41. Leonardo Balerdi [1/4]

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Leonardo Balerdi (Fußball)

Fassungslos starrte Michelle auf das Stäbchen ihrer Hand und kaute schon die ganze Zeit nervös auf ihrer Unterlippe. Es war schon der dritte Schwangerschaftstest heute morgen und der fünfte diese Woche. Der anfängliche Glaube beziehungsweise die Hoffnung sie würde die ganze Zeit etwas falsch machen, war eigentlich schon längst verflogen. Trotzdem versuchte Michelle es jeden Tag erneut mit der Hoffnung heute würde der Test endlich zu ihren Gunsten ausfallen. Nämlich negativ. Doch dem war gestern nicht so, vorgestern auch nicht und heute auch nicht. Er war immer positiv. Zudem noch diese Bauchkrämpfe am Morgen und das Ausbleiben ihrer Tage. Sie bekam sie eigentlich immer pünktlich am 15. Aber nun war schon der 18 und nichts war geschehen.
Frustriert fuhr sich die junge Studentin durchs Gesicht. Das konnte nicht wahr sein. Sie konnte nicht schwanger sein.
Mit zittrigen Händen legte sie das Teststäbchen neben dem Waschbecken ab und kauerte sich wieder auf die Toilette zurück. Sie hatte sich schon zu Beginn der Woche an ihrer Universität krank gemeldet, aufgrund von Bauchschmerzen. Gestern hatte ihre beste Freundin vorbei schauen wollen, doch Michelle hatte dankend abgelehnt. Gesellschaft war das letzte was sie gerade wollte. Auch Leonardo, ihrem Freund, hatte sie abgesagt. Immerhin war er der letzte, der hier in diesem ganzen Schlamassel noch fehlte. Michelle konnte es noch immer nicht so recht glauben. Die beiden waren nicht wirklich lange ein Paar, sie wusste nicht einmal ob sie ein Paar waren. Durch ihren gemeinsamen Freund Achraf, den Michelle über Kontakte bei Real Madrid kannte, waren Leonardo und sie aneinander geraten. Es hatte nicht lange gedauert, bis der Argentinier sie auf ein Date ausgeführt hatte und seither trafen sich die beiden in jeder freien Sekunde. Auch wenn das nicht wirklich viel war, da zwischen seinem Fußball und ihrem Jura Studium nicht wirklich Freizeit blieb. Aber irgendwie schafften sie es trotz allem mindestens einmal die Woche auszugehen und am Wochenende war es dann eben geschehen. Sie hätten Sex gehabt. Keine große Sache an sich, es war weder sein noch ihr erstes Mal, zudem war es schön. Am nächsten Morgen hatte Leo sich schon früh von ihr verabschiedet und war zum Training gefahren. Noch am gleichen Abend hatte Michelle Bauchkrämpfe gespürt, doch dies auf ihre doch ungesunde Ernährung zurück geführt. Jetzt, mehr als fünf Tage später war es nicht besser und mit dem positiven Schwangerschaftstest hatte sie jetzt den ultimativen Beweis, dass ihre These richtig war. Sie war schwanger. Schwanger von Leo. Und dabei waren die beiden erst zwanzig. Wie hatte doch erst dieses Jahr zu studieren begonnen und für ihn begann erst jetzt der Schritt in Richtung Profifußballer. Ein Kind passte in keines ihrer Leben. Es würde alles durcheinander bringen. Was sollte sie denn jetzt tuen?
Ihr Handy leuchtete auf und Michelle las eine Nachricht von ihrer besten Freundin Kim.
Hey Schätzchen, ich mache mir Sorgen um dich. Alles gut?
Michelle seufzte leise, wählte den Chat der beiden und schrieb ein kurzer Nein. Sie hatte nun wirklich keine Kraft zu lügen, nach dieser Endgültigen Sicherheit. Das Handy begann zu vibrieren, Kim rief an. Seufzend nahm Michelle an.
„Ja?", fragte sie müde und kränklich in den Hörer.
„Süße? Alles gut? Was hast du denn?", fragte ihre Freundin sofort in den Hörer, aber Michelle konnte nichts antworten außer: „Kannst du bitte vorbei schauen?"
„Ja klar, sofort, ich mache mich schon auf den Weg. Der Kurs fällt heute eh aus", meinte Kim sofort und Michelle musste leise lachen. Sie war auch wirklich unverbesserlich.
„Ist es was schlimmes? Ist was mit Leo?", fragte ihre Freundin weiter.
„Ja und Jein", gab Michelle bloß zur Antwort und ließ ihren Kopf gegen die Wand fallen: „Erzähl ich dir gleich!"
Mit einer kurzen Verabschiedung beendete die Studentin das Telefonat und ließ ihr Handy herunter sinken. Sie sah emotionslos vor sich, bevor sie sich nach einiger Zeit unter Baukrämpfen und steigender Übelkeit erhob. Die Vorstellung, dass gerade ein Kind in ihr reifte, war beängstigend genug, sie bräuchte keine Schmerzen.
Sie ließ sich auf die Couch fallen und musste sogleich leise aufstöhnen. Automatisch fasste sie sich an den Bauch und sorgte sich sogleich ob dem Kind was geschehen war. Konnte ihm so schnell was geschehen? Bestimmt nicht.

Für lange Zeit saß sie da, hatte nicht wirklich Appetit was zu essen, stattdessen ging ihr die ganze Zeit nur durch den Kopf, wie wohl Leonardo darauf reagieren würde. Wie sollte sie ihm das sagen?
Hey Babe, ich bin übrigens schwanger
So ganz bestimmt nicht. Aber wie sonst? Gab es überhaupt eine gute Art und Weise einem 20 Jährigen mittzuteilen, dass er bereits mit 21 Vater sein würde? Vermutlich nicht. Michelle war selbst nicht wirklich begeistert. Wobei? Umso länger sie überlegte um so größer wurde dann doch ihr Lächeln. Babies. Sie möchte Babys, hatte die Tochter ihrer Cousine immer überallhin mit genommen und nur davon geschwärmt, dass sie endlich Mutter sein wollte. Aber doch nicht schon jetzt! Sie wollte erst einmal fertig studieren, dann heiraten und dann erst dann Kinder haben. Nicht doch schon jetzt. Sie hatte doch erst letztes Jahr ihr Abitur geschafft. Sie war noch gar nicht bereit für ein Kind. Aufpassen für zwei, drei Stunden, ja, aber doch nicht ein ganz eigenes Kind.
Durch das Klirren an der Tür würde sie aus den Gedanken gelockt. Sofort sah sie auf und entdeckte Kim, die hinein trat und ihr sofort zulächelte. In solchen Momenten war Michelle wirklich dankbar, dass ihre beste Freundin einen Schlüssel besaß.
„Hey!", rief die Blondine ihr sofort zu, indessen sie sich aus ihrer Jacke schälte und die Sneakers auszog.
„Hallo", grummelte Michelle griesgrämig. Kim blieb noch auf dem Weg stehen: „Du siehst ja gar nicht gut aus. Ganz blass. Hat's dich auch erwischt?"
„Wie auch?", fragte Michelle verwundet.
„Ja der halbe Kurs ist krank, ich dachte du hättest auch eine Grippe!"
Michelle schüttelte ihren Kopf.
„Sicher? Bauchschmerzen und Übelkeit hast du doch!"
„Aber wegen was anderem!"
„Ist alles okay zwischen Dir uns Leo?"
Kim huschte zu ihrer Freundin auf die Couch und wollte sie in den Arm nehmen, als Michelle sich wegdrehte.
„Noch ja", murmelte sie stattdessen und verwunderte ihre Freundin umso mehr.
„Was ist denn los?", Kim machte es sich auf dem Sofa bequemer und für eine kurze Zeit sahen sich die Freundinnen schweigend an. Michelle begann wieder unsicher auf ihrer Unterlippe zu kauen und fummelte am Saum ihres viel zu großen Pullovers. Auch wenn es absurd klingen mochte, sie hatte irgendwie Angst, dass man doch etwas sah.
„Ich bin schwanger!", brachte sie dann Schluss endlich über ihre Lippen: „Von Leo!"

Eine Kurzgeschichte, die ich vor Ewigkeiten gepostet habe. Ich lösche sie und lade sie stattdessen hier hoch. Nicht wundern.

Sport One Shots || boyxgirl [✓]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt