Drei: Tim

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Sonntag 08.02.2019      10.45 Uhr

Tim Gewan


Tim war gerade dabei gewesen, von der einen Seite des Spielfeldes, auf die andere zu sprinten und hoffentlich ein Tor zu schießen, als das Spiel unterbrochen wurde.

Völlig verdattert stand er, immer noch mit dem Ball am Fuß, mitten auf dem Feld und sah sich fragend um. Was war der Grund dafür, dass das Spiel plötzlich abgebrochen wurde?

Tim sah Annika am Spielfeldrand, die nun auf ihn zukam. Unschlüssig sah er von seiner Freundin zum Ball, entschied sich dann aber dazu, ihn hier liegen zu lassen und ging lieber seiner Freundin entgegen.

Diese drückte seine Hand, als sie schließlich bei ihm ankam und deutete dann auf eine Gruppe von Personen, die sich rechts neben ihnen gebildet hatte.

„Der Junge hat plötzlich angefangen, laut zu schreien und daraufhin sind alle zu ihm gerannt. Kennst du ihn?", fragte Annika.

Tim kniff die Augen zusammen. Dem blauen Trikot des Jungen zufolge, war es einer seiner Mitspieler. Er hatte braune Haare und passend zum Trikot ein paar blaue Nike-Schuhe an. Tim wusste sogar etwas mehr über ihn. Dies war der Kapitän gewesen, bevor er in die Mannschaft gekommen war. Nur an seinen Namen konnte er sich nicht mehr erinnern.

Annika half ihm aus. „Dem Mädchen zufolge heißt er Moritz. Sie scheint seine Freundin zu sein, ich habe gehört, wie sie mit ihren Freundinnen über ihn geredet hat."

Moritz. Stimmt. Das war sein Name.

Über das Mädchen wusste Tim sogar noch etwas mehr und er berichtete Annika gleich davon.

„Das ist Sophia Blackwolf. Sozusagen die Queen der ganzen Schule. Wenn sie mit ihrer Gruppe auftaucht, werden alle still und machen ihnen Platz. So ein Kinderkram." Tim verdrehte die Augen.

Annika kicherte. „Das klingt wirklich lachhaft."

„Total. Sogar die Lehrer haben Respekt vor ihr. Das kann aber vielleicht auch daran liegen, dass ihr Vater ein reicher Unternehmer aus den USA ist, und sie so sowohl genug Geld als auch Einfluss hat, um es mit den Lehrern aufzunehmen, sollten diese ihr schlecht Noten geben."

„Also wie ein Wolf, der sich seine Schafe aussucht und mit ihnen spielte." Annika verwies auf Sophias Nachnamen, der zu deutsch – schwarzer Wolf - bedeutete.

„In der Schule wohl nicht. Aber ich weiß nicht, wie sie privat ist. Meistens haben diese reichen Kids doch irgendwelche dunklen Geheimnisse. Aber ehrlich gesagt, habe ich kein Interesse daran, herauszufinden, was es ist." 
Annika seufzte. „Schade, ein bisschen Klatsch und Tratsch würde mir gut tun. Bei uns im Dorf kennt man doch jeden."

Das war wahr. Nun wohnte Tim zwar auch nicht gerade in einer Großstadt, aber sein jetziger Wohnort war um einiges größer als das kleine Kaff, in dem er mit seinen Eltern und Annika gewohnt hatte.

Noch immer stand die Gruppe am anderen Ende des Spielfeldes und laute Stimmen drangen zu Tim hinüber.

„Ich werde mal nachsehen, was da los ist." Entschuldigend löste er Annikas Hand aus seiner und joggte über den Platz, den Stimmen entgegen.

„Du hast doch keine Ahnung, wie es ist, ICH zu sein. Du ..." 


„Ach ja, dann erklär mir, was daran so besonders sein soll. Warum DU so besonders bist."

Noch immer schienen sich Moritz und Sophia Beleidigungen an den Kopf zu werfen.

Tim bahnte sich seinen Weg durch die Masse. Er wusste noch nicht, warum er das tat. Es konnte ihm doch egal sein, wenn sich dieser Junge mit seiner Freundin stritt.

Aber dann wanderten seine Gedanken zu seinen Eltern, die sich früher auch oft so gestritten hatten. Und hätte er damals in den Streit eingegriffen, wären die beiden vielleicht heute noch zusammen ...

Tim schrie die schmerzhaften Erinnerungen aus sich raus: „Halt!"

Das streitende Paar sah ihn verwirrt an. Warum mischte sich dieser Fremde in ihre Beziehung ein?

„Hört bitte damit auf und klärt das zu einem anderen Zeitpunkt. Wir haben ein Spiel zu gewinnen." Oh toll, das hätte er vielleicht nicht sagen sollen. Jetzt wirkte es so, als würde er sich für nichts als den Fußball interessieren.

Aber im Endeffekt war es auch egal, denn sein Plan funktionierte. Die Spieler, Trainer und Zuschauer richteten ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Spielfeld, auf dem nun nur noch der Ball lag. Sophia und Moritz sagten keinen Ton mehr, sondern gingen auseinander und sahen betreten zu Boden.

Tim war stolz auf sich. Er hatte es ganz alleine geschafft, einen Streit zu schlichten. 
Nun konnte das Spiel endlich weitergehen. Hoffentlich würde er seiner Mannschaft noch zu einem Sieg verhelfen können. 

Dying BeautyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt