Dying Beauty

Elf: Isabella

Donnerstag 12.02.2019 07:11 Uhr

Isabella Goldbaum

So wie jeden Morgen saß Isabella im Bus und trank einen Tee, an dem sie sich nebenbei die Hände wärmte. Heute war es Himbeere & Erdbeere mit einem Schuss Honig. Nebenbei sah sie auf ihr Handy.

Früher hatte sie meistens die Zeit auf Instagram verbracht, oder ein paar Spiele gespielt, um sich vom bevorstehenden Schultag abzulenken. Doch nun klickte sie sich durch ihre E-Mails und sah sich Kommentare unter ihrem Blog an.

Es war schon fast gruselig, wie viele neue Nachrichten sie in der Nacht bekommen hatte.

Denk an die Abmachung!, ermahnte Isabella Jacky, als diese schon wieder wie ein Honigkuchenpferd lächelte.

Ja, ja. Aber sieh nur! Jacky öffnete eine E-Mail und es verschlug ihr fast die Sprache.

Sophia hatte ihr geschrieben! Neben einem angehängten Bild stand dort:

Kommentare dieser Art wollen einfach nicht aufhören!

Ich weiß, eigentlich verbreitest du Gerüchte und Geheimnisse auf diesem Blog, doch ich dachte mir, wenn du damit den Hacker des Banknetzwerk ausfindig machen möchtest, kannst du auch versuchen, meinen Hater zu finden.

Dieses Instagram-Profil belästigt mich nun schon seit ein paar Tagen. Schickt mir Stalker-Bilder von mir selbst, beleidigt mich und droht mir. Ich würde mich freuen, wenn du herausfinden kannst, wer das ist.

Liebe Grüße:
Sophia Blackwolf

Jacky konnte es noch immer nicht glauben. Sophia hatte ihr geschrieben und sie bat sie um Hilfe? Ihr musste es wirklich sehr schlecht gehen, wenn sie so verzweifelt war.

Wobei Sophia natürlich nicht wusste, wen sie da um Hilfe gebeten hatte. Sicher wäre sie in ihrem echten Leben mit ihrem Problem nie zu Jacky gegangen.

Doch was sollte Jacky jetzt tun? Sie wusste, dass in der Schule viele Leute vermuteten, dass Sophia den Blog leitete. Wenn sie diese E-Mail nun postete, wäre Sophia als Verdächtige ausgeschieden. Dann wäre Jackys Schutzschild eingebrochen.

Natürlich musste es nicht heißen, dass sie selbst gleich verdächtigt wurde, doch die Gefahr war größer.

Jacky biss sich auf die Lippe.

Der Gedanke, dass sie Sophia half, gefiel ihr nicht. Sophias Eltern hatten ihre Familie zerstört und Sophia hatte sich in Isabellas schweren Zeit danach nicht um sie gekümmert. Jacky wollte diesem Miststück nicht helfen.

Dazu kam noch die Attacke neulich, als Sophia ihr einfach ihr Fußballspiel kaputt gemacht hatte, nur weil sie beleidigt war, dass ihr Freund nicht spielte. Natürlich hatte sie nicht gewusst, dass sie dort auch Isabella angriff und nun von dieser Person Hilfe forderte, doch Jacky nahm es persönlich.

Dann fiel ihr ein, wie sie trotzdem den Post veröffentlichen konnte.

Anonym.

Hallo meine Lieben.

Heute gibt es schlechte Neuigkeiten. Eine unserer Mitschülerinnen scheint auf Instagram bedroht zu werden. Unter ihren Post erscheinen zahlreiche Hasskommentare und in ihren Direktnachrichten werden ihr Stalker-Fotos und Morddrohungen geschickt.

Wie könnt ihr nun helfen?

Solltet ihr wissen, wer der Nutzer mit dem Namen s1a5k1a10f3 ist, schreibt mir bitte umgehend eine E-Mail.

Bis bald!
- unknown user –

Jacky seufzte. Natürlich war ihr klar, dass die Leute schnell erkennen würden, wen genau s1a5k1a10f3 bedrohte, immerhin folgte er nur Sophia auf Instagram, doch vielleicht würde ihr die gewonnene Zeit helfen, sich einen Plan auszudenken.
Vielleicht würde ihr in dieser Zeit etwas einfallen, mit dem sie sich eine neue Verdächtige für den Blog angeln konnte.

Vielleicht sollte sie einen Post veröffentlichen, wenn alle in Deutsch mal wieder sahen, wie Lana in der ersten Reihe offensichtlich an ihrem Handy war, um den Verdacht auf sie zu lenken.

Isabella stimmte Jacky mit einem Nicken zu. Doch natürlich nickte sie nur in ihrem Kopf, denn mit dem Kopf zu nicken wäre sicher komisch gewesen, da sie mitten im Bus alleine in einer Reihe saß.

Du findest meine Idee gut! Jacky freute sich darüber, dass Isabella ihr zustimmte.

Naja, sie ist zumindest besser als deine letzten.

Und die wären? Jacky legte einen trotzigen Tonfall auf.

Isabella schnaubte leise. Den Blog gegründet zu haben und Moritz auf die Ersatzbank zu setzten.

Jacky war schockiert. Damit hatte sie nicht gerechnet. Du findest, Moritz hätte weiter so spielen sollen?

Ich sage ja nicht, dass er gut gespielt hat. Aber hättest du nicht Tim zum Kapitän ernannt, wäre uns der Ärger mit Sophia erspart geblieben, erklärte Isabella sachlich.

Nur war Jacky diejenige, die leise schnaubte. Du hast doch keine Ahnung

Ach ja? Also würdest du alles wieder so machen und dass, obwohl Sophia dir das Fußballspiel versaut hat?

Langsam wurde Jacky wütend. Sie ballte die Hände zu Fäusten. Ja, ich hätte alles genauso gemacht. Denn nun bin ich an einem Punkt angelangt, an dem mir das Leben endlich wieder Spaß macht! Ich kann mit Leuten reden – wenn auch nur virtuell –, die du jeden Tag in der Schule siehst und bei denen du nicht den Mut hast, sie anzusprechen!

Isabella konnte es nicht fassen. Beschuldigte Jacky sie hier gerade etwa? Warum sollte ich sie auch ansprechen? Ich habe alles, was ich brauche!

Fast hätte Jacky laut aufgelacht. Aber sicher doch! Deshalb beklagst du dich auch jeden Tag bei mir, dass du so wenige Freunde hast.

Du weißt selbst, dass es so besser ist. Die Gefahr, unser Geheimnis preiszugeben wäre größer, wenn ich mich mit mehr Leuten treffen würde.

Jacky seufzte und dieses Mal leider laut. Manchmal muss man eben auch mal ein Risiko eingehen.

Bevor Isabella etwas erwidern konnte, hielt der Bus an und sie wurde im Sitz nach vorne geschleudert. Hart knallte sie an die Rücklehne des Vordersitzes und das Mädchen was dort saß, drehte sich genervt zu ihr um. Heute fuhr leider nicht der Busfahrer, dem sie immer zulächelte, sondern jemand, der offensichtlich keine Lust auf seinen Job hatte.

Isabella nutze die kurze Unterbrechung, um einmal tief durchzuatmen.

Sie würde diese Diskussion mit Jacky niemals gewinnen, deshalb war es vielleicht besser es jetzt aufzugeben.

Denn wenn sich Jacky wieder beruhigte, war es einfacher sie zu kontrollieren. Und Isabella musste sie nun kontrollieren, denn sie würde gleich die Schule betreten.

Dort durfte sich Jacky nicht zeigen ...