Schmerzen

5.8K 227 49
                                    

⚠TW Selbstverletzung⚠

Diese OS-Idee stammt wieder mal von @KatharinOppermann. Also viel Spaß.

Remus pov

Es ist weit nach Mitternacht und ich kann nicht schlafen. Wieder mal kann ich nur an die Albträume denken, die mich verfolgen, sobald ich die Augen schließe. Das Getuschel der anderen Schüler in Hogwarts hallt in meinen Ohren und will einfach nicht verschwinden. Ich drehe mich auf die andere Seite. 

Vor Kurzem kam heraus, dass ich ein Werwolf bin und seitdem werde ich von allen gehasst und verachtet. Sie nennen mich ein Biest, ein Monster, ein Ungeheuer, gefährlich, widerlich und noch vieles mehr. Sie tuen alle so, als wüsste ich nicht, wie furchtbar ich bin. Als würde ich mich nicht schon genug hassen, für das, was ich bin, machen sie es noch schlimmer. Ich will diesen Schmerz nicht mehr fühlen müssen. Wenigstens für einen Moment. 

Ich stehe leise aus meinem Bett auf und tapse ins Bad. Hinter mir schließe ich die Tür ab und beuge mich über das Waschbecken. Ich greife nach der Rasierklinge, die auf dem Regalbrett unter dem Spiegel liegt. Ich will, dass der Schmerz aufhört. Nur für einen Moment. Ich setze die Klinge an meinen Arm und schneide mich. Sofort quillt das Blut aus der Wunde und tropft in das Waschbecken. Ich setze erneut an, schneide meinen Arm auf. Es tut höllisch weh, mir fließen Tränen über die Wangen, während das Blut aus den beiden Schnitten und meinen Arm herunter rinnt. 

Immerhin übertüncht der physische Schmerz, den seelischen. 

Ich versehe meinen Arm mit einigen weiteren Schnitten und schleiche dann zurück in den Schlafsaal.

~*~*~

Ich laufe durch die Gänge von Hogwarts. "Du bist eine Schande für Gryffindor!" ruft ein Typ mir zu. Ich greife den Riemen meiner Tasche fester, laufe schneller. "Wie viele Menschen hast du denn schon getötet?" ruft ein Mädchen, das locker drei Stufen unter mir ist. Mein Atem beginnt zu zittern, Tränen steigen mir in die Augen. Mit gesenktem Kopf, schon beinahe rennend laufe ich den Gang entlang. "Haltet die Klappe! Alle!" höre ich James hinter mir rufen. Im nächsten Moment fällt ein Arm um meine Schultern und ich rieche Sirius' Aftershave. Dann legt auch James seinen Arm um mich. 

"Ihr müsst das nicht machen. Ihr ruiniert doch nur euren Ruf. Das bin ich nicht wert." sage ich niedergeschlagen. Sirius legt seine Hand auf meinen Unterarm. Ich zische auf. Er hat genau auf die frischen Schnitte gefasst. Natürlich habe ich einen langen Pulli an, der die Schnitte verdeckt, aber wenn man darauf fasst tut es trotzdem weh. 

Verwundert zieht Tatze die Hand zurück und blickt auf meinen Ärmel. Dort bildet sich ein großer, nasser Fleck. Mist! Einer der Schnitte scheint angefangen haben zu bluten. "Was ist denn das?" fragt James verwundert. Sirius nimmt meine Hand und zieht mich mit sich nach Gryffindor. "James, warte hier." sagt er im Gemeinschaftsraum und zerrt mich nach oben in den Schlafsaal und dort ins Bad. 

Er hält meinen Arm fest und zieht den Ärmel meines Pullis nach oben. "Du hast dich geritzt!" stellt er entgeistert fest. Beschämt drehe ich den Kopf zur Seite. Ich warte darauf, dass er mich anschreit, mir die Schuld an all den schlaflosen Nächten gibt. Aber nichts davon passiert. Stattdessen schlingt er seine Arme um mich und drückt mich fest an sich. Als er mich nach einer Weile wieder loslässt, legt er seine Hand sanft um mein Handgelenk und betrachtet die Schnitte. "Wann hast du die gemacht? Die sind höchstens einen Tag alt." "Letzte Nacht." gebe ich leise zu. "Du kleiner Idiot." seufzt Sirius und streicht über meine Wange. 

Er tritt einen Schritt zurück und betrachtet mich von oben bis unten. "Zieh das Shirt aus." sagt er. Sofort schlinge ich meine Arme um meinen Oberkörper und schüttle heftig den Kopf. "Zieh es aus. Ich will sehen, wie oft du dich schon geschnitten hast." "Seit etwa drei Wochen jede Nacht. Jedes Mal bis zu zehn Schnitte." sage ich leise. Der Dunkelhaarige sieht mich traurig an. "Ich will dir was zeigen. Flipp nicht gleich aus, okay?" Ich nicke. 

Sirius greift seinen Gürtel und öffnet ihn. Dann öffnet er auch die Knöpfe seiner Hose und zieht sie sich schließlich aus. Er setzt sich auf den Boden und ich tue es ihm gleich. "Ich hab es auch mal gemacht. Etwa anderthalb Jahre lang. Ich dachte, wenn ich mir selber Schmerzen zufüge, kann ich lernen, den Cruciatus-Fluch zu ertragen. Funfact: Es hat nicht funktioniert." sagt er. 

Ich betrachte die Narben an seinen Beinen. Er scheint sich immer nur an den Beinen geschnitten zu haben, sodass wir es nicht merken konnten. Sehr viele Narben bedecken seine Haut. "Du rasierst dir die Beine?" lache ich, als mir klar wird, wie haarlos seine Beine sind. "Das ist viel angenehmer!" lacht der Dunkelhaarige und greift nach einem Zipfel meines Pullis, um mich näher zu ziehen. Ich rutsche zu ihm und kuschle mich an seine Seite, schließe die Augen. Wir schweigen eine Weile, bis ich die Stille unterbreche: "Tatze, ich glaube, ich kann nicht aufhören."

"Doch, du kannst. Ich weiß es. Und ich werde dir helfen. Es ist hart, wenn man es alleine machen muss. Aber ich denke zu zweit und mit viel Feingefühl, Geduld und Liebe-und Schokolade natürlich-schaffen wir es. Und wir bringen die Leute dazu, aufzuhören über dich zu sprechen." "Liebe?" frage ich verwundert. Sirius lächelt mich warm an und lehnt seine Stirn gegen meine. 

"Alles zu seiner Zeit." 

Wolfstar OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt