Kapitel 41

143 13 5
                                    

Als ich gefolgt von Zombey in die Küche trat fand ich diese verlassen vor.
Auf dem Tisch lag ein Zettel, den eindeutig meine Mutter geschrieben hatte. Sie hatte eine wunderschöne Handschrift, ganz im Gegenteil zu meiner restlichen Familie.

Deine Geschwister sind in der Schule und ich bin auf der Arbeit. Dein Vater sollte irgendwo im Haus herumirren, andernfalls ist er unterwegs, wird aber bestimmt auch wieder auftauchen.

Ich drehte mich zu Zombey um.
"Meine Familie ist nicht Zuhause also haben wir sturmfrei. Ich mache uns schnell was zu frühstücken und dann können wir los."

"Wohin wollt ihr?"
Als ich plötzlich die Stimme von meinem Vater hinter mir vernahm schrak ich zusammen und fasste mir mit entsetztem Gesichtsausdruck auf meinen Brustkorb.
"Verdammt! Du darfst mich nicht so erschrecken," rief ich außer Atem und spürte deutlich meinen rasenden Herzschlag unter meiner Hand," Mama hat geschrieben, dass du wahrscheinlich unterwegs bist."
"Wahrscheinlich," wiederholte er," aber nicht mit Sicherheit. Ich wollte warten bis ihr aufsteht und dann fragen ob ihr mit mir einkaufen fahren wollt?"
"Weil du anders vergessen würdest was du alles mitbringen sollst?", wollte ich grinsend wissen.
"Wahrscheinlich," sagte er und lächelte ebenfalls.
"Ich würde gerne mit aber wir müssen heute noch etwas erledigen."
Ich ließ die Hand, die auf meiner Brust ruhte wieder neben meinen Körper fallen.
"Ach ja?", hakte mein Vater nach," und was genau müsst ihr erledigen?"
"Ich will meine Flügel besser unter Kontrolle bringen und möchte versuchen ob ich damit vielleicht sogar fliegen könnte. Also so richtig. Wir wollten zusammen in den Wald gehen und dort etwas trainieren," erklärte ich und begann alles für ein Frühstück aus den Schränken zu holen.
"Dann müsst ihr aber aufpassen dass euch niemand sieht," mahnte mein Vater uns und ich nickte.
"Das war der Plan. Wir werden schon einen ruhigen Ort finden."

Ich stellte alles mögliche zu Essen auf den Tisch während Zombey den Tisch deckte. Mein Vater starrte gedankenverloren an die Wand, bis er mit den Fingern schnipste und so meine Aufmerksamkeit auf sich richtete.
"Ich weiß wo ihr hinkönnt. Dort sind wir früher immer hingegangen um in Ruhe rauchen zu können."
"Wow." Ich schüttelte belustigt den Kopf.
"Du kennst doch den kleinen See am anderen Ende der Stadt? Der, an dem oft irgendwelche Angler sitzen?"
Ich nickte und er fuhr fort:" Von dort aus kommt man in den Wald. Das ist ein relativ kleiner Wanderweg auf dem eigentlich nie jemand unterwegs ist. Irgendwann gabelt er sich dann. Den rechten Weg erkennt man gut, da das auch der Eigentliche ist. Der linke Weg ist eigentlich kein Weg. Es ist ein kleiner Pfad direkt an einem steilen Abhang entlang. Diesem kann man folgen bis man zu einer weiteren Weggabelung kommt. Ein Weg führt den Berg hinunter zu einem Radweg. Manchmal verirren sich Jogger dort hin aber die kehren dann immer zu ihrem Radweg zurück. Der andere Weg führt weiter geradeaus. Etwa hundert Meter muss man laufen und kommt dann auf eine gigantische Wiese. Früher wurde sie noch für die Landwirtschaft benutzt aber das Feld liegt schon seit Jahrezehnten brach und hat sich in eine Wiese verwandelt. Da das Feld relativ hoch liegt hat man einen wunderschönen Ausblick auf die Umgebung. Man kann bis zur nächsten Stadt sehen und hat wo das Auge nur hinreicht den Blick auf Wald und Felder. Ein geübtes Auge kann sogar tief unter sich den Ragweg sehen, aber keine Sorge, von dort unten sieht man nicht auf die Wiese."
"Und warum machst du solche Werbung dafür?", fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen.
"Ihr könnte dort hin gehen," verkündete er, stolz über seine eigene Idee," die Strecke dort hin ist wirklich nicht weit, vielleicht eine Viertelstunde. Und dort wird mit Sicherheit niemand auf euch Treffen. Ihr habt eure Ruhe und könnt trainieren. Ihr könnte sogar, wenn ihr wollt, ein kleines Picknick mitnehmen für eine Mittagspause. Deine Mutter macht sowieso erst für heute Abend etwas warmes zu essen."
Ich kniff die Augen zusammen:" Hast du zufällig nur auf diesen Moment gewartet und schon seit Jahren einen Stick mit einer Powerpoint-Präsentation zu diesem Thema irgendwo im Keller liegen?" 
Er lachte auf:" Nein habe ich nicht. Ich habe mich nur eben daran erinnert wie wir früher immer dort hin geschlichen sind. Das war jedesmal ein Abenteur. Ich weiß noch genau als deine Mutter und ich bei unserem fünften Date dort hingegangen sind. Ich hatte all ihr Lieblingsessen mitgebracht. Anfangs haben wir noch gelacht und gegessen, irgendwann war das Essen ganz vergessen gewesen. Da hatten wir nur noch Augen füreineinander gehabt."
"Schöne Geschichte."
"Ich war noch nicht fertig."
"Ich weiß," sagte ich und verzog das Gesicht zu einem Lächeln," aber das hat mir schon vollkommen gereicht."
"Was sagst du also dazu? Ich kann euch zu dem See fahren. Von dort aus werdet ihr den Weg schon selbst finden?"
Ich wechselte einen Blick mit Zombey, der leicht nickte.
"Gut, wir sind dabei."
Mein Vater nickte begeistert:" Ich hole euch meinen Rucksack und zwei Flaschen Wasser. Die könnt ihr mitnehmen."

The Trails of a Falcon Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt