Zwölf: Isabella

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Donnerstag 12.02.2019 09:22 Uhr

Isabella Goldbaum


Isabella war gerade eigentlich auf der Suche nach Mila gewesen, als sie plötzlich auf die Mädchentoilette flüchten musste.

Jacky, was machst du da? Ihre zweite Persönlichkeit versuchte von ihrem Körper Besitz zu ergreifen. Unkontrolliert griffen ihre Arme ins Leere und ihre Beine versagten unter ihr.
Als Isabella endlich in der Toilettenkabine ankam, ließ sie sich erschöpft auf den Boden sinken. Es war ihr egal, dass es dort dreckig und stinkig war. Sie brauchte eine Pause.

Was willst du Jacky?, fragte sie kraftlos.

Jacky wirkte ebenso schwach, als sie antwortete. Dir helfen, jemanden kennenzulernen.

Du wolltest den Körper vor jemanden stellen und mich dazu zwingen, mit dem Menschen zu reden?

Ja.

Aber warum?

Damit du nicht mehr so einsam bist, antwortete Jacky trocken.

Hör auf mit dem Schwachsinn. Bitte! Isabella wirkte alles andere als glücklich. Ich habe genug Freunde. Wir sollten uns lieber darum kümmern, pünktlich zum Unterricht zu kommen.

Jacky wirkte ein wenig wütend, als sie antwortete: Wenn du meinst. Aber ich warne dich! Wenn du dich noch einmal bei Mila beschwerst, dass du ja so unbeliebt bist, werde ich ...

Verstanden. Isabella erhob sich wieder und wollte gerade die Toilettentür öffnen, als Stimmen in den Vorraum eindrangen.

„Wie siehst du das?", fragte eine Stimme, die Isabella nicht zuordnen konnte.

„Ich glaube nicht, dass sie sich wieder erholt." Das war Marie, eine von Sophias Freundinnen. Isabella erkannte es sofort, da sie sie schon oft beim Fußball hatte reden hören.

Dann bemerkte sie, dass sie schon lange nichts mehr von Marie mitbekommen hatte. Wenn jemand für das Leiten ihres Blogs verdächtigt wurde, waren es immer Sophia, Zoe, Lana oder Julianna. Maries Namen hatte sie in diesem Zusammenhang noch nie gehört.

Wo war sie die letzten Tage gewesen? Isabella hatte zwar keine Kurse mit ihr, doch auch auf dem Schulhof war sie ihr nicht aufgefallen.

„Willst du versuchen, die Krone an dich zu reißen?" Die andere Stimme schien sich mit Marie zu unterhalten.

„Aber klar", sagte sie in einem spöttischen Tonfall. „Wenn Sophia nicht bald versucht, ihren Platz an der Spitze zurück zu ergattern, werde ich alles daran setzten, ihn mir zu schnappen. Es gibt ja auch niemanden, der ihn mir nehmen könnte. Zoe ist nur mit sich selbst, Moritz und Alex beschäftigt. Und Lana und Julianna versuchen wohl gerade unterzutauchen, indem sie beste Freundinnen spielen. Da bleibe wohl oder übel nur noch ich übrig."

„Und du denkst, du würdest das schaffen?" Die andere Stimme schien noch nicht überzeugt.

Marie schnaufte entsetzt. „Natürlich schaffe ich das! Nur, weil ich den meisten in Sophias Hofstaat nicht aufgefallen bin, heißt das nicht, dass ich nicht da war. Ich kann genauso gut die neusten Trends präsentieren und anderen sagen, was sie in ihrem Leben falsch machen, wie Sophia. Ich hatte ja genug Zeit, um bei ihr zu Lernen. Mein Gefolge wird außerdem viel coolere Namen bekommen, als wir bei Sophia. Im Ernst. Warum dachte sie, die Namen einfach englisch auszusprechen wäre eine gute Idee. Ich bin nicht Mary! Ich bin Marie. Und diesen Namen werdet ihr bald alle kennen."
„Kann ich dann in deine Clique eintreten?", fragte die andere Stimme, nun ein bisschen optimistischer.

„Klar. Und Zara kann auch mitmachen. Du wirst sehen, wir werden es schaffen, die Schule zu reformieren. Bald wird das unser Territorium sein!"

„Hast du nicht Angst, dass Sophia richtig sauer auf dich wird und dass alles im Krieg endet? Immerhin ist sie gerade die Königin und eine Rebellion wird sie nicht gutheißen."

„Glaub mir, Sophia wird davon erst Wind bekommen, wenn es bereits zu spät ist und wir an der Macht sind. Hast du sie in letzter Zeit mal gesehen? Ihre Outfits sind echt nicht gut abgestimmt und meistens trägt sie nicht einmal Make-Up! Ihre Situation muss ihr gerade mächtig zusetzten. Und das ist unsere Chance!"

„Sind wir dann nicht sehr hinterlistig, wenn wir ihr ihren Thron nehmen, wenn sie gerade am schwächsten ist?"

Marie lachte böse. „Vielleicht. Aber so läuft das eben."

Dann verabschiedete sie sich von dem Mädchen. Und während Marie wieder nach draußen ging, setzte sich das fremde Mädchen in die Kabine neben Isabella.

Diese konnte nicht glauben, was sie da gerade gehört hatte. Marie plante eine Rebellion gegen Sophias Machenschaften. Statt ihre Freundin in ihrer schweren Zeit zu unterstützen, fiel sie ihr in den Rücken.

Isabella hatte plötzlich eine Idee, wer die Haterin sein könnte, die Sophia das Leben schwer machte ...

Marie hatte ein super gutes Motiv!

Gut kombiniert Sherlock! Jacky freute sich wie ein kleines Kind. Du weißt, was ich jetzt machen muss.

Es auf dem Blog posten? Dies war das erste Mal, dass Isabella es gut fand, dass Jacky etwas postete. Wenn sie recht hatte, würde sich zumindest eins der Rätsel lösen.

Auch wenn sie Sophia nicht unbedingt helfen wollte, fand sie doch, dass Marie zu weit ging. Ihre Aktion war grässlich! Kein Mensch hatte es verdient, Morddrohungen zu erhalten. Das ging entschieden zu weit!

Jacky strahlte. Also darf ich etwas posten?

Ja. Du kannst gerne sofort damit anfangen. Die Pause geht hoffentlich noch ein paar Minuten.

Prima! Jacky kramte ihr Handy aus der Tasche und fing fleißig damit an, darauf herum zu tippen.

Ich muss noch kurz etwas loswerden. Isabella hatte bis eben schweigend dabei zugesehen, wie ihre zweite Persönlichkeit ihren Blog-Eintrag schrieb. Doch nun war ihr etwas eingefallen.

Ich höre.

Wenn Marie den Blog-Eintrag liest, wird sie wissen, dass ein Mädchen „mitten-unter-uns" leitet. Immerhin hat sie ihren Revolutionsplan im Mädchenklo präsentiert. Hier kann ihr nur ein Mädchen gelauscht haben.

Nicht unbedingt. Jacky schüttelte den Kopf. Wir könnten auch eine E-Mail mit einem Tipp von einem Mädchen bekommen haben, das die beiden belauscht hat.

Aber so schnell, wie wir den Eintrag veröffentlichen, hätte keiner eine E-Mail schreiben können, die wir gelesen und dazu einen Post verfasst haben.

Plötzlich war Jacky unsicher. Isabella hatte recht. Wenn sie diesen Post jetzt veröffentlichte, würden alle wissen, dass den Blog ein Mädchen leitete. Und das würde die Verdächtigen-Liste um die Hälfte reduzieren.

Also gut, dann warte ich eben noch bis nach der vierten Stunde. Dann ist genug Zeit vergangen und ich kann den Eintrag ohne Bedenken hochladen.

Isabella lächelte. Einverstanden.

Dann klingelte es und die beiden machten sich auf den Weg zu ihrem nächsten Unterrichtsfach. 

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