38. Paulo Dybala [2/4]

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Ein Jahr später
Part Zwei

Córdoba, Argentinien, 2012

Als Sarah durch den Ausgang des Airports trat, war das erste was sie hörte aufgeregtes Gegacker, gefolgt von Stimmen, die ihren Namen kreischen. Etwas verschreckt sah sie nach rechts, nur um ihre drei besten Freundinnen Anna, Lorena und Lucy zu sehen, die ihr aufgeregt hinter der Abstellung zu winkten. Sofort schlug auch Sarahs Herz höher, als sie ihre drei Freundinnen, die sie ein ganzes Jahr missen musste, endlich wieder sah. Sie beschleunigte ihr Tempo und lief durch das letzte Tor, bevor sie mit ihrem Koffer in der Hand, losrannte, geradewegs auf die drei zu. Freudig lachend fielen sie sich in den Arm und Sarah hatte mit einem Mal all den Kummer, den sie bei ihrer Abreise aus England gespürt hatte, vergessen, sondern freute sich nur noch über das Wiedersehen mit ihren Freunden. Als sie sich von einander lösten, hatten alle Freudentränen in den Augen.

"Gott, ich hab dich so sehr vermisst!", hauchte Lorena und wedelte sich Luft zu, was Sarah zum Lachen brachte. Kurz darauf wurde sie von Anna erneut in ihre Arme gezogen.

"Seid ihr alleine hier oder haben euch meine Eltern gefahren?", erkundigte sich Sarah schließlich. Lucy begann geheimnisvoll zu grinsen, kramte in ihr Tasche herum, bevor Autoschlüssel herausholte.

"Ich habe jetzt einen Führerschein!", erklärte sie Sarah, die diese Neuigkeit noch nicht gehört hatte. Zwar war kaum ein Tag vergangen, an dem die vier nicht mindestens eine Nachricht geschrieben hatten, aber von einem Führerschein hatte Sarah noch nichts gehört.

"Oh mein Gott, gratuliere, komm her!", lobte Sarah Lucy und zog sie in eine Umarmung. Lucy war eineinhalb Jahre älter als sie, da sie die Klasse wiederholte hatte. So war sie nun alt genug für einen Führerschein.

"Deine Eltern haben uns erlaubt dich abzuholen, wenn wir auf dem schnellsten Weg zurück zu dir nach Hause fahren. Sie wollen dich schließlich auch wiedersehen!", erklärte Anna. Sarah nickte: "Na dann wollen wir mal!"

Sie nahm ihren Koffer wieder vom Boden, der bei der Umarmung zu Boden gefallen war und folgte Lucy in Richtung ihres Wagens. Auf dem Weg erzählte sie schon mal grob von all den Erlebnissen. Viele hatte sie abends am Telefon erzählt, aber längst nicht alle, so viel, wie ihr in England widerfahren war. Sie wollte sich nach Paulo erkunden, wie es ihm so ginge, denn ihre Beziehung hatte das Jahr nicht ausgehalten. Anfangs war es noch gut gelaufen, die ersten zwei Monate waren nahezu perfekt, doch dann hatte es gekriselt. Sarah hatte Jackson, einen sehr guten Freund, in England kennengelernt, was der Grund für den ersten Streit war. Auch wenn Sarah beteuert hatte, dass Jackson nichts weiter, als ein Freund war und auch wenn Paulo es ihr, laut ihm selbst, irgendwann geglaubt hatte, so stand Jackson doch immer zwischen ihnen und sorgte für trübe Stimmung. Dass sie dieses Problem nur am Telefon klären konnten und dann auch noch schnell machen mussten, da die Telefonkosten sonst zu hoch sein würden, half da nicht wirklich. Und dann war da noch die Zeitverschiebung, die entweder einen von ihnen beiden dazu zwang länger wach zu bleiben oder früh aufzustehen. Es war alles tausend Mal komplizierter, als sie es gedacht hatten. Es war nicht nur die Entfernung oder das eine Jahr. Es gab noch tausend andere Dinge, wie zum Beispiel getrennte Leben. Früher hatten sie sich immer von ihrem Alltag in der Schule erzählen können, ohne jeden Namen und jeden Charakter erst erklären zu müssen. Auf Dauer war es anstrengend für Sarah jeden Mensch von dem sie Paulo erzählte, erst mal zu erklären. Wer er war, wie er hieß und das ein duzend mal, da Paulo sich die ganzen Namen nicht merken konnte. Und für Paulo war es schwer nur Erzählungen zu hören, mit dem Wissen, dass er das niemals miterleben würde. Ihre Telefonate waren irgendwann lediglich noch Monologe ihres Alltags gewesen. Paulo erzählte, was ihm widerfahren war, Sarah murmelte immer wieder mhmm, als Zeichen, dass sie zuhören würde, obwohl sie es längst schon nicht mehr tat. Sarah erzählte den Verlauf ihres Tages, Paulo lachte aus Nettigkeit, auch wenn er die lustigen Szenen nicht nachvollziehen konnte. Es war immer das gleiche. Irgendwann hatten sie sich nur noch aus Pflicht angerufen, weil sie sich dazu verpflichtet gefühlt hatten, als Pärchen.

Und irgendwann hatte Paulo sie eines Abends angerufen, mit der Nachricht, von der sie beide schon wussten, dass sie kommen müsste. Ihre Beziehung würde die Distanz und das Jahr nicht schaffen. Sie trennten sich. Ob im Guten oder im Schlechten war für Sarah schwer zu sagen, denn Paulo hatte sie seit diesem Telefonat nicht mehr gesprochen. Umso neugieriger war sie, wie es ihrem Ex Freund ging und ob er eventuell noch Single war. Denn natürlich hatten sie Schluss gemacht, aber nicht, weil sie sich nicht mehr liebten. Also hoffte Sarah natürlich insgeheim, dass Paulo noch zu haben war und ihre Beziehung eine zweite Chance bekommen würde.

Mit den Gedanken bei Paulo saß sie im alten Auto von Lucy, die über die Landstraßen der Stadt fuhr.

"Hey", stupste Anna ihre Freundin an: "Alles gut?"

"Jaja", winkte Sarah ab und setzte sich ein Lächeln auf.

"Bin nur müde von allem", log sie und lehnte ihren Kopf gegen die Fensterscheibe. Es war nicht nur Paulo, sie vermisste England. Natürlich war es schön wieder Zuhause zu sein, aber sie hatte dort nun ein ganzes Jahr gelebt, diese Menschen ein ganzes Jahr Tag ein Tag aus gesehen und jetzt auf einmal waren sie mehr als elf Tausend Kilometer entfernt und so schnell würde sie sie erst mal nicht wiedersehen können.

"Wir sind da!", hörte sie dann Lucy, die in die Seitenstraße einbog. Auf Anhieb bemerkte Sarah keine großen Veränderungen, doch sie war sich sicher, dass sich in 365 Tagen so einiges verändert hatte. Sie hatte sich schließlich auch verändert.

"Alle man aussteigen!", dirigierte sie Lucy, als der Wagen endlich vor Sarahs Haus zum Stehen kann. Als Sarah schon ihre Mutter im Fester stehen sah, war sie auf einmal Feuer und Flamme. Sie sprang aus dem Auto, ließ ihren Koffer zurück und rannte einfach in Richtung der Tür, die im selben Moment von ihrer Mutter aufgezogen wurde.

"Mama", quiekte sie glücklich und fiel ihrer Mutter um den Hals, die sie fest an sich drückte.

"Da bist du ja endlich!", hörte sie dann die Stimme ihres Vaters, der am Flurende stand und mit ausgebreiteten Armen schon auf sie wartete. Sarah löste sich von ihrer Mutter und rannte auf ihren Vater zu, der sie auffing und erst einmal hochhob.

"Ich habe dich sooooo sehr vermisst!", meinte er dabei. Während Tochter und Vater ihr Wiedersehen noch feierten, stießen auch Anna, Lucy und Lorena ins Haus dazu, die netterweise Sarahs Koffer mitgenommen hatten.

"Kommt rein", bat die Mutter sie rein und schloss die Tür hinter den drein.

"Es ist so schön euch alle wiederzusehen!", jubelte Sarah, als sie von ihrem Vater wieder zu Boden gelassen wurde. Sie lehnte sich gegen ihn und sah dann zu ihrer Mutter.

"Wir haben im Wohnzimmer Kuchen, setzt euch doch schon mal!", schlug diese dann vor. Auf dem Weg in die Küche strich sie ihrer Tochter noch einmal über den Oberarm und beteuerte, wie schön es doch war, sie jetzt wieder im Haus zu haben. Dann machten sich die vier Freundinnen auf den Weg in Richtung des gedeckten Tisches, während ihre Eltern noch die restlichen Sachen holten. Sarah nahm wie immer am Platz direkt neben dem Fenster Platz und atmete erst einmal erleichtert auf.

"In der Schule feiern wir dein Wiederkommen auch noch mal und dann gehen wir auf ne Party!", stellte Lorena klar. Sarah nickte begeistert von der Idee.

"A pro po Schule, wie geht es eigentlich Paulo?", fragte sie dann doch. Auf einmal wurde es ganz still. Lediglich das Zischen der Wasserflasche, die Anna gerade aufgemacht hatte. Die drei Freundinnen sahen sich an und kommunizierten telepathisch über ein Thema, über das Sarah noch nicht aufgeklärt war.

"Was ist?", fragte sie irritiert.

"Paulo... Paulo ist nicht mehr da!", erklärte Anna kleinlaut, doch Sarah verstand nicht wirklich etwas. Verwundert zog sie ihre Augenbrauen zusammen und sah alle drei nacheinander an.

"Ich dachte du wüsstest das schon, aber er spielt seit Juli in Palermo, in Italien. Ich dachte irgendwer hätte dir das gesagt!", fügte Anna hinzu. Benommen von diesen Neuigkeiten, dass Paulo ihr jetzt ferner war, als in England lehnte Sarah sich auf dem Stuhl zurück.

"Nein", murmelte sie leise: "Das hat mir noch niemand gesagt!"

Weiterhin übernommen!

Sport One Shots || boyxgirl [✓]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt