Zehn: Mila

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Mittwoch 11.02.2019    20:28 Uhr

Mila Fossile


„Bitte sehr. Mit Liebe gemacht", verkündete Milas Schwester Lena, als sie ihr einen Teller mit Spagetti auf den Platz stellte.

Neben ihr saß Maik, der ebenfalls einen Teller bekam.

Lena ließ sich erschöpft auf ihren Platz fallen. Der immer größer werdende Bauch ließ ihr T-Shirt gefährlich spannen. „Und jetzt erzähl mal. Wie läuft es gerade in der Schule?"

Milas Schwester und ihr Freund waren vor ungefähr einer Stunde angekommen und hatten für sie Essen gekocht. Währenddessen hatten sie sich eigentlich schon über die Schule unterhalten, weshalb Mila sie nun skeptisch ansah.

„Alles läuft super", versicherte sie.

Lena schüttelte den Kopf. „Das meinte ich nicht. Ich weiß, dass deine Noten super sind. Ich wollte wissen, wie es bei euch untereinander aussieht. Vertragen sich deine Mitschüler gut?"
Noch immer verstand Mila nicht, was die Fragerei sollte. „Ja, alles gut."

„Trotz des Blogs?", Lena hob skeptisch eine Augenbraue.

Milas Mund wurde trocken. Woher kannte ihre Schwester Isabellas Blog?

„Woher weißt du davon?"

„Eine alte Schulfreundin von mir hat mir einen Link geschickt. Ich war ja auch mal auf dieser Schule."

„Und was hältst du davon?" Mila wusste, was ihre Schwester ihr antworten würde, doch sie hatte keine Ahnung, ob sie Isabella vor ihr verteidigen sollte.

„Was ich davon halte? Ich finde es grässlich! Wie kann man die Geheimnisse anderer im Internet posten?"

Ok, Mila würde nichts erwidern. Ihre Schwester hatte hier eine klare Meinung, die sie ohne richtige Argumente auch nicht ändern konnte.
Stattdessen nickte sie, um die Meinung ihrer Schwester zu bestätigen. Wenn sie nicht wüsste, dass Isabella hinter all dem steckte, wäre sie sicher auch nicht begeistert von diesem Blog.

Aber Mila sollte sich nicht beschweren ...

Während Isabella nur Geheimnisse veröffentlichte, hackte sie selbst das Banknetzwerk.

Davon durfte Lena nie erfahren.

„Hast du dir den ganzen Blog angeguckt?", fragte sie unschuldig. Sie hoffte, dass ihre Schwester die Posts über den Bank-Hack nicht gelesen hatte.

Lena lachte laut auf. „Aber natürlich. Wenn man schwanger ist, hat man viel Zeit zum rumliegen und nichts tun. Vor allem, wenn dich dein Freund keine Aufgaben übernehmen lässt." Sie richtete ihren verurteilenden Blick auf Maik.

Dieser hob beschwichtigend die Hände. „Hey, ich versuche nur ein Gentleman zu sein."

Mila lachte. Der Themenwechsel tat ihr gut. Sie hatte das Gefühl, dass sie in der letzten Zeit immer über sich selbst sprechen musste. Auch, wenn ihr Gesprächspartner die Unterhaltung unbewusst auf sie lenkte. Denn zurzeit sprach quasi jeder über den Bank-Hacker.

Nachdem sich Lena und Maik gründlich darüber gestritten hatten, ob er nun zu überführsorglich war oder nicht, sah Lena wieder ihre Schwester an. „Weißt du, welche Posts ich auf dem Blog am interessantesten fand?"

„Nein, aber gleich werde ich es wissen."

„Die über den Hack." Na toll, zu früh gefreut. Natürlich musste sich diese Unterhaltung nun auch um den Hack drehen.

„Warum das denn?"

„Weil sie aus den anderen herausstechen. Ich interessiere mich nicht dafür, wer mit Sophia Blackwolf befreundet ist und was in ihrem Leben so abgeht. Aber ein Hacker in unserer Stadt, der vielleicht sogar auf das Fuchsbachgymnasium geht, das ist schon sehr interessant."
Wieder musste Mila schlucken. „Glaubst du wirklich, dass er auf unserer Schule ist?"
„Er ... oder sie!", verbesserte Lena lächelnd. „Und ja, ich glaube, dass die Person auf unsere Schule geht."
„Warum?"

„Du willst es heute aber sehr genau wissen", stellte Maik fest.

Mila biss sich auf die Lippe. Wusste er etwas? Hatte er sie auf frischer Tat ertappt? Oder hatte er zufälligerweise genau das richtige geantwortet, um Mila aus der Gefahrenzone zu bringen?

Doch Maik lächelte nur unschuldig. „Gib es zu Mila, du findest den Gedanken cool, einen Hacker an der Schule zu haben."
Fast hätte Mila erleichtert ausgeatmet, doch sie konnte sich noch rechtzeitig bremsen. „Ja, es wäre schon echt cool!"

Natürlich war es nicht cool, dass die ganze Stadt auf die richtige Fährte geleitet wurde und annahm, dass der Hacker auch auf ihre Schule ging. Mila wusste nicht einmal, wer dieses Gerücht in die Welt gesetzt hatte. Vielleicht wusste diese Person, dass Mila dahintersteckte und wartete nur ab, bis sie die Bombe platzen ließ ...

Mila zuckte zusammen, als ihre Schwester plötzlich aufschrie.

„Das Baby bewegt sich", sagte sie stolz.

Mila lächelte.

Es gab doch nichts schöneres, als einen ganz normalen Abend, mit seiner ganz normalen Familie zu verbringen.

Kein Gossip, kein Internet und keine Geheimnisse.

Nur Liebe. 

Dying BeautyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt