Fünf: Mila

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Montag 09.02.2019      17:21 Uhr

Mila Fossile


Mila konnte es nicht glauben. Isabella hatte einen geheimen Blog, in dem sie Skandale über die Schüler des Fuchsbach-Gymnasiums veröffentlichte?

ISABELLA?!?!?

Ihre beste Freundin?

Das Mädchen, was sich am liebsten den ganzen Tag in ihrem Zimmer versteckte, um zu lesen und der Welt in ihren Büchern zu entfliehen, interessierte sich plötzlich für das Leben realer Personen?

Mila wiegte diese Informationen hin und her, doch sie wollten einfach keinen Sinn ergeben. Wie hatte Isabella dieses Geheimnis Jahre lang für sich behalten können? Wie hatte sie denken können, Mila würde es nicht früher oder später herausfinden? Und wie hatte sie denken können, dieser Blog wäre eine gute Idee?

Natürlich hatte sich Mila auch mit Isabella über das Thema unterhalten. Sie hatten den ganzen Abend über nichts anderes geredet. Isabella hatte versucht, es zu erklären. Es Mila begreifbar zu machen. Doch diese war leider immer noch nicht schlau daraus geworden.

Isabella meinte, sie hätte dieses Tagebuch gestartet, weil sie die Informationen nicht für sich behalten wollte. Natürlich war ihr klar, dass sie nach dem Aufschreiben immer noch die Einzige war, die davon wusste, jedoch fühlte sie sich befreit und unbeschwert, nachdem sie zumindest darüber geschrieben hatte.

Mila stimmte ihr hierbei zu. Sie verstand, was Isabella ihr damit sagen wollte. Sich etwas von der Seele zu schreiben fühlte sich einfach nur gut an. Auch wenn man eigentlich immer noch alleine mit seinen Gedanken war, fühlte man sich plötzlich verstanden und befreit.

Trotzdem verstand Mila nicht, wie Isabella überhaupt an all diese Informationen kam. Angeblich würde sie sie überall hören. Auf der Schultoilette, im Unterricht, sogar in den Sozialen Medien.

Warum habe ich an all diesen Orten dann noch nie ein Geheimnis erfahren? Kein einziges! Noch nie saß ich auf der Toilette und konnte andere Mädchen dabei belauschen, wie sie über den neusten Klatsch und Tratsch redeten. Aber unmöglich war es nicht. Vielleicht hatte Isabella einfach Glück gehabt.

Außerdem war da immer noch die Frage, was Isabella dazu bewegt hatte, diesen Blog zu starten. Sie war kein Mensch, der andere Menschen bloßstellen wollte. Sie lebte einfach ihr Leben.

Oder hatte sie diese Seite an sich einfach geheim gehalten?

Mila wusste nicht, auf welchen ihrer Gedankengänge sie sich konzentrieren sollte. Ihr schwirrte einfach zu vieles gleichzeitig im Kopf herum.

Gerade sah sie wieder Isabella vor sich. Sie saßen gemeinsam in ihrem Zimmer und beredeten das weitere Vorgehen.

Mila hatte etwas gesagt, von dem sie noch nicht wusste, ob sie es hätte sagen sollen. Sie bereute, die folgenden Wörter ausgesprochen zu haben.

Ich finde es richtig cool Isabella! Wirklich! Du könntest damit richtig berühmt werden! Naja, ... anonym natürlich. Stell dir mal vor, was du an unserer Schule auslösen würdest, wenn du den Blog online stellst. Alle Welt wüsste endlich, was eigentlich bei Sophia und ihrer Gruppe abgeht und könnte gleichzeitig rätseln, wer hinter dem Blog steckt.

Natürlich war Isabella nicht so begeistert von der Idee gewesen. Mila hatte die Angst gespürt, die von ihr ausging. Sie wusste aber nicht, ob Isabella Angst vor der Reaktion der anderen hatte, falls sie den Blog veröffentlichte und wirklich jemand herausfand, dass sie es war. Oder ob sie Angst vor Mila hatte, die erst ihre Privatsphäre missachtet hatte und sie nun zu einer waghalsigen Aktion überredete.

Wenn Mila so an die Situation zurückdachte, hätte sie anders reagieren sollen. Isabella war ihre beste Freundin. Sie hatte ihr Vertrauen missbraucht. Sie hatte sie hintergangen und Isabella hatte daraufhin nicht einmal mit der Wimper gezuckt. Mila wusste nicht, wie sie so eine tolle Freundin verdient hatte. Isabella war einfach nicht von dieser Welt! Sie war ...

Der Klingelton ihres Handys riss Mila aus ihren Gedanken. Sie hatte eine neue Nachricht erhalten.

Ich könnte wetten, dass es mein neuer bester Freund ist. Was will er denn jetzt schon wieder von mir?

Damit meinte Mila natürlich ihren Auftragsgeber, und ein paar Sekunden später bestätigte sich auch, wie richtig sie damit lag. Sie hatte leider noch immer keine Idee, wer ihr da schreiben könnte und jede Mail ließ sie in Schweiß ausbrechen.


Hallo Mila.

Wie läuft es denn mit dem Hacken? Wann kann ich mein Geld erwarten?

Würde mich freuen, wenn du mir antwortest.

Mit freundlichen Grüßen

-das wüsstest du wohl gerne-


Mila stöhnte. Bei all den Sorgen um Isabella hatte sie ihren Auftrag völlig vergessen. Sie musste doch noch immer das Bankkonto hacken!

Wann würde sie wohl die Zeit dafür finden?

Heute noch? Oder lieber morgen?

Gerade war sie noch nicht in der Lage dazu, aber wie sah es heute Nacht aus? Mila war sich sicher, dass sie in dieser Nacht sowieso kein Auge zu tun würde. Dafür war sie viel zu verwirrt.

Also entschied sie sich dazu, ihre beste Freundin für eine Nacht in den Hintergrund zu rücken und sich ihrer Zukunft zu widmen.

Die Geheimnisse rund um Isabella würde sie heute sicher nicht mehr lüften können. Dafür fehlten ihr die Informationen. Sie würde morgen wohl mal mit ihrer Freundin darüber sprechen müssen.


Ich hoffe, ich werde heute Nacht dazu kommen.


Mila fragte sich, ob das eine gute Idee gewesen war. Sicher war sie sich nicht, ob sie sich voll und ganz auf den Hack konzentrieren konnte.


Super. Ich wünsche dir viel Glück.

Mit freundlichen Grüßen

-das wüsstest du wohl gerne-


Mila lächelte leicht.

Das wüsste ich wirklich sehr gerne. 

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