Freitag 13.02.2019 19:38 Uhr
Moritz Holin
Moritz gähnte an diesem Abend ununterbrochen. Seine Eltern waren ausgegangen und er lag alleine im Wohnzimmer auf der Couch und guckte eine Serie.
Immer wieder musste er aufstehen und eine Runde gehen, um nicht einzuschlafen. Es war zwar erst kurz vor acht, und Moritz ging normalerweise nicht vor elf Uhr schlafen, doch heute war er extrem müde. Wahrscheinlich lag das daran, dass er eine sehr anstrengende Woche hinter sich hatte. Angefangen beim Fußballspiel letzten Samstag, über den Gossip-Blog, bis hin zu dem Gespräch mit seinen Eltern. Moritz brauchte einfach mal ein bisschen Zeit für sich.
Er war schon fast eingeschlafen, als es plötzlich an der Haustür klingelte.
„Seid ihr schon wieder da?", fragte er gähnend, während er die Tür öffnete.
Doch dann hielt er inne. Draußen standen nicht seine Eltern, sondern Zoe Valard. Sie war vom Regen durchnässt und trug keine Jacke. Man sah ihr an, dass sie geweint hatte.
„Was ist los?", fragte Moritz besorgt. Er war plötzlich wieder hellwach.
Zoe wollte zum Sprechen ansetzen, doch Moritz hielt sie auf: „Komm lieber erst einmal rein. Dann kannst du dich abtrocknen."
Zoe trat in den Flur und streifte ihre Schuhe ab. Moritz brachte ihr eine Decke. Er hätte ihr gerne auch etwas Trockenes zum Anziehen gegeben, doch er wollte sie erst einmal nicht alleine lassen, sondern hören, was sie zu sagen hatte.
„Also gut, dann erzähl mal." Moritz setzte sich zu ihr auf das Sofa und versuchte nicht zu viel darüber nachzudenken, was Sophia dazu sagen würde.
Zoe schniefte. „Meine Eltern ... sie haben ... den Blog ... sie haben ... mitten-unter-euch ... entdeckt."
Oh, oh! Das war nicht gut. Das war ganz und gar nicht gut. Zoe war es sicher peinlich, was dort über sie stand. Man wollte nicht, dass die eigenen Eltern so etwas über sich lasen.
„Und was haben sie gesagt?" Da Zoe nicht weitersprach, versuchte Moritz ihr einen Anstoß zu geben.
„Sie haben mich angeschrien, mich beschimpft und dann vor die Tür gesetzt. Ich darf erst morgen früh wieder nach Hause kommen."
Moritz war geschockt. „Das ist grausam!"„Ja, aber ich kann sie auch verstehen." Moritz hob den Blick, um Zoe anzusehen. Warum konnte sie das verstehen?
Sie schniefte wieder, als sie weitersprach: „Hätte meine Tochter sich so benommen, hätte ich auch nicht gewusst, wie ich reagieren sollte. Sie brauchen Zeit zum Nachdenken."
„Aber sie können dich noch nicht einfach rausschmeißen! Du könnest sonst wo landen! Gerade in deinem Gefühlszustand könnte dir alles mögliche passieren!"
Zoe lächelte schwach. „Zum Glück bin ich jetzt vernünftig genug, mir eine Bleibe zu suchen. Ich hoffe, es ist in Ordnung, wenn ihr hierbleibe. Leider wusste ich nicht, wo ich sonst hinsollte. Alex kann ich vergessen, Sophia redet noch immer nicht mit mir und zu den anderen habe ich gerade gar keinen Kontakt. Mir fielst nur du ein."
„Schon gut." Moritz versuchte nicht über die Konsequenzen nachzudenken. Zoe brauchte seine Hilfe und auch wenn Sophia davon erfuhr, würde sie sicher Verständnis zeigen ... wobei, nein ... würde sie nicht. Sophia würde denken, er hätte sie ein weiteres Mal betrogen.
Zoe deutete seinen Gesichtsausdruck richtig. „Soll ich lieber wieder gehen? Dir scheint das nicht recht zu sein. Ich kann es auch verstehen. Deine Eltern ... Sophia ... sie würden sicher nicht wollen, dass ich hier bin."
„Vielleicht", Moritz ließ das Wort kurz in der Luft hängen, bevor er weitersprach: „Aber das muss ich jetzt einfach ignorieren. Du brauchst meine Hilfe."
Zoe wirkte nicht überzeugt. „Ich werde geh ..."
„Nein! Du bleibst! Ich besorge dir schnell was zum Anziehen und dann werde ich dir eine Matratze zum Schlafen holen. Bin gleich zurück."Als Moritz bereits dabei war nach oben zu gehen, gab sich Zoe geschlagen. „Also gut, ich bleibe. Aber ich werde dir helfen!" Sie streifte die Decke von sich und ging hinter Moritz die Stufen hinauf. Hinter ihr bildete sich eine Spur aus Regenwassertropfen. Die würde Moritz nachher aufwischen müssen, sonst würde sich seine Mutter darüber beschweren, dass das Parkett nass geworden war.
Oben angekommen gab Moritz Zoe eine Leggings und einen Pulli seiner Mutter. Zoe verschwand im Bad und Moritz holte die Matratze und Bettwäsche aus dem Keller. Er wusste nicht ganz, was er nun den ganzen Abend mit Zoe machen sollte, doch das spielte keine große Rolle. Sie würden schon etwas finden, mit dem sie sich beschäftigen konnten. Zur Not würden es Gesellschaftsspiele tun.
„Passt es?" Zoe sah nicht glücklich aus, als sie wenige Minuten später in den Klamotten von Moritz' Mutter in sein Zimmer trat, also fragte dieser nach.
„Ja, der Stoff ist super weich. Danke." Zoe lächelte. „Ich bin gerade nur gedanklich abgedriftet, habe an meine Eltern und den Tag morgen gedacht."
„Es wird schon alles gut werden", versuchte Moritz sie zu beruhigen. „Wir gehen morgen auf den Ball, damit du deine Gedanken ein bisschen frei bekommst. Dort kannst du auch versuchen, mit Sophia zu reden und die Sache aus der Welt zu schaffen."
Zoe schnaubte. „Sie hat mich die ganze Woche lang ignoriert. Warum sollte sie mir jetzt plötzlich verzeihen?"
„Sophia hat Zeit gebraucht, um sich selbst zu finden. Sie versucht ein besserer Mensch zu werden. Ich bin sicher, sie wird morgen versuchen das Gespräch mit dir zu suchen. Wenn nicht, bringe ich sie eben zu dir." Moritz lächelte gespielt hinterlistig.
Zoe musste bei diesem Anblick lachen. „Du kannst es ja versuchen." Doch dann wechselte ihr Blick und sie sah wieder traurig aus. „Ich würde diese Woche so gerne zurückspulen. Dann wäre alles wieder wie früher."
Moritz schüttelte den Kopf. „Das kannst du doch nicht sagen! Die Woche war wichtig für uns."
„Ach ja?"
„Ja. Ich habe gelernt zu sehen, was ich im Leben brauche. Für was es sich lohnt zu leben. Welche Personen und welche Dinge mir viel bedeuten und was ich beschützen muss. Und du kannst aus den Fehlern lernen, die du begangen hast. Es gibt keine Geheimnisse mehr zwischen dir und deinen Eltern. Sobald sie verstehen, dass du bereust was du getan hast, werden auch sie dir verzeihen. Du wirst den Menschen, die dir am meisten bedeuten, immer den meisten Schmerz zufügen, da du krampfhaft versuchst alles richtig zu machen und oft zu spät merkst, dass deine Taten das Gegenteil bewirkt haben. Doch am Ende wird immer alles gut werden."„Da hast du wohl recht. Danke Moritz." Zoe lächelte. „Ich weiß zu schätzen, was du gerade für mich tust."
„Kein Problem. Immerhin bin ich ja auch nicht ganz unschuldig an deinen Skandalen ..."
„Stopp". Zoe hob ihre Hand, um seinem Gerede ein Ende zu bereiten „Wir haben uns jetzt oft genug dafür beim anderen entschuldigt. Wir sollten lieber gemeinsam in die Zukunft blicken. Morgen muss ich Sophia endlich die Wahrheit sagen ..."
„Also gut", Moritz nickte. „Dann sehen wir morgen weiter." Den letzten Satz von Zoe hatte er wohl überhört, denn er fragte nicht weiter nach.

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Dying Beauty
Misterio / Suspenso𝔖𝔭𝔦𝔢𝔤𝔩𝔢𝔦𝔫, 𝔖𝔭𝔦𝔢𝔤𝔩𝔢𝔦𝔫 𝔞𝔫 𝔡𝔢𝔯 𝔚𝔞𝔫𝔡, 𝔴𝔢𝔯 𝔥ä𝔩𝔱 𝔡𝔦𝔢 𝔚𝔞𝔣𝔣𝔢 𝔦𝔫 𝔡𝔢𝔯 ℌ𝔞𝔫𝔡? Ein Mädchen wird sterben ... Doch was passiert, ist noch unklar, denn es dauert noch eine Woche bis zum Valentinsball. Isabella, Morit...