5 - Verräterisches Herz

78 3 0
                                    

Sam lag in seinem Bett im Bunker und starrte an die Decke.
Er war immer noch vollkommen erschöpft von der Extraktion der von Gadreel verbliebenen Gnade.
Obwohl das schon einige Tage her war.
Nach langer Suche hatte Cas in den Unterlagen der Männer der Schriften endlich einen Hinweise gefunden gehabt, wie sie vielleicht den flüchtigen Engel finden könnten.
Notwendig dafür war der Rest Gnade dieses Engels, der offensichtlich in Sam zurück geblieben war.
Mit Grauen erinnerte er sich an die schmerzhafte Prozedur, die Castiel durchgeführt hatte.
Fast hätte er es abgebrochen, weil die Chance Sam dabei zu töten doch größer war, als sie Anfangs gedacht hatten.
Aber er hatte den Engel förmlich gezwungen weiter zu machen.
Es hätte ihn wirklich beinahe das Leben gekostet.
Umso enttäuschender war es mit anzusehen, wie der Zauberspruch versagte, weil nicht mehr genug Gnade in ihm gewesen war.

Nun mussten sie wieder versuchen mit den üblichen Mitteln Gadreel zu finden.
Wenn Dean ihn nicht vor ihnen fand.
Er hatte schon lange nichts mehr von seinem Bruder gehört.
Kein Anruf.
Keine SMS – wenn er schon nicht mit ihm sprechen wollte.
Auch keine E-Mail.
Gar nichts.
Er fragte sich, ob es das jetzt mit dem kläglichen Rest der Winchester Familie gewesen war?
Er fühlte sich von seinem Bruder verraten.

Sollte er doch selber sehen, wie er das wieder hinbekommt, dachte er ärgerlich.
Er hat es ja schließlich auch verbockt.

Ein Klopfen riss ihn aus seiner Grübelei.
„Komm ruhig rein, Cas! Du brauchst nicht zu klopfen. Außer uns ist doch eh keiner hier."
Sam richtete sich auf, so dass er auf dem Bett saß, als Castiel vorsichtig die Tür öffnete.

„Nun, ich dachte es wäre ... angebracht", antwortete der Engel etwas verlegen, trat aber dennoch ohne zu zögern ein.
Unweit der Tür blieb er stehen.
„Wie geht es dir, Sam?"

Der jüngere Winchester überlegte kurz, hörte in sich hinein, bevor er antwortete.
„Man könnte sagen: den Umständen entsprechend."

Cas zog skeptisch die Augenbrauen zusammen. Als würde er ihm nicht glauben.

„Nein, Cas. Es geht schon wieder."
Wie um seine Worte nicht lügen zustrafen stand Sam vom Bett auf und ging auf den Engel zu. „Wirklich!"
Dabei legte er ihm eine Hand auf die Schulter und wollte eigentlich sein Zimmer verlassen, um sich in der Küche einen Kaffee zu machen.
Er musste unbedingt weiter nach Gadreel suchen. Und ohne Kaffee konnte er kaum noch die Augen offen halten.

Aber Castiel hielt ihn zurück.

Sam sah den Engel fragend an.

„Sam, ich meinte nicht nur körperlich ..."

„Was willst du jetzt von mir hören, Cas?"
Augenscheinlich verstand er nicht, dass dies eine rein rethorische Frage seitens seines Gegenübers war, denn er wollte bereits darauf antworten, als Sam gereizt fortfuhr.
„Dass Dean ein Mistkerl ist, weil er mich die Tore der Hölle nicht hat schließen lassen? Dass er mich betrogen hat, damit dieser Engel mich besetzen konnte?
Dass Dean und ich fertig miteinander sind? Ich meine ... du warst doch in jener Nacht auf der Brücke dabei, oder?"

„Sam, ich meinte diese junge Frau mit den hellroten Haaren, die ich während der ... Prozedur in deinem Geist gesehen habe", antwortete Castiel.

Plötzlich war Sam wieder ganz ruhig.
Schmerzhaft stiegen die Erinnerungen an sie wieder in ihm auf.
Valerie!
Er hatte lange Zeit nicht an sie gedacht und jetzt wurde ihr Bild innerhalb weniger Wochen bereits ein zweites mal heraufbeschworen.
Er konnte ihren letzten Blick zurück, direkt in seine Augen, einfach nicht vergessen. Diese Augen hatten sich förmlich in sein Gedächtnis gebrannt.
Er, Dean und die Kinder waren in Sicherheit gewesen in dem alten Gebäude, als sie entschieden hatte, sich für sie alle zu opfern.
Sich an diesen Dämon mit seinem Gefolge auszuliefern, um ihnen so einen sichern Abzug zu erkaufen.
Doch dann war alles noch schlimmer gekommen.
Viel schlimmer!
Eine gewaltige Explosion hatte alles und jeden auf dem Vorplatz des Gebäudes vernichtet. Alle Dämonen und auch Valerie. Sie hatten nichts mehr von ihr gefunden.
Obwohl Dean bis zu letzt verzweifelt gesucht hatte.

Erst einige Wochen später hatte Sam erfahren, dass sein Bruder sie geliebt hatte. Es hatte ihn wie einen Faustschlag in den Magen getroffen.
Noch nie hatten sich die beiden Brüder zur selben Zeit in die selbe Frau verliebt gehabt.
Sam schüttelte den Kopf, als eine einsame Träne versuchte sich ihren Weg aus seinem Auge zu bahnen.

Aber das war jetzt alles vorbei!

„Das tut jetzt nichts mehr zur Sache. Sie ist tot, Cas!"

„Sie war etwas ... besonderes, nicht wahr?"

Sam nickte nur stumm und verließ den Raum, ohne ein weiteres Wort an den Engel.
Der jüngere der beiden Brüder wusste nicht, dass Castiel damit auch noch etwas anderes meinte, als nur ihre Beziehung zu Sam und Dean.

Das Bild, welches den Engel vor einigen Tagen aus Sam's Geist heraus förmlich angesprungen hatte, ließ ihn nicht wieder los.
Es war das selbe, das er schon vor einigen Jahren einmal gesehen hatte.
Seit dieser Zeit drängte ihn eine innere Stimme mehr über diese Frau zu erfahren.
Und für einen kurzen Augenblick hatte er damals tatsächlich ihren Aufenthaltsort ausfindig machen können.
Es war wie ein Schattenbild, welches kaum wahrgenommen sich bereits auch schon wieder verflüchtigte.
Als er allerdings an dem Ort eingetroffen war, war sie bereits verschwunden gewesen.
Nun flackerten nur noch Bruchstückhaft einzelne Bilder auf.
Doch nichts, das ihm wirklich helfen konnte sie zu finden.
Von Sam würde er über sie nichts mehr erfahren, das wusste er. Aber ihm standen noch andere Wege offen.
Im Moment zwar gerade nicht so viele wie üblich, doch es sollte immer noch möglich sein mehr über diese Valerie in Erfahrung zu bringen.
Er spürte sich auf eine eigenartige Weise mit ihr verbunden und wollte wissen warum.
Diese Verbundenheit nährte in ihm auch die Überzeugung, dass sie eben nicht Tod war.
Allerdings wollte er erst sicher sein, bevor er es Sam anvertraute.

SeelenQual - Dark Heroes Rising || Supernatural FanFiktionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt