Der letzte schmerzhafte Schuss war schon lange verhallt, aber Sam saß immer noch wie geistesabwesend an einem der Schreibtische und starrte in die Leere.
Absichtlich hatte er sich einen Platz ausgesucht, von dem er nicht auf den Eingang zum Wohntrakt mit seinen wenigen Stufen blicken musste.
Der durchdringende, metallische Geruch verteilte sich von dort aus und kroch in die Bibliothek; ließ Sam immer heftiger würgen.
Selbst die Whiskey Flasche vor ihm brachte keine Linderung.
Vor einer Weile hatte er es irgendwie – Sam wusste später nicht einmal mehr, dass er es überhaupt getan hatte - bewerkstelligt Mandy in den Sanitätsraum zu tragen.
Dafür hatte er extra einen Umweg durch andere Gänge genommen, nur um nicht an dem zweiten toten Köper vorbei zu müssen.
Dort angekommen hatte er sie auf ein Krankenbett gelegt und sie mit einem weißen Laken bedeckt.
Sam hatte es nicht fertiggebracht die andere Tote auch nur anzusehen, geschweige denn sie aufzuheben und fortzutragen. Er wusste irgendwann würde er es tun müssen.
Aber nicht jetzt!
Nicht allein!
In diese gespenstische Stille hinein klingelte Sam's Handy. Er musste nicht einmal auf das Display sehen, um zu wissen, dass es sein Bruder war, der ihn endlich erreichte.
Er ließ es klingeln.
Was ... wie soll ich es ihm bloß sagen?
Der Ton, den sein Handy wiedergab, um ihm anzuzeigen, dass jemand ihn zu sprechen wünschte, drängte sich immer mehr in sein Bewusstsein.
Ja er schien sogar penetranter zu werden, je länger er es ignorierte.
Dann brach das Geräusch mittendrin ab.
Wie abgestorben.
Wie unvermittelt aus dem Leben gerissen!
Wie ... getötet!, durchfuhr es eisig Sam's Gedanken.
Plötzlich erwachte sein Telefon doch wieder von den Toten.
Und diesmal meldete er sich.
„Dean!", sprach er leise ins Handy, wobei seine Finger das filigrane Gebilde aus Plastik und Metall so fest umschlossen, dass die Knöchel weis hervor traten.
„Sam, es ist Val! Du musst sofort da raus!", hörte Sam seinen älteren Bruder.
Die Angst um ihn war selbst in diesen wenigen Worten nicht zu überhören.
Aber er konnte nicht antworten.
„SAM!", schrie Dean.
„Ich weiß, Dean. Ich ... weiß."
„Was ist passiert?", fragte sein Bruder. Eine böse Vorahnung schwang in seiner Stimme.
„Rupert ist nicht einfach nur abgehauen! Ich denke ... ich bin mir sicher, er ist tot. Genau wie ... wie Mandy, Dean. Sie sind alle tot!", flüsterte er.
„Scheiße! Das hätte nie geschehen dürfen! NIE!", fluchte Dean. Sam hörte, dass sein Bruder tief Luft holte, sich versuchte wieder zu beruhigen, bevor er die nächste Frage stellte.
„Was ist mit ... Val?"
Er ahnt es, wurde Sam gewahr.
„Sie ... auch!", kam es gequält über seine Lippen.
Am anderen Ende der Leitung herrschte bis auf die Fahrgeräusche des Impalas erdrückende Stille.
Sam sah das Gesicht seines Bruders geradezu vor sich. Wie er verbissen geradeaus auf die Fahrbahn starrte, versuchte seine Gefühle herunterzuschlucken, sich nichts von seinem inneren Kampf anmerken zu lassen.
Selbst jetzt, da er allein im Wagen saß.
Nach einer gefühlten Ewigkeit dieser Stille, hörte er seinen Bruder nur ein leises „Wie?", von sich geben.
„Ich ... habe es getan. Ich musste es tun! Es ... tut mir so Leid", brachte er gerade noch hervor. Wieder füllten Tränen seine Augen.
Hört das denn nie auf?
„Ich bin bald bei dir, Sammy!", antwortete Dean nur und legte auf.
Er drückte das Gaspedal des Impala bin zum Anschlag durch. Ohne jede Rücksicht auf die anderen Verkehrsteilnehmer raste er durch die Nacht.
Er presste seine Kiefer so fest zusammen, dass seine Zähne knirschten. Und doch begann seine Nasenspitze zu kribbeln und kurz darauf trübte sich auch sein Blick.
Nicht jetzt!, mahnte er sich.
Nicht jetzt!
Seine Finger schlossen sich einer nach dem anderen fester um das Lenkrad und wenige Sekunden später war er wieder der harte und gnadenlose Jäger.* * *
Im Bunker fing sich auch Sam langsam wieder.
Ich muss sie wenigstens abdecken! Wie konnte ich sie nur so lange dort liegen lassen? Allein auf den kalten Fließen!
Sich selbst und Tonnen an Schuldgefühlen vom Stuhl hoch stemmend, sah er in Richtung des Eingangs zum Wohntrakt. Mit schweren Schritten ging er auf den Durchgang zu.
Er bereite sich innerlich auf den schrecklichen Anblick vor, der ihn in wenigen Momenten erwarten würde; versuchte sich so gut es ging gegen den Schmerz zu wappnen.
Gegen das, was er mit eigenen Händen getan hatte und irgendwann vor Gott und bald vor seinem Bruder würde rechtfertigen müssen.
Ihm kam in den Sinn, was Valerie kurz vor ihrem Tod über ihre „dunklen Kinder" gesagt hatte.
Jetzt war ich es, der sie dazu verdammt hat! Werde ich irgendwann auch so enden wie sie? Oder Dean?
Nur noch ein Schritt!
Komm schon!
Du schaffst das!
Sam atmete tief durch, bevor er seine Augen auf den blutigen Körper richtete.
Doch da war kein Körper mehr!
Nur noch Unmengen Blut und eine nasse, rote Spur, die weiter in den Korridor hinein führte.
Tief in den Bunker hinein.
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SeelenQual - Dark Heroes Rising || Supernatural FanFiktion
HorrorFortsetzung zu SeelenFeuer. Die Existenz eines weiteren gefährlichen Gegners wird den Winchester's offenbart, als sie noch mitten im Kampf gegen Abaddon und Metatron stehen. Überdies leidet Sam noch an den Nachwirkungen durch Gadreel's „Anwesenheit"...