Dying Beauty

Sechszehn: ?

Samstag 14.02.2019 21:00 Uhr

Annika Elden

„Was wollen wir denn draußen?" Noch immer zog Annika Tim hinter sich her und er stellte weiterhin immer die gleiche Frage nur in anderer Variation. Von „Wo geht es denn hin?" zu „Was hast du vor?" war alles dabei gewesen.

Annika bekam langsam ein schlechtes Gewissen. Immerhin wusste sie, dass Tim nicht das bekam, was er erwartete. Er dachte wohl, sie hätte etwas Romantisches für ihn vorbereite. Doch Annika hatte wohl das genaue Gegenteil gemacht.

Sie hatte vorhin nur vorgetäuscht, auf die Toilette zu gehen. Eigentlich hatte sie die ganze Zeit hinter einer Säule gestanden und Sophia Blackwolf eine Nachricht geschrieben.

Annika wollte sie endlich konfrontieren. Sie hatte sich nun die ganze Woche lang den Kopf zerbrochen und war sich nun sicher. Sophia musste einfach den Gossip-Blog leiten! Sie hatte die meisten Kontakte und den hinterlistigsten Charakter.
Annika hoffte, dass Tim nicht allzu enttäuscht war, wenn er herausfand, was sie geplant hatte.

„Wir sind da!", verkündete sie etwas zu fröhlich, als sie schließlich auf dem Parkplatz ankamen. Dort standen fast gar keine Autos mehr. Die meisten Eltern hatten ihre Kinder hier rausgelassen und waren dann wieder gefahren. Es parkten lediglich noch die zehn Autos der Aufsichtspersonen auf dem dunklen Parkplatz.

„Und was wollen wir hier?", fragte Tim. Man konnte ihm anhören, dass er langsam seinen Optimismus aufgab. Offensichtlich verstand er, dass Annika doch nichts Romantisches mit ihm vorhatte.

„Wir warten auf Sophia Blackwolf", antwortete sie trocken. „Ah, und wenn man vom Teufel spricht, da ist sie auch schon."

Annika musste zugeben, dass Sophia schon ein sehr hübscher Teufel war. Ihr pinkes Kleid leuchtete formlich durch die dunkle Nacht.

„Was wollen wir von Sophia Blackwolf?", flüsterte Tim.

„Wart's ab."

„Bringst du dich mit dieser Aktion in Gefahr?"
„Wer weiß." Annika nahm beruhigend Tims Hand. Sie hatte ihn als ihren Bodyguard mitgebracht, aber sie wollte nicht, dass er sofort eingriff.

„Wer bist du?", fragte Sophia als sie in Hörweite kam.

„Annika Elden", stellte sich Annika vor. „Ich bin Tim Gewans Freundin. Ihn solltest du vielleicht kennen." Sie deutete hinter sich, wo Tim noch immer nichtsahnend stand.

„Und was wollt ihr von mir?"

„Du musst uns ein paar Fragen beantworten."
Sophia hob die Hände. „Das klingt mir leider nach einem Verhör. Sorry, aber da bin ich raus."

Annika seufzte. „Gut, eigentlich musst du uns nur eine Frage beantworten. Aber du musst ehrlich sein."

„Sophia verschränkte nun die Arme vor der Brust. „Mal sehen. Je nachdem, ob mir die Frage gefällt."

„Also gut." Annika holte tief Luft, und wollte gerade zum Sprechen ansetzten, als erneut Schritte zu vernehmen waren.

Alle sahen sich um. Ein anderes Mädchen erschien auf dem Parkplatz. Ihr grünes Kleid sah man fast gar nicht mehr in der Dunkelheit, doch die kurzen weißen Haare leuchteten formlich. Sie trug eine Tasche bei sich, die sie wie einen Teddybären umklammert hielt. Tränen liefen ihr über die Wangen.

„Wer bist du?", fragte Annika. Sie konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern, dieses Mädchen schon einmal gesehen zu haben.

„Mein Name ist Mila Fossile", stellte sie sich vor. „Hat einer von euch mir die Nachricht geschickt, dass ich hierherkommen soll?" Leicht gepeinigt trocknete sie ihre Tränen.

Alle drei schüttelten den Kopf. Nur Sophia wirkte mitfühlend. Pah, Sophia und mitfühlend. Annika nahm an, dass ihre Gefühle gespielt waren. „Mich hat auch so eine Nachricht erreicht."
„Die ist von mir", erklärte Annika. „Aber Mila habe ich nicht geschrieben."
Der Gedanke, dass jemand anderes sie alle gerade beobachtete ließ Annika frösteln. Doch sie schob ihn schnell beiseite.

„Um zum Thema zurückzukommen. Ich habe dich, Sophia, hier herausgelockt, um dich etwas zu fragen. Ich habe jetzt lange genug darüber nachgedacht und bin zu dem Entschluss gekommen, dass du den Gossip-Blog mitten-unter-euch leitest." Annika wirkte ein bisschen stolz, als sie geendigt hatte. Gleich würde ihr Sophia zustimmen und sie konnte als Meisterdetektiv in die Geschichte der Menschheit ...

„Tja, da hast du wohl falsch gedacht. Ich habe nichts mit diesem dämlichen Blog zu tun. Und jetzt würde ich gerne wieder gehen. Ich habe wichtigeres zu tun, als von irgendwelchen Leuten für Verbrechen verdächtigt zu werden, die ich nicht begangen habe. Ich muss meinen Freund suchen, dann Alexander, dann Zoe, vielleicht noch Marie und Lana und Julianna. Ich habe also keine Zeit weiter hier herumzustehen. Auf Wiedersehen."

Sophia drehte sich um und wollte gerade loslaufen, als Mila das Wort ergriff: „Ich weiß, wer mitten-unter-euch leitet." Sie wusste selbst nicht so genau, wie dieser Satz plötzlich aus ihrem Mund kam. Sie wollte Isabella doch schützen. Doch wenn sie an ihr Gespräch vorhin dachte, war es vielleicht besser, wenn andere von den Geheimnissen ihrer besten Freundin erfuhren. Vielleicht konnten ihre Mitschüler ihr helfen.

„Und wer ist es?", Annika hüpfte unruhig hin und her. Das Mila auf dem Parkplatz aufgetaucht war, war der absolute Jackpot. Gleich würde sie endlich das Geheimnis lösen.

„Isabella Goldbaum leitet den Blog." Nun war es raus. Mila hatte das Geheimnis ihrer besten Freundin verraten und sie fühlte sich sofort schuldig. Was hatte sie sich nur dabei gedacht?

Annika sah ein bisschen enttäuscht aus. „Oh. Wer ist das? Und woher weißt du das?"

„Isabella ist meine beste Freundin", erklärte Mila.

Tim stupste Annika in die Seite. Auch wenn er nicht begeistert darüber war, dass seine Freundin hier den Detektiv spielte, wollte er ihr dennoch helfen. „Das ist das Mädchen, mit dem ich am Donnerstag zu Mittag gegessen habe."
Annikas Augen weiteten sich. „Ich erinnere mich. Los, wir müssen sie suchen!"

Sie faste Tim am Arm und das Herumgezogen-werden begann von neuem. Er hoffte insgeheim, dass Annika Isabella nicht fand. Seine Freundin war wirklich übergeschnappt. Sie war viel zu versessen in diese ganzen Geheimnisse!
Und Tim wollte auch nicht wissen, warum Isabella diesen Blog gestartet hatte. Sie war in der neuen Schule seine einzige Freundin gewesen. Er hatte gedacht, er würde endlich Anschluss finden. Und nun sollte das alles nur ein Trick von Isabella gewesen sein, um an Informationen von ihm heranzukommen? Das wollte Tim nicht wahrhaben.

Gemeinsam mit Annika verließ er den Parkplatz und ließ Sophia und Mila zurück. Die beiden standen sich noch immer gegenüber.

Und Mila war im Besitz des Messers ...