47 - Der Feind in meinem Bett

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Wieder ertönte ihr Name.

„Val! Hey, Val!"

Doch diesmal sprach ihn eine weitaus tiefere Stimme aus.
Das und die Berührung einer Hand holte sie gänzlich aus ihren Träumen zurück.

„Hey, Dornröschen, wach endlich auf!"

Langsam schlug sie die Augen auf und starrte in Dean's Gesicht, nur wenige Zentimeter über dem Ihren.
Noch nicht ganz wieder wach, sah sie ihn an.

„Was?", krächzte sie.

Warum fühle ich mich so ... komisch?, fragte sie sich verwirrt.
So ... schwach?

„Ich dachte ich bekomme dich gar nicht mehr wach", antwortete Dean kurz angebunden.

Nun mit einem T-Shirt und einer Jeans bekleidet, saß er neben ihr auf der Bettkante und musterte sie eindringlich. In seinen Augen zeichnete sich wieder die gewohnte Härte ab.
Von dem leidenschaftlichen und drängenden Liebhaber der letzten Stunden war so gut wie nichts mehr zurück geblieben.
Auch das heftige, von Dean zuerst erzwungene „Nachspiel" schien er vollkommen vergessen zu haben. Jedenfalls sah sie keinerlei Anzeichen von Reue oder Scham in seinem Blick.
Aber auch sie war nicht willens es anzusprechen. Vor allem deshalb, weil sie es später doch noch genossen hatte.

Valerie setze sich im Bett auf, um Ausschau nach ihren Sachen zu halten, die immer noch auf dem Boden des Zimmers verstreut lagen.
Dabei rutschte das dünne Laken komplett von ihrem nackten Oberkörper. Sie schenkte dem keine Beachtung.
In Dean's Blick jedoch schlich sich kurz wieder dieses Verlangen, bevor er es mit der nächsten Frage unvermittelt löschte.

„Was hast du eigentlich im Archiv zu suchen gehabt?"

Valerie tat so, als hätte sie die Frage nicht gehört, schlug das Laken nun komplett zurück und stieg geschmeidig auf der anderen Seite aus dem Bett.
Aus den Augenwinkeln aber sah sie, dass Dean ihren immer noch nackten Körper musterte, bevor er zur Seite blickte.

Ihre Body-Shorts, die direkt neben dem Bett lag, zog sie als erstes wieder über ihre mageren Hüften. Ihr T-Shirt lag einen Schritt weiter.
Als sie es gerade über den Kopf gezogen hatte, hörte sie wieder Dean's drängende Stimme. Diesmal klang seine erneute Frage nicht mehr so freundlich.

„Du hast meine Frage noch nicht beantwortet, Val!"

Sie drehte sich überrascht zu ihm herum.
„Oh, ähm ... was wolltest du noch gleich wissen?", fragte sie entschuldigend.

„Ich glaube du hast mich sehr wohl gehört", antwortete Dean.
Er stand von der Bettkante auf, umrundete das Bett und kam langsam auf sie zu.
„Fang nicht an Spielchen mit mir zu spielen, OK?" In seiner Stimme lag eine eindeutige Drohung.

Valeri bemerkte es und ahnte, dass sie nun keine Nachsicht mehr von ihm zu erwarten hatte. „Ich habe ... etwas für mich sehr wichtiges dort gesucht."

Nur noch einen Meter von ihr entfernt blieb er stehen und sah sie einfach nur durchdringend an.
„Und das hast du mitten in der Nacht und heimlich getan weil ...?", fragte er.
Der Hohn in seiner Stimme war nicht zu überhören.
Dabei kniff er die Augen leicht zusammen und lächelte ein kleines verschmitztes Lächeln.
So wie es seine Art war, jemandem eine unangenehme Frage zu stellen, auf die er die gelogene Antwort bereits kannte und sich unbändig auf seine eigene Reaktion darauf freute.

„Weil ... weil ich fürchtete, ihr ... du würdest es nicht erlauben, wenn ich frage", antwortete Valerie zögernd.

Ich muss mich irgendwie aus der Affäre ziehen.
Einen Kampf kann ich nicht riskieren.
Nicht in diesem Zustand und ... nicht hier!


„Und damit hättest du recht gehabt!"
Dean tat einen weiteren Schritt auf sie zu. Dabei lächelte er immer noch sein falsches und gefährliches Lächeln.
„Was genau also hast du dort gesucht? Und denk nicht ich würde dir eine Lüge durchgehen lassen, nur weil wir im Bett gelandet sind, Schätzchen!"

Oh, nein. Bestimmt nicht, SCHÄTZCHEN!, dachte Valerie und wich einen Schritt zurück.
Doch Dean folgte ihr.
Auch der nächste ihrer Schritte brachte keinen größeren Abstand.
Das Spiel ging weiter bis ihr die Mauer Einhalt gebot.
Fast augenblicklich begannen die Steine eine unangenehme Kälte zu verströmen, die sich sofort durch den dünnen Stoff fraß.

Um seiner Drohung noch mehr Nachdruck zu verleihen, schnellte seine Hand in dem Augenblick vor, als sie nicht weiter vor ihm flüchten konnte und legte sich um die gut sichtbare, große Narbe
an ihrem Hals, die ihre blasse Haut schmückte.

Dabei bemerkte sie jetzt zum ersten Mal das fremdartige Mal auf seinem rechten Unterarm.

Eine Tätowierung?
Ein Branding?
Es kommt mir irgendwie bekannt vor.
Woher?


Fast rechnete sie damit, das er ein Engelschwert aus dem Nichts zaubern würde, wenn ihre Antwort nicht nach seinen Erwartungen ausfiel.

„Was hast du im Archiv gesucht?" Deans Stimme klang kalt.
Sein Griff um ihren Hals verstärkte sich.

„Dean, ... bitte", appellierte sie.

Doch Dean scherte es nicht.
Im Gegenteil.
Ein boshaftes Grinsen stahl sich auf sein Gesicht.
Er schien es tatsächlich zu genießen ihr weh zu tun.

Erzähle eine kleine Wahrheit, um eine andere, größere Lüge unentdeckt zu lassen!, erinnerte sie sich an einen Ausspruch ihres Mentors.

„WAS HAST DU GESUCHT?"
Dean's Augen funkelten gefährlich.
Seine Finger gruben sich tiefer in das weiche Fleisch ihres Halses.

„Die ... vier Elementarwaffen ... oder ... Hinweise auf deren ... Verbleib", antwortete sie langsam.

„Elementarwaffen? So wie der Dolch, in dem der Feuerelementar gefangen war, der mich ... besessen hatte?", fragte er neugierig.

„Ja, genau wie ... der Dolch, Dean."

Er sog scharf die Luft ein, als er seinen Oberkörper straffte. Geistesabwesend lockerte er den Griff etwas. Die Erinnerungen an diese Zeit waren schmerzhaft.
Aber da kam noch mehr!
Kurzzeitig durchzuckte ihn das blutige Bild einer nackten Frau, die am Boden seines Zimmers lag und verstörte ihn.
Doch bereits nach wenigen Augenblicken hatte er sich wieder unter Kontrolle und erneut fiel ihr das Luftholen schwer.
„Was sind das genau für Waffen und wofür brauchst du sie?"

„Ähm ..."
Sie hatte kaum den Mund geöffnet, als Dean noch etwas hinzufügte.
„Und lüg mich nicht an, Ok? Nicht dieses mal. Um deinetwillen!"

Oh, Dean, dachte sie. Ich habe dich und Sam schon so oft belogen. So wie ihr mich! Und außerdem ... darauf kommt es jetzt auch nicht mehr an!

„OK!", antwortete sie angestrengt und machte dabei den ehrlichsten Gesichtsausdruck, zu dem sie im Stande war. „Die vier Elementarwaffen ... ein Dolch, wie du weißt, ein Stab, ein ... Pentakel und ein Kelch."
Sie machte eine kurze Pause bevor sie fortfuhr. „Mit ihnen ... kann man ... den SHUHADAKU NURU vernichten."

Dean kniff ungläubig seine Augen zusammen.
„Den ... wen?"

„SHUHADAKU NURU. Sumerisch für: Schwert des ... Lichts!", antwortete sie ihm leise. Das Atem holen wurde immer schwieriger.

Doch in seinen Augen leuchtete keinerlei Verständnis auf. Aber er lockerte seine Finger etwas, so dass ihr das Sprechen leichter fiel.
„Schwert des Lichts? Hört sich doch gar nicht so ... schlecht an. Was ist das?"

„Nicht was? Wer?", antwortete sie. „Ein Mensch, jedenfalls ... im weitesten Sinne, der sowohl die Macht ... eines Seraphim, als auch eines Erzdämons im vollen Umfang in sich zu vereinen mag.
Ein Wesen, welches ... mächtiger werden kann, als alles ... was ihr je gesehen habt!

„Dämonische und himmlische Kräfte in einem Körper? Das funktioniert nicht!", schleuderte er ihr entgegen. „DU LÜGST!" Sofort schlossen sich seine Finger wieder fester.
Drückten ihr fast Augenblick die Luft komplett ab.

„Nein, Dean. Es ist ... die Wahrheit!", krächzte sie angestrengt. „Bitte, lass ... es mich ... erklären." Ihre Augen flehten ihn stumm an.
Doch sie sah nur Kälte in den beiden Smaragden.
Kälte und ein gefährliches Funkeln.
Fast hätte sie nicht mehr daran geglaubt, doch nach einer gefühlten Ewigkeit lockerte er erneut seinen Griff.

Warum bin ich so schwach?
Valerie hustete und schluckte schwer, bevor sie antworten konnte.
„Es ... ist ... möglich. Wenn auch nicht ... auf natürliche Weise. Diese Kreatur ... wurde absichtlich und künstlich erschaffen", erklärte Valerie vorsichtig.
Zu viel durfte sie nicht preisgeben.

Man sah förmlich, dass Dean ein beunruhigender Gedanke durchzuckte.
„Zu welchem Zweck wurde er erschaffen?"

„Das wird dir nicht gefallen, Dean." Sie biss sich auf die Lippen. „Und Sam auch nicht."

Dean ahnte bereits worauf sie anspielte. Aber er musste sicher gehen.
„Warum?"

„Er wurde nur zu einem Zweck erschaffen. Luzifer zu dienen, sobald er erweckt würde. Und er wurde erweckt und hat nun seinen Auftrag erhalten."
Sie sah tief in Dean's Augen. Versuchte zu erkennen, ob er ihr glaubte oder ob sein Misstrauen ihr gegenüber ungebrochen war. Doch er ließ nicht zu, dass sie ihn erforschte.

Sein Blick war kalt und emotionslos, als er weiter bohrte.
„Welchen Auftrag?"

„Luzifer's Gefängnis ausfindig zu machen und ihn ... zu befreien, so dass er wieder auf Erden wandeln kann!"

„BULLSHIT!", keuchte Dean laut auf.
„Ich gebe dir noch eine Chance, bevor ich die Wahrheit aus dir rausquetsche, Süße!", fauchte Dean sie an und zog dabei ihr Gesicht bis auf wenige Zentimeter an seines heran.
„Also: Was hast du gesucht?"

Valerie versuchte wieder zu schlucken, doch seine Finger um ihren Hals verhinderten es. Sie schaffte es kaum noch Luft in ihre Lungen zu saugen.

„Das habe ich ... dir .... gesagt, Dean!", ächzte sie und sah dabei ihrem Peiniger direkt in die Augen.

Doch der schüttelte nur den Kopf.
„Du Lügst immer noch!", hauchte er ihr süß ins Ohr und drückte noch stärker zu.

Valerie wankte, aber sie wehrte sich nicht. Sie legte nur ihre rechte Hand um die Dean's.
Sie hielt seinem forschendem Blick stand und erschauderte, als sie sein schmallippiges, sadistisches Grinsen sah.

„Es ... ist ... die Wahrheit!", erwiderte sie leise.

Er drückte ihre Kehle noch fester zusammen.
„LÜGE!"

Sein Bild vor ihren Augen begann zu verschwimmen.
„Nein ... Wahrheit ...", ihre Stimme war kaum noch vernehmbar.
Sie selbst wusste nicht einmal mehr, ob sie noch laut genug sprach, denn das Rauschen in ihren Ohren wurde immer lauter. Aber sie sah ihm immer noch direkt in die Augen.

Diese wundervollen grünen Augen.

Grüne Winchester Augen, in denen sich jetzt eine düstere Erinnerung spiegelte.

Kurz bevor sich alles um sie herum in ewige Dunkelheit verwandelte, lockerte Dean seinen Griff unvermittelt.
Er ließ sie los.
Kaum noch bei Bewusstsein gaben ihre Beine unter ihr nach.
Sie drohte auf dem harten Boden aufzuschlagen.
Doch zwei kräftige Arme verhinderten es.
Sie wurde empor gehoben und sanft auf das Bett abgesetzt. Halb liegend, halb sitzend hielt er sie fest.

„Es tut mir so... Leid, Val", hörte sie Dean zwischen ihren Hustenattacken immer wieder flüstern.
Dabei strich er sanft über ihre Wange und wiegte sie zärtlich, fast verzweifelt in seinen Armen, als sei sie eine zerbrechliche Puppe.
„Es tut mir so Leid! Ich weiß nicht ... was mit mir los ist! Ich ... es fällt mir immer schwerer mich ... zu beherrschen, wenn ... du in meiner Nähe bist", gestand er mit erstickter Stimme, während
sie ihn noch einige Male mit ihrem Husten unterbrach.
Doch er blickte sie nur traurig an und drückte ihr einen zärtlichen Kuss auf die kalte Stirn.
Einen Kuss, der sich beinah mit salzigen Tränen vermischte.
„Bitte ...bitte verzeih mir!", flehte er und hielt sie dabei immer noch in seinen Armen.

Nach einigen Minuten, die ihr wie Stunden erschienen, normalisierte sich ihr Zustand wieder und sie konnte frei Atmen.

Auch Dean bemerkte es erleichtert und entließ sie aus seiner besorgten Umarmung, hielt aber weiterhin liebevoll ihre Hand, als sie sich vollständig aufsetzte.

Der ältere Winchester sah ihr tief in die Augen, bat sie erneut stumm um Vergebung und sie gewährte sie ihm ebenso wortlos.
Er atmete erleichtert auf und erlaubte sich ein scheues Lächeln.

„Ich weiß jetzt, dass du die Wahrheit gesagt hast. Entschuldige, dass ich es erst so spät erkannt habe", gab er reumütig zu und küsste sie ein weiteres Mal auf die Stirn, während seine Hände zärtlich und nur ganz leicht ihre Wangen streiften.

Weinige Augenblicke später wechselte er das Thema.
Sehr zur Erleichterung beider.
„Sam hat auch schon etwas zu diesem Wesen, diesem Diener der Finsternis, gefunden. Und das ist ebenso ... wenig ermutigend!
Wir sollten, nein wie MÜSSEN ihn gemeinsam bekämpfen. Nur so sind wir stark genug!"

Valerie musterte den Älteren der Winchester Brüder eindringlich, konnte aber diesmal nur ehrliche Besorgnis in seinen Augen erkennen.
Diese unnatürliche Mordlust, die sie vorhin noch darin erkannt hatte, war verschwunden.

Es hat sich also doch gelohnt, dachte sie triumphierend.

Dean aber antwortete sie:
„Ja, das werden wir!
Das werden wir, Dean!"

SeelenQual - Dark Heroes Rising || Supernatural FanFiktionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt