Den Weg zurück von den Duschräumen zu ihrem Zimmer fand sie leichter als den Weg hin.
Von dort aus folgte sie einfach den Geräuschen.
Es waren Gesprächsfetzen von drei oder vier verschiedenen Stimmen, die ihr den Weg durch die Korridore wiesen. Die „Propheten" waren anscheinend bereits alle versammelt.
An kaum mehr zählbaren braunen und grauen Türen vorbei, einige Stufen hinunter und um einige Ecken herum, leiteten sie die Geräusche.
Und ein undefiniertes Ziehen in ihrem Inneren, welches sie zuerst versuchte zu verdrängen und dann der prekären Situation zuschrieb.Nach einigen Minuten wusste sie zwar nicht mehr genau, wo sie sich im Bunker befand, aber sie wusste, dass sie nur einen Meter von der Tür entfernt war, hinter der sich die Winchester's
und vermutlich die beiden restlichen „Hüllen" aufhielten.
Sie atmete einmal tief durch, bevor sie durch die offene Tür trat und ihr schlagartig die komplette Aufmerksamkeit von zwei der vier Personen sicher war.
Wie sie richtig vermutet hatte war der Raum eine kleine Küche mit einem Essplatz der maximal sechs Personen Platz bot.
Sicherlich gab es hier im Bunker, auf einer anderen Eben, noch eine größere Küche oder einen größeren Speisesaal, aber entweder hatten ihn die beiden noch nicht gefunden oder sie hatten sich einfach entschieden nur diesen hier zu nutzen, da er ihren eignen Quartieren am nächsten war.
Sam und eine junge Frau mit langen braunen Haaren, die neben ihm saß, hatten sie zuerst bemerkt und sahen sie überrascht an.
Die anderen beiden Gestalten, Dean und ein älterer Mann mit Halbglatze, saßen mit dem Rücken zur Tür.
Sie bemerkten sie erst, als Sam aufsah und sie ansprach.
„Guten Morgen, Valerie. Komm setzt dich zu uns."
Ein kleines Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht, als sie die wenigen Stufen in den Raum hinunter ging.
Der ältere Mann verfolgte aus den Augenwinkeln jede ihrer Bewegungen misstrauisch, die junge Frau – sie war fast noch ein Kind bemerkte Valerie nun – lächelte zurück und Dean richtete seinen Blick sofort wieder in seine Tasse mit Kaffee.
Als sie auf dem anderen noch freien Platz neben Sam platz genommen hatte, kam ihr wieder etwas in den Sinn. Eine Frage, die ihr unangenehm wichtig war.
„Nur so am Rand, aber wer hat mich eigentlich ... ausgezogen?", fragte Valerie etwas verlegen.
„Ich kann mich nur noch erinnern, dass ich mich angezogen ins Bett gelegt hatte, um eine Stunde oder so zu schlafen."
„Oh ... ähm, das is' mir jetzt etwas unangenehm, aber dass war dann wohl ... ich", gab das Mädchen kleinlaut von sich. „Sam dachte es sei besser so. Ich bin übrigens Mandy."
Die Kleine grinste sie unsicher an.
„Ist schon ok, Mandy. Ich bin Valerie," antwortete sie versöhnlich und streckte ihr eine Hand entgegen.
Man sah Mandy nicht nur an, dass ihr eben ein Stein vom Herzen gefallen war. Valerie spürte es auch in ihrem Händedruck.
Sam räusperte sich und deutete auf den anderen Fremden am Tisch.
„Das ist übrigens Rupert."
Der Angesprochene, der mit einem schmierigen T-Shirt und einer eben solchen Jeans bekleidet war, nickte ihr nur kurz zu, bevor er sich wieder seinem Frühstück widmete.
Auf seinem Teller hatte sich ein Haufen Speck und Rührei angesammelt, in das er nun wieder voller Hingabe seine Gabel stieß und geräuschvoll begann zu kauen.
Vor der Kleinen stand ein Teller mit einem gut belegten Bagel, Sam hatte eine Schale mit Müsli und Dean saß vor einem leeren Teller und einer Tasse Kaffee.
„Was möchtest du, Valerie? Ich glaube wir haben von allem noch etwas da. Bedien dich ruhig", sagte Sam und deutete auf einige Schüsseln und Teller, die noch auf einem Edelstahltisch in der Nähe standen.
Valerie erhob sich und ging neugierig hinüber.
Wahrscheinlich ist es besser, wenn ich erst mal wenig esse.
Sie entschied sich deshalb für eine kleine Schale mit Müsli und den obligatorischen Kaffee und brachte beides an den Tisch zurück.
Vorsichtig kostete sie das Müsli und war überrascht wie gut es schmeckte.
„Geht es dir wieder besser?"
Die Frage kam von Mandy.
„Was meinst du?", antwortete Valerie überrascht.
„Nun du ... ähm ... warst ziemlich lange weg."
Man sah Valerie an, dass sie nicht verstand worauf das Mädchen hinaus wollte.
„Es ist doch Morgens, oder?"
Mandy nickte stumm.
„Also wo ist dann das Problem? Hab ich halt statt nur einer Stunde ein paar Stunden mehr geschlafen. Nicht unbedingt ein Grund sich Sorgen zu machen, oder?"
Jetzt sprang Sam Mandy zur Seite.
„Eigentlich schon, Valerie. Aber es ist so: du hast nicht nur ein paar STUNDEN bis zum nächsten Morgen geschlafen, sondern ein paar TAGE."
Valerie verschluckte sich fast an dem Kaffee, den sie gerade getrunken hatte.
„Bitte WAS?"
„Ja. Nach zwei Stunden hatte ich nach dir gesehen, weil wir ja zusammen noch etwas essen wollten ...", versuchte Sam zu erklären.
„Ja, wie eine große fröhliche Familie ...", unterbrach Dean seinen Bruder mit dieser ironischen Bemerkung.
Dafür erntete er einen vernichtenden Blick von Sam, einen verwirrten von Mandy und einen verärgerten von Valerie.
„ ... aber ich habe dich nicht wach bekommen. Nichts hat geholfen, also haben wir dich einfach schlafen lassen", fuhr Sam kurz darauf fort.
„Und wie lange war ich nun weg, Sam?"
„Du hast volle zwei Tage geschlafen."
„ZWEI TAGE!"
Metatron wird sich schon wundern, warum ich ihn noch nicht kontaktiert habe.
Aber alles zu seiner Zeit!
Dean sah sie über den Rand seines Kaffeebechers so feindselig an, als hätte er eben ihre Gedanken gelesen.
„Ich ... ähm tut mir Leid, dass ich euch einen Schrecken eingejagt habe", entschuldigte sich Valerie.
„Ist schon vergessen. Hauptsache dir geht es jetzt wieder gut!", antwortete Sam und bedachte sie mit einem ehrlich erleichterten Lächeln.
„Ja, Hauptsache unser kleiner Freak ist wieder wohlauf!", gab Dean bösartig von sich.
„Dean, was soll das?", fragte Sam verständnislos.
„Ernsthaft jetzt, Sammy?" Dean ließ den Kaffeebecher so heftig auf den Tisch knallen, dass etwas von der braunen Flüssigkeit auf dem Tisch verteilt wurde.
„Dean, wir haben das bereits diskutiert und ..."
„Ach haben wir das?", entgegnete Dean gereizt.
Deans Fingerknöchel wurden weiß, so fest umschloss er den Becher mit seiner rechten Hand.
Sie begann zu zittern.
Als ob sie lieber etwas anderes als den Becher halten oder eher zerquetschen wollte.
Die Luft zwischen den Beiden Brüdern schien fast Funken zu schlagen.
Es fehlt nicht viel und Dean zerrt Sam über den Tisch, um ihm eine zu verpassen, realisierte Valerie überrascht.
Dean fixierte Valerie mit einem Blick, der so voller Abscheu war, wie sie es von ihm nicht erwartet hatte.
„Dean, hast du denn vergessen, was sie alles ...", setze Sam an, doch Valerie unterbrach ihn.
„Sam, lass es gut sein."
Es hatte keinen Sinn die beiden Brüder jetzt schon aufeinander zu hetzen.
Das will ich mir für später aufheben.
Sie legte Sam versöhnlich eine Hand auf den Arm.
Diese Geste aber erregte nur noch mehr Deans Unmut.
„Oh, wie rührend!", kommentierte er boshaft, stand mit angewidertem Gesicht auf und wand sich zum Gehen um.
Sam erhob sich ebenfalls, wohl um Dean zurückzuhalten. „Dean, ich ...", doch weiter kam er nicht.
„Sam, NICHT!", war alles was Dean knurrte.
Ein Blick in Dean's Gesicht zeigte Sam, dass sein Bruder vor Wut schäumte und sich augenscheinlich nur noch mit größter Anstrengung unter Kontrolle hatte.
Was ist nur in letzter Zeit mit ihm los?
Glücklicherweise beließ es Sam jetzt dabei.
Er unternahm keinen weiteren Versuch seinen Bruder aufzuhalten.
Dean stapfte ohne einen weiteren Kommentar aus dem Raum.
Dafür schleuderte er Valerie kurz bevor er aus der Tür verschwand einen Blick von der Seite zu, der klar und deutlich eins zum Ausdruck brachte:
Tue Sam oder den anderen beiden etwas zu Leide und ich töte dich.
Komm mir zu nahe und du wirst es bereuen!
DU LIEST GERADE
SeelenQual - Dark Heroes Rising || Supernatural FanFiktion
HorrorFortsetzung zu SeelenFeuer. Die Existenz eines weiteren gefährlichen Gegners wird den Winchester's offenbart, als sie noch mitten im Kampf gegen Abaddon und Metatron stehen. Überdies leidet Sam noch an den Nachwirkungen durch Gadreel's „Anwesenheit"...