Kapitel 14

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Mein Wecker klingelte und sofort schnellte meine Hand nach vorne, um ihn auszuschalten.

Gähnend streckte ich mich und stand auf um erst meinen Rolladen und dann mein Fenster zu öffnen.
Ein Schwall kalte Morgenluft traf mich und ich atmete tief durch.

Ich war froh über die niedrigen Temperaturen am Morgen, da es mittags im Moment täglich wärmer wurde.

Eigentlich kam ich einigermaßen gut mit Wärme klar, aber ich war nun mal keine Schlange wie Manu. Er liebte es warm. Je heißer desto besser.
Die Wölfe kamen auch sehr gut damit klar aber ich mochte es einfach nicht warm. Vielleicht hing das noch nicht einmal mit meinem Clan zusammen sondern einfach weil ich es als Person nicht mochte.

Einen weiteren Moment genoss ich die kalte Luft und drehte mich dann um, um mir Kleidung zu holen und mein Zeug, das noch von gestern wild verteilt auf meinem Schreibtisch lag, in meine Schultasche zu tun.

Eilig rannte ich ins Bad als ich die Tür vom Zimmer meiner Schwester aufgehen hörte.
Sie rüttelte an der Badezimmer Tür und klopfte wütend dagegen:" Beeil dich gefälligst oder ich trete sie ein!"
Dann wurde es wieder still und sie schien in ihr Zimmer zurückgegangen zu sein.

Wenn man morgens nicht schnell war und vor Emma ins Bad kam dann durfte man warten. Sie war noch nicht einmal ein Mädchen, das sich übertrieben schminkte oder eine Stunde zum aussuchen ihrer Kleidung brauchte aber trotzdem war sie immer am längsten im Badezimmer.

Gelassen putzte ich meine Zähne, zog mich an und kämmte dann noch ein wenig meine Haare, bis ich alle Knoten entfernt hatte und sie nicht mehr wie Stacheln von meinem Kopf abstanden.

Danach verließ ich das Badezimmer wieder und ging in mein eigenes zurück. Dort schnappte ich mir meine Schultasche und machte mich auf den Weg in die Küche.

Meine Mutter war bereits auf den Beinen und bereitete fleißig Schulbrote für uns vor. Ich war froh, dass sie das tat. Wenn meine Geschwister und ich das tun würden, würde es nur in einem Chaos enden.

Lächelnd wünschte ich meiner Mutter einen guten Morgen und steckte mein Essen in meine Tasche, dann löffelte ich schnell ein Müsli und verließ das Haus.

Ich könnte wie meine Geschwister mit dem Bus fahren aber ich ging lieber. Die Strecke von etwa zehn Minuten machte mir nichts aus. Außerdem bekam ich so jeden Tag etwas Bewegung.

Während ich den Vögeln und den vorbeifahrenden Autos lauschte ging ich zur Schule.

Im Sommer blieben die meisten Schüler bis zum Klingeln auf dem Pausenhof sitzen und genossen die angenehme Kühle des morgens, bevor die Sonne alles erhitzte.

Meine Augen wanderten über die Gruppen der Schüler, die sich ausgelassen unterhielten oder lachten bis ich bei meinen besten Freunden ankam.

Sie saßen Händchenhaltend auf einer Mauer und beobachteten abwertend irgendeinen Jungen aus einer Klasse unter uns.

Kopfschüttelnd aber mit einem Lächeln auf den Lippen ging ich zu den beiden und setzte mich neben Manu. 

Ohne eine Begrüßung fragte ich direkt:" Was hattet ihr denn eben mit diesem armen Jungen?"
Manu grinste:" Guten Morgen auch dir."
Patrick stupste seinen Freund lachend an und erklärte:" Es geht das Gerücht über ihn um, dass er homophob wäre."
"Und?"
"Das glauben wir nicht," sagte Manu," ich denke sogar eher, dass er selbst fürs andere Team spielt."
Ich schüttelte lachend den Kopf:" Ihr seid sowas von bekloppt."
Während Palle in mein Lachen einstieg rief Manu nur ein empörtes 'Hey' bis er schließlich auch grinsen musste.

Nach einigen Minuten spürte ich den brennenden Blick von Manu auf mir.
"Jetzt sag schon," begann er und sah mich abwartend an," was genau ist gestern passiert?"
Ich seufzte:" Nachdem wir einen Hochzeitsanzug für Zombey ausgesucht haben-"
"Ihr habt was?", unterbrach mich Patrick mit schriller Stimme und ich musste lachen.
"Das erkläre ich gleich," ich hob die Hand um ihre weiteren Fragen abzublocken," da sind wir bei einem riesigen Bürogebäude vorbeigekommen. Plötzlich haben wir das Geräusch von einem Auto gehört und beim Hintereingang des Gebäudes stand der Van, in dem die selben zwei Männer saßen die auch am Wochenende den verletzten Mann in die Bösche geworfen haben. Sie hatten ihre Roben an und haben über ihren Boss und irgendwelche Rekruten geredet. Und jetzt kommt das verrückteste, ihr Boss heißt Fuchs."
"Fuchs?" Patrick hörte sich entsetzt an und ich nickte.
"Das ist doch sowas wie Gotteslästerung, oder?", fragte Manu verwirrt," sollte da nicht schon längst der Tiergeist reagiert haben? Wenn in der Geschichte der Clans jemand sich für seinen Tiergeist ausgegeben hat dann ist das meistens nicht schön geendet und er wurde von den Tieren getötet, über die sein Tiergeist die Kontrolle hat."
"Das heißt jemand der sich Lemur nannte wurde dann von einer Gruppe Lemuren getötet?" Eigentlich war der Gedanke lächerlich aber es war die bittere Wahrheit.
"Und lass mich dir eins sagen, das war dann kein schöner Tod," fügte Patrick düster hinzu," ich habe mir mal eine Doku über soetwas angesehen und konnte an dem Abend kein Auge zu machen."

Ich legte die Stirn in Falten:" Warum also reagiert Fuchs nicht auf seinen Nachahmer?"
"Das Problem mit Fuchs ist, dass er seine ganz eigenen Wege geht. Er ist nicht wie die anderen Tiergeister. Er verfolgt immer sein ganz eigenes Ziel und niemand wird ihn jemals verstehen können. Vielleicht hat er es seinem Nachmacher erlaubt oder es ist ihm egal. Oder er will sehen was sein Namensvetter tun wird," spekulierte Manu.
"Das gefällt mir nicht," murmelte ich leise," wenn dieser Fuchs seinen Tiergeist hinter sich stehen hat könnte er mächtiger sein als wir erwarten."
"Das stimmt," Palle nickte.

"Zombey meinte übrigens wir sollten uns am Wochenende treffen um uns einen ersten Plan zu überlegen," erklärte ich den beiden und sie nickten.
"Wir werden einen guten brauchen," fügte Manu hinzu.

Patrick atmete einmal laut durch und fragte dann:" Was war jetzt die Geschichte mit dem Anzug?"
"Ich sollte mit Zombey seinen Anzug für die Hochzeit aussuchen. Bei der Gelegenheit haben wir dann noch einen für mich ausgesucht weil er mich zu seinem Trauzeugen gemacht hat," erzählte ich.
"Wow!", rief Manu überrascht.
"Glückwunsch?", sagte Patrick unsicher und klang eher fragend.
"Danke," antwortete ich gelassen," aber soweit wird es sowieso niemals kommen."
"Deine Einstellung ist immer noch total positiv. Das gefällt mir." Manu lächelte breit. Ich erwiderte sein Lächeln einen Moment und lehnte mich dann etwas zurück um über den Schulhof zu sehen.

Der Beginn der ersten Stunde rückte immer näher heran und immer mehr Schüler tummelten sich auf dem Hof herum.

"Leute," begann ich unsicher und die anderen zwei sahen mich sofort interessiert an. Sie schienen bemerkt zu haben, dass ich unsicher geworden war.
"Ich müsste euch um etwas bitten," erklärte ich weiter.
Manu lachte:" Schieß los! Du weißt, dass wir bei nichts nein sagen."
"Dann ist ja gut," ich lächelte leicht," ich habe gestern Abend ein wenig mit Noah geschrieben, dem Kellner aus dem Café. Er hat mich für Freitag Abend ins Kino eingeladen und eventuell habe ich gesagt, dass ihr auch unbedingt mit wollt."
"Du hast was gesagt?", fragte Patrick prustend und auch Manu kicherte leise.
"Traust du dich nicht alleine mit ihm auszugehen?", wollte die Schlange grinsend wissen.
"Das ist es nicht," verteidigte ich mich leise," ich war einfach nur nervös und habe doof reagiert."
"Mehr als doof," warf Patrick immer noch vor sich hin lachend ein.

Ich wartete etwas bis die beiden aufhörten zu Lachen und fragte dann:" Seid ihr denn dabei oder nicht? Ich würde mich freuen."
"Natürlich sind wir dabei," rief Manu sofort und bekam einen flehenden Blick von seinem Freund zugeworfen.
"Du hast schon so viel getan und uns so oft unterstützt, da ist es das Mindeste, das wir dir mal etwas zurückgeben." Die Erklärung schien er nicht nur für mich sondern auch für Patrick anzuhängen, der nun geschlagen auf den Boden sah.
"Tausend Dank!" Ich umarmte Manu und tätschelte danach etwas umständlich über den Braunhaarigen hinweg Patrick auf der Schulter," ihr seid die besten."
"Wissen wir," brummte der Wolf nur.
"Natürlich wisst ihr das." Ich musste schmunzeln.

Die anderen beiden begannen eine Unterhaltung über den heutigen Unterricht von Piers und ich holte mein Handy aus meiner Hosentasche.

Noah hatte mir einen schönen Schultag gewünscht, was ich einerseits als ziemlich süße Geste ansah aber meiner Meinung nach auch etwas viel war. Ich war niemand der täglich kitschige, kleine Nachrichten mit Kusssmileys verschickte und fand es seltsam wenn jemand so etwas tat.

Von Zombey hatte ich keine Nachricht bekommen was mich, obwohl es zu erwarten war, trotzdem irgendwie traf.

Enttäuscht packte ich mein Handy weg und sah dann auf. Manus Blick lag auf mir, huschte aber sofort woanders hin als ich aufgesehen hatte.
Es war klar dass er meine Emotionen gespürt hatte und ich war froh dass er mich darauf nicht ansprach.

Es klingelte und ich sprang auf:" Lasst uns in den Unterricht."
Die anderen beiden nickten leise und wir gingen in Richtung des Klassensaals.

The Trails of a Falcon Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt