Dreizehn: Sophia

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Freitag 13.02.2019 13:17 Uhr

Sophia Blackwolf


Seinen Freitagnachmittag in der Schule zu verbringen war alles andere als schön und dies wussten alle Schüler des Fuchsbachgymnasiums, die Spanisch nach der E-Phase behalten hatten.

Sophia, Lana und Julianna saßen zähneknirschend in der Mensa und fragten sich wie jede Woche, warum sie sich das antaten.

Es waren nicht viele Schüler in ihrem Kurs. Neben dem LK gab es nur einen Grundkurs mit zehn Schülern.

„Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass Marie gerade alleine in der Mall herumhängt und ihren Krieg plant, während wir uns durch den spanischen Bürgerkrieg quälen müssen", motze Julianna.

„Ich auch nicht." Lana schob ein Stück Brokkoli auf ihrem Teller hin und her. „Wir müssen doch etwas dagegen tun können!" Fragend sah sie ihre Freundin an.

Sophia hatte eigentlich nichts dazu sagen wollen, doch nun war sie dazu aufgefordert worden. Statt einer Antwort erhielt Lana ein: „Mhmmm."

„Was soll das denn heißen?"

Es dauerte ein paar Sekunden, bis Sophia weitersprach. „Ich habe eine bessere Idee", versprach sie. Sie ließ eine kurze Kunstpause, um ihre Freundinnen überlegen zu lassen, was es wohl sein könnte, dann sprach sie weiter: „Ich weiß, wer „mitten-unter-euch" leitet." Ein Grinsen erschien auf ihrem Gesicht, als sie es endlich ausgesprochen hatte.

„Was?" Julianna und Lana wirkten zu gleichen Maßen schockiert wie interessiert. „Woher?"

Das würde Sophia wohl nicht verraten. Genauso wenig wollte sie den beiden gerade sagen, wer es war. Sie musste das erst einmal persönlich klären.

Gestern war es ihr klar geworden, doch um ihre These zu unterstützen, musste sie ihre Vermutungen erst noch einmal nachprüfen.
Dafür war sie gestern bei Moritz Fußballtraining aufgetaucht und hatte versucht, möglichst interessiert auszusehen.

Ein hübscher Nebeneffekt war gewesen, dass Moritz sich sehr darüber gefreut hatte. Nach dem Training war er zu ihr gekommen und hatte sich mit ihr unterhalten. Sophia war sich nun fast sicher, dass sie doch zusammen auf den Ball gehen könnten.

Auch Jacky hatte sie gesehen und sie trotzdem am Rand sitzen lassen, obwohl sie ihr beim letzten Mal eigentlich verboten hatte, zuzusehen.

Als sich Sophias Verdacht dann auch noch bestätigte, war sie überglücklich. Denn sie hatte richtig kombiniert! Jacky war Isabella.

Am Donnerstagabend hatte Sophia mit ihrer Mutter zusammengesessen und war dabei zufälligerweise auf Isabella zu sprechen gekommen. Ihre Mutter erkundigte sich, wie es ihr ging, da sie sich noch immer schuldig wegen der Geschehnisse von vor zehn Jahren fühlte. Sophia hatte kurz erzählt, wie es Isabella in der Schule ging und sich dann wieder anderen Themen zugewendet.

Doch bevor sie schlafen ging, dachte sie noch einmal über Isabella nach. Sie wusste von der zweiten Persönlichkeit, die sich nach dem Tod ihres Vaters entwickelt hatte und sie hatte sich immer gefragt, wie man damit leben konnte.

Wenn Isabella den größten Teil des Tages den Körper kontrollierte, wann hatte die andere Person in diesem Körper mal Zeit, ihre Persönlichkeit auszuleben?

Dann kam ihr Co-Trainerin Jacky in den Sinn, die ihr schon immer ein Mysterium war. Keiner wusste, wo sie lebte, wo sie zur Schule ging, oder ob sie eine Familie hatte. Dabei kannten die Jungs sie ihr ganzes Leben lang.

Sie verband die beiden Fragen miteinander und verstand, dass Isabella und Jacky zusammengehörten.

Dass sie den Blog leiteten war natürlich nicht zu einhundert Prozent sicher, doch Sophia nahm es stark an. Es ergab einfach zu viel Sinn!

Jacky konnte während des Trainings den Jungen in ihrer Mannschaft ihre Geheimnisse entlocken und Isabella fiel in der Schule nicht weiter auf. Da man sie übersah, erzählte man schnell Geheimnisse in ihrer Gesellschaft.

Der springende Punkt war schließlich gewesen, dass der Gossip-Blog Sophias Namen beim Hater-Post nicht veröffentlich hatte. Isabella war eine der wenigen Personen, die Sophia wirklich abgrundtief und aus einem triftigen Grund hasste. Ihre Eltern hatten ihre Familie zerstört ...

„Wer ist es?", Lana riss sie aus ihren Gedanken. Sophia hatte ihnen noch immer nicht geantwortet und langsam wurde ihr Schweigen merkwürdig.

Doch sie wollte ihren Verdacht vorerst nicht teilen. Sie war sich zwar eigentlich sicher, doch sie wollte nicht, dass sofort die ganze Schule Bescheid wusste. Denn Lana und Julianna würden es sicher den Mitschülern erzählen.

„Werde ich euch morgen auf dem Ball erzählen", versprach Sophia. Ob das eine gute Idee war, wusste sie nicht. Für Isabella würde es sicher unangenehm werden, wenn auf dem Ball alle Leute auf sie zukamen und sie fragten, ob es die Wahrheit war und sie den Blog leitete.

Julianna rückte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her. „Och Mann. Du kannst uns doch nicht so lange auf die Folter spannen!"

„Doch, kann ich." Sophia lächelte wissend. Dann verabschiedete sie sich und ging auf die Toilette. Dort zog sie ihr Handy hervor und begann zu tippen ...


Liebste Isabella Goldbaum,

oder sollte ich sagen ... Jacky?

Ich konnte es erst nicht glauben, als ich es herausgefunden habe, aber es ist anscheinend wahr.

Ihr seid nicht nur dieselbe Person, sondern leitet auch einen Blog mit dem Namen „mitten-unter-euch"? Das hätte ich nicht erwartet!

Tut mir leid, dass nun bald dein kleines Geheimnis ans Licht kommt, aber natürlich kann ich dieses nicht für mich behalten. Spätestens morgen auf dem Ball werden es alle erfahren!

Du fragst dich sicher, warum ich das tue. Warum ich nicht darüber schweige und dich schütze.
Nun ja, leider hat dein Blog dafür viel zu viel Schaden bei mir angerichtet.

Alle wissen über mein Privatleben und mein Liebesleben Bescheid, und das habe ich dir zu verdanken!

Der Höhepunkt der Unverschämtheiten war dann noch, dass du nicht mal meinen Namen mitveröffentlich hast, als ich dich auf meinen Hater aufmerksam gemacht habe.

Es gibt leider nur einen Weg, der dich unbeschadet davonkommen lässt: Du löscht den Blog noch heute! Dann wird niemand von deinem Geheimnis erfahren.

Ich hoffe, wir haben uns verstanden.

Sophia Blackwolf


Zufrieden sendete Sophia die Nachricht ab und machte sich dann auf den Rückweg zu ihren Freundinnen.
Ein schlechtes Gewissen hatte sie nicht. Immerhin gab sie Isabella einen Tag Bedenkzeit und plauderte nicht gleich ihr Geheimnis aus. Das hätte sie nämlich früher so gemacht.

Isabella konnte unbeschadet davonkommen und Sophia war stolz darauf, dass ihr dies eingefallen war.

Es zeigte ihr, dass sie auf dem Weg war, sich zu verbessern. 

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