10 - Trial & Error

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Seit mehreren Tagen saßen die Winchesters nun schon an den umfangreichen Unterlagen.
Wälzten Bücher und Akten, um eventuelle Hinweise zu finden oder ordneten die Fälle neu.
Doch alles ohne Erfolg.
Eine Verbindung zwischen allen Opfern und damit ein Motiv oder sogar eine Spur zum Täter ließ sich nicht ermitteln.

Dean hatte in einem Anflug von blinden Aktionismus alle säuberlich geordneten Ausdrucke wieder auseinander gerupft und kreativ auf dem Schreibtisch verteilt.
Natürlich war Sam nicht damit einverstanden gewesen, aber er konnte seinen Bruder davon nicht abhalten.
Dean meinte so könne er alles besser überblicken und vielleicht endlich einen Zusammenhang zwischen den einzelnen Fällen finden.

Klar, dachte Sam verstimmt.
Als wenn er nur durch drauf starren das schaffen würde, was wir schon seit Stunden, mit Hilfe von Logik und dem Internet versucht haben! Wenn du das schaffst, bist du der Größte!

Natürlich schaffte er es nicht!

„Verdammt, Sam. Es gibt keinen Zusammenhang zwischen diesen Fällen!", schnauzte Dean die Wand an.
Fast hätte er das Whiskey Glas dagegen geworfen.
So gereizt war er mittlerweile.

„Aber Cas sagte doch es gäbe einen, oder?", versuchte Sam seinen Bruder wieder etwas zu beruhigen.

Dean schnaubte laut. „Er sagte er glaubt es gibt einen. Aber wo?"
Dean klang verzweifelt und auch sehr frustriert, weil sie anscheinend in einer Sackgasse steckten.

Die Papiere, die er in der Hand hatte, flogen in hohen Bogen auf den Tisch.
Fast wären sie durch den Schwung auf der anderen Seite wieder heruntergesegelt und auf dem Boden gelandet, aber eine Hand hielt sie auf.

Die Hand gehörte zu Castiel.
Beide Brüder sahen verdutzt den Engel an, der so plötzlich im rechten Moment aufgetaucht war.

Sam reagierte als erster auf den anwesenden Engel.
„Hi, Cas."

„Was für ein Durcheinander ...", kommentierte Castiel das offensichtliche Chaos auf dem Schreibtisch, als er sich umsah.

„Oh hi, Dean. Na, habt ihr schon eine heiße Spur in den TAUSENDEN Fällen gefunden, mit denen ich eure KOSTBARE ZEIT VERSCHWENDET HABE?", entgegnete Dean sarkastisch und verärgert.

Castiel räusperte sich und sah betreten zur Seite.

„Is ja nicht so, als ob wir nichts wichtiges zu tun hätten, oder Sam?"
Mit den letzten Worten sah Dean demonstrativ seinen Bruder an.

„Dean, ich ...", aber weiter kam der Engel nicht.

Dean ignorierte ihn.
„Oh, warte. Da war doch heute morgen der Anruf von einer Dame, die ihre Katze vermisst. DAS ist doch was wichtiges.
Da MÜSSEN wir doch sofort los, oder?" Deans Stimme troff geradezu von Sarkasmus.
Er drehte sich um und deutete damit an den Raum verlassen zu wollen.

Sam war es unangenehm, wie er mit Castiel umging. Er blickte den Engel entschuldigend an.

Dean blieb nach wenigen Schritten wie zufällig in Castiels Nähe stehen.
„Aber nein! Da fällt mir doch glatt noch was anderes ein, das wichtig sein könnte", begann er zuckersüß.
Nur um dann bitter fortzufahren:
„Wo finden wir nur Gadreel oder Metatron und wie VERDAMMT NOCH MAL ENTLEDIGEN WIR UNS DIESER ELENDEN HÖLLEN-SCHLAMPE?"
Die letzten Worte schrie Dean Castiel ins Gesicht.

„Dean, es tut mir Leid. Wirklich!", versuchte der Engel zu beschwichtigen.

„Ach ja?"
Dean schien kurz davor zu sein wie ein Vulkan zu explodieren.
Er trat gefährlich nah an Castiel heran.
Sein Unterkiefer malte.
Er rang um Fassung.

„Dean, bitte. Ich ... ich dachte wirklich ihr könnt die Verbindung, die ich vergeblich gesucht habe finden, aber ... ", sagte Castiel.

Dean konnte sich nur noch mit Mühe und Not zusammenreißen.
Wütend drehte er sich um und war fast schon an den Treppen, die zum Wohntrakt führten, als sich eine Hand auf seine Schulter legte.

„Dean, ich denke Cas war noch nicht fertig."

„Ach Nein, Sam? ABER ICH!"
Dean schüttelte Sam's Hand mit einer Bewegung seiner Schulter ab.
So wie man ein lästiges Insekt von sich wischte ohne weiter darauf zu achten.

„Sam hat recht, Dean! ICH. WAR. NOCH. NICHT. FERTIG!"
Castiel schlug einen ungewöhnlich harten Ton an, der Dean veranlasste endlich stehen zu bleiben.

Sam nötigte diese heftige Reaktion des sonst schon fast stoisch ruhigen Engels einen erstaunten Blick ab.

„Ich war wirklich überzeugt ich sei nicht in der Lage die Verbindung zwischen den Morden zu finden ...", setzte er an.

„Morde? Wenigstens die ersten Tode sahen für uns wie ... Unfälle aus. Tragische zwar, aber eindeutig Unfälle", entgegnete Sam.

„Nun, das war auch die Intention des Täters gewesen. Alle waren es Morde. Ohne Ausnahme. Und in der letzten Stunde sind weitere Opfer hinzu gekommen.
Insgesamt sechs Personen an einer Tankstelle. Unter ihnen eine Frau und ein kleines Mädchen."

„Oh, Nein", kommentierte Sam die schrecklichen Neuigkeiten.

Dean hingegen motivierte diese Information dazu sich wieder an den Schreibtisch zu begeben.
Aus dem Wust loser Blätter fischte er zielsicher eines heraus.
Konzentriert studierte er es, bevor sich sein Gesicht plötzlich erhellte.
Er hatte etwas gefunden.

„Es eskaliert!", rief er aus.

Sam und Castiel wussten beide sofort, was er meinte.

„Ja, offensichtlich! Aber so fürchterlich das auch ist, es ist nicht die Verbindung, die ICH zwischenzeitlich gefunden habe.
Diese ist viel weitreichender und ... beängstigender, als ich bisher glaubte", sagte der Engel niedergeschlagen.

„Beängstigender als Abbadon und Weitreichender als Metatrons Pläne?", fragte Sam ungläubig.

„Ich fürchte ja, Sam!"

Die beiden Winchesters sahen Castiel erwartungsvoll an.
Doch der Engel sprach nicht weiter.
Nach einigen Minuten der qualvollen Stille reichte es Dean.

Er verdrehte die Augen und richtete das Wort an Castiel: „Und was ist nun diese mysteriöse Verbindung zwischen all den Fällen, Cas?"

Damit holte er den Engel anscheinend geistig wieder auf die Erde zurück. So sah es jedenfalls aus, als er endlich antwortete.
„Oh, ja. Ähm ... alle dreiundvierzig Opfer ..."

Dean unterbrach ihn barsch. „Moment! Dreiundvierzig? Wir haben hier nur Informationen über ...." er rechnete kurz mit Hilfe seiner Finger zusammen, „achtundzwanzig Opfer!"

„Das ist korrekt, Dean."

„Wie kommst du dann auf dreiundvierzig?" fragte Sam interessiert.

„Weil ich euch die Akten der Opfer in Asien und Afrika vorenthalten habe, Sam."

„Da hat er auch zugeschlagen?", fragte Dean ungläubig.

„Bist du sicher, Cas?"

„Ja, Sam. Ich bin sicher! Leider!"

„Also, was ist jetzt die Verbindung?" Es drängte Dean endlich nach einer Antwort von Castiel.

Der Engel musste tief Luft holen, bevor er antwortete. „Es sind ... waren alles zukünftige Propheten."

Die Brüder sahen sich gleichzeitig entsetzt und überrascht an.

„Alle, ohne Ausnahme?", wollte Sam wissen.

„Wie viele gibt es eigentlich?" Diese Frage kam von Dean.

„Ja ... und es gibt insgesamt vierzig von ihnen überall auf der Welt verstreut", antwortete der Engel beiden.

Man sah Dean an, dass er begann nachzurechnen.
„Wie viele sind denn jetzt noch übrig, Cas? Ich meine es werden sich ja unter den letzten Opfern nicht nur zukünftige Propheten befunden haben, oder?"

„Natürlich nicht, Dean. Nach Kevin's Tod sind es dann jetzt nur noch vier."

Dean's Mine verfinsterte sich schlagartig.
Kevin's Tod!
Es war seine Schuld gewesen, dass der junge Prophet gestorben war!

Sam konnte sehen, was sein Bruder gerade fühlte.
„Es war nicht deine Schuld, Dean! Ok?", versuchte er ihn zu trösten.
Doch er wusste es war nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.
Diese Worte würden seinem Bruder keine Linderung verschaffen.
Und ihm auch nicht!

Der ältere der Winchester Brüder sah bitter zu Sam herüber, erwiderte aber nichts.

„Was geschieht eigentlich, wenn es keine zukünftigen Propheten mehr gibt, Cas?", wollte Sam wissen.

„Ich ... ich weiß es nicht genau." Der Engel sah verlegen zu Boden.
„Aber es wäre sicherlich nicht besonders ... gut für den Himmel und die Menschheit. Es gäbe niemanden mehr, der die Tafeln lesen könnte."

„Niemanden, außer Metatron. Nicht wahr?"
Castiel sah zu Sam auf.

„Ja, das stimmt!"

„Nun ich denke, jetzt haben wir den Täter!" Dean's Gesicht zeigte ein triumphierendes Lächeln.

„Nein, Dean. So einfach ist es nicht. Keine der Leichen zeigt Rückstände eines Kontakts mit einem Dämon.
Auch sind sie alle nicht durch einen der meinen zu Tode gekommen. Aber ich denke er hat den Täter wahrscheinlich dazu angestiftet."

„Also war es auch nicht Gadreel!", bemerkte Dean leicht säuerlich.

„Wenn es nur ein Mensch ist, können wir ihn auch finden und zur Strecke bringen, bevor er noch ein Opfer findet."

„WENN es nur ein Mensch ist, Sam."

„Was soll das denn jetzt schon wieder heißen, Cas?", fragte Dean verwirrt.

„Dean, ich habe bei den Leichen, die ich untersucht habe, einen ... Nachhall, eine Resonanz gefunden, den ich noch nie gesehen habe."

„Red' jetzt mal Klartext, Cas. OK? Ich komm da nicht mehr mit!"

„Das, was diese Menschen getötet hat, war kein Engel oder Dämon. Es war auch kein Mensch. Jedenfalls nicht im ... üblichen Sinne.
Aber es war auf jeden Fall ein übernatürliches Wesen, welches mir vollkommen unbekannt ist."

„Also was jagen wir nun, Cas? Mit was werden wir es zu tun bekommen?", fragte Sam neugierig.

Aber der Engel schüttelte nur ratlos sein Haupt. „Ich ... ich ... ähm ... weiß es nicht!"

Dean grinste humorlos. „Fantastisch, Cas. Echt! Wie sollen wir die Menschen beschützen, wenn wir nicht mal wissen gegen was oder wen?"
Dean war wieder kurz davor sich nicht mehr beherrschen zu können, als Sam beschwichtigend Eingriff.

„Dean, wir müssen doch nur wissen, wer die nächsten Opfer sein sollen und wo sie sich befinden. Den Rest bekommen wir schon hin."

„Wo sie sich die meisten derzeit aufhalten kann ich euch sagen", erwiderte Castiel.

Sam schien nun zuversichtlicher.
Hoffnung keimte auch wieder in Castiel auf.
Bis ...
„Hattest du nicht gesagt es sein noch vier, Cas?", merkte Dean an.

Der Engel nickte.

„Na, dann rechnet mal nach, Leute!"

SeelenQual - Dark Heroes Rising || Supernatural FanFiktionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt