohren mit meinen Blicken. Ich hörte das regelmäßige Atmen von Yasemin und als ich meinen Kopf leicht auf ihre Seite drehte bemerkte ich, dass sie schon schlief. Seit einer gefühlten Ewigkeit lag ich auf der Matratze und sah mich im dunklen Zimmer um, welches nur mit dem Mondlicht beleuchtet war, das durch die Gardinen schien.
Seit Wochen fehlte mir der innere Frieden. Meine Sehnsucht nach ruhigen Tagen und Nächten stieg mit jedem Morgen an dem ich gezwungen war aufzuwachen umso mehr. Noch nie hatte ich mich schwacher als jetzt gefühlt. Hilflos und Verloren.
Es war ein schreckliches Gefühl von der Familie abgestoßen zu werden. Naja, ganz abgestoßen wurde ich vielleicht nicht, jedoch war die Kälte die sie mir zu spüren gaben unerträglich.
Als ich merkte, dass auch die nächsten Minuten der Schlaf mich nicht einholen würde beschloss ich aufzustehen. Langsam stand ich auf um Yasemin nicht zu wecken. Nachdem ich leise durch das Zimmer gelaufen war erreichte ich die Balkontür ihres Zimmers, die ich genauso leise öffnete und diesen dann betrat.
Direkt wurde ich von der kalten Luft umhüllt, weshalb sich eine Gänsehaut auf meiner Haut bereitete. Auch wenn mir kalt war und ich schon zitterte tat diese Luft mir gut. Ich atmete sie einmal tief ein und zitternd wieder aus, wobei durch die Kälte Nebel vor meinem Gesicht entstand.
Der Hinterhof, auf den ich aus dem Balkon sehen konnte war trocken und leer. Im Normalfall würde mir dieser Anblick vielleicht sogar Angst machen. Ich würde nicht alleine auf dem Balkon stehen und frieren wollen. Jetzt in dem Moment war mir sowas aber egal. Ich hatte schlimmere Ängste.
Von meiner Familie hatte ich seit Tagen kein einziges Wort gehört. Es tat so sehr weh. Ich hatte all das nicht erwartet. Nicht einmal erwarten können. Ich wollte wissen wie es ihnen geht. Den Mut sie anzurufen oder ihnen zu schreiben hatte ich bis jetzt nicht gefunden. Machten sie sich überhaupt Sorgen um mich? Oder war ich ihnen schon so egal?
Mein Bruder hatte mich zuvor noch nie mit so viel Hass angesehen, wie er es an dem Tag getan hatte. Als ich an ihn dachte, dachte ich automatisch an den Schlag. Mein Bruder hatte mich zum ersten Mal geschlagen, zwar ungewollt vielleicht, jedoch hatte er es getan.
War es wirklich so schlimm was ich getan hatte? Sollte es wirklich so sehr bestraft werden, zu lieben? Ich konnte es nicht verstehen. Um ehrlich zu sein wollte ich es auch garnicht. Es ergab keinen Sinn für mich, sowas erleben zu müssen, nur weil man liebt und geliebt wird.
Geliebt werden? Stimmt, mich liebte doch einer. Mich liebte einer, dem ich aber anscheinend doch relativ egal war. Seit gestern hatte er sich kein einziges Mal bei mir gemeldet, obwohl er wusste in was für einer Lage ich doch steckte.
Bei dem Gedanken an ihn kamen auch die ganzen Sachen die er mir erzählt hatte in den Kopf. Fest umgriff ich das kalte Eisen vom Balkongeländer. Es fühlte sich so an als würden meine Beine mich nicht mehr tragen können. Ich versuchte mir meinen Halt am Geländer zu finden, welches schon nach kurzer Zeit meine Finger vor der Kälte und dem Regen taub werden lies.
Ein Schluchzen entwich mir, weshalb ich meine zittrige Hand langsam hob und mein Handrücken an meinen Mund führte um mein Schluchzen irgendwie zu stoppen.
Ich konnte nicht mehr klar denken. Jegliche Kraft und jeglichen Nerv hatte ich verloren. Konnte ich eigentlich noch kaputter als ich es jetzt schon bin sein? Vermutlich nein, denn der Schmerz den ich verspürte war so stark, dass ich mich nicht mal mehr traute zu atmen. Jeder Atemzug sorgte dafür, dass es in meinen Lungen brannte. Es tat mir weh.
Ich wollte nicht mehr. Ich konnte nicht mehr.
Nach meinen letzten tiefen, schmerzerfülltem Atemzug schloss ich die Augen und lies die Tränen, die sich in ihnen gestaucht hatten zum laufen.
Meine letzten Tränen.Hoffe sehr dass euch das Kapitel gefallen hat.
Habt ihr Wünsche oder (Verbesserungs-) Vorschläge?Danke fürs lesen!🙏🏼
DU LIEST GERADE
Güven ~ Vertrauen
Teen FictionReicht das Vertrauen einem Menschen, um Hindernisse zu überschreiten?