51 - Offenbarungen

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ACHTUNG: Musik 
Bitte das Lied während des Lesens laufen lassen (wenn's geht).

Ist gut für die Atmosphäre.
;-)


LG
Eure Jane

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Rupert saß bereits seit vielen Stunden an einem der Schreibtische im zentralen Arbeitszimmer. Vor sich ein einzelnes Blatt und eine ansehnliche Ansammlung alter Bücher und Folianten.
Eine Flasche Whiskey und ein dreckiges, leeres Glas stand ebenfalls irgendwo in dem Durcheinander auf dem Tisch und leisteten einem ebenfalls leeren Teller Gesellschaft.
Das kleine, alte Radio auf dem benachbarten Schreibtisch hatte er schon lange leise gestellt. Manchmal half ihm laute Musik beim Nachdenken.
Manchmal aber auch nicht.
Heute war so eine Nacht, in der es ohne besser ging.
Das Radio war im Moment nur dazu da, die erdrückende Stille zu vertreiben und dudelte nur ganz leise, fast unhörbar im Hintergrund.
Der Bunker war ruhiger und leerer, jetzt wo die beiden Brüder fort waren und Valerie nicht mehr in seine Nähe kommen konnte.
Es freute ihn, dass Dean endlich seinen Bruder hatte überzeugen können ihr nicht gänzlich zu vertrauen. Es war ein hartes Stück Arbeit gewesen den älteren Winchester für sich einzunehmen, aber das Kains-Mal hatte ihm dabei in die Karten gespielt.
Bei seinen umfassenden magischen Studien war er auch auf Schriften gestoßen, die das Mal erwähnten. Es war nicht viel gewesen, aber es reichte um die Auswirkungen auf seinen Träger zu kennen und diese für seine Zwecke zu nutzen.
Ein Wort hier, ein Hinweis dort, ein klein wenig Magie und Deans natürliches Misstrauen wuchs, bis es groß genug war, um ihn um Hilfe zu bitten.
Das die zusätzlich von ihm angewendete Magie den älteren Winchester immer häufiger in ein wahres Gefühlschaos stürzte und ihn manchmal wie eine gespaltene Persönlichkeit von einem Extrem zum anderen schleuderte war ihm egal. Er hätte es zwar lieber gesehen, wenn er sich ihr endgültig hier und jetzt entledigt hätte, aber das würde noch kommen.
Spätestens dann, wenn Dean vollkommen unter die Macht des Mals gefallen war und keine der menschlichen Regungen, die ihn jetzt noch behinderten, mehr in nennenswerter Ausprägung vorhanden waren.

Falls die Barriere sie nicht bei einem leichtsinnigen Versuch sie zu überwinden – er hatte sein ganzes Wissen und Können in diesen Zauber gelegt und die Barriere mit einigem Überraschungen gespickt - erledigte, musste er also nur so bei Dean weiter machen, sobald die beiden Brüder wieder zurück waren und auf Zeit spielen. Bis dahin würde er hoffentlich auch mit der Übersetzung dieser Zeilen fertig sein.
Er seufzte hingebungsvoll.

Protoelamisch!
Shit! , dachte er mürrisch
Fuck!
Dann grinste Rupert plötzlich.
Shit-Fuck!
Na, ein paar Kisten habe ich ja noch vor mir.

Er erhob sich halb von seinem Stuhl und zog einen der noch verschlossenen Kartons aus dem Archiv zu sich heran, die Dean und Sam ihm zur Verfügung gestellt hatten.
Dieser eine schien besonders alt zu sein. Die Beschriftung darauf war nur noch zu erahnen, genauso wie die ursprüngliche Farbe.
Vor ewigen Zeiten musste er einmal hellgrau gewesen sein, denn als Rupert die dicken Kordeln vom Deckel löste und damit Jahrzehnte alten Staub aufwirbelte, kam darunter diese Farbe zum Vorschein.
Das Muster der Schnüre und der hellere Rand bildeten einen starken Kontrast zum Rest der Kiste, die sich über die Jahre dunkelbraun verfärbt hatte.
Bedächtig lehnte er den Deckel nun am Boden ans Tischbein und griff neugierig in die Kiste.
Zu seiner Überraschung ertastete er keinen Buchrücken oder den Ledereinband eines alten Folianten. Nein diesmal war es Pergament, das unter seinen tastenden Fingern raschelte.
Vorsichtig zog er den Gegenstand aus seinem dunklen Versteck und staunte nicht schlecht, als er darin eine Schriftrolle ähnlich denen, die man in Qumran gefunden hatte erkannte.

Volltreffer!

Voller Ehrfurcht entfaltete er das uralte, Pergament. Es knisterte dabei, als wollte es auf der Stelle in tausend Teile zerbrechen und zu Staub zerfallen.
Doch es blieb heil.
Bereits auf den ersten, flüchtigen Blick erkannte er, dass dort genau das stand, was er gesucht hatte.
Es war so etwas wie der Stein von Rosetta, nur für Protoelamisch. Ein und der selbe Text in drei verschiedenen Sprachen.
Eine davon war das bereits gut erforschte Sumerisch, ein Textabschnitt war in Mittelelamisch und der dritte in dem gesuchten alten Dialekt des Protoelamisch.

Dann wollen wir mal, dachte er.
Dabei verschränkte er die Finger seiner Hände, drückte sie nach vorn und ließ sie so knacken.
Hoch konzentriert machte er sich an die Arbeit, die wenigen handschriftlichen Zeilen auf dem Blatt endgültig zu entziffern.

* * *


Wie viel Zeit vergangen war, als er endlich den Stift weglegte und stolz die wenigen verständlichen Zeilen auf dem Papier betrachtete, wusste er nicht.
Es war ihm auch egal, denn er hatte es geschafft.
Er hatte wirklich die Schrift übersetzt!
Protoelamisch war nun nicht mehr länger ein Geheimnis.

Damit werde ich die sprachwissenschaftliche und archäologische Gelehrtenwelt auf den Kopf stellen. Die magische Welt wird mir ebenso zu Dank verpflichtet sein ... und ein paar Doller sind bestimmt auch noch drin, realisierte er glücklich.

Ob diese Worte den beiden Brüdern wirklich helfen würden, wusste er nicht. Aber er wusste, was er für Dean daraus machen würde.
Dieser Text würde der Schlussstein zu Valerie's Ende werden.
Zufrieden lehnte er sich im Stuhl zurück und schloss für einen Moment die Augen.


Der leise Klang einer Gitarre schreckte ihn auf. 

Warum ist denn das verdammte Radio plötzlich so laut?

Schon wollte er aufstehen, doch er überlegte es sich anders.
Er war erschöpft und das Lied gefiel ihm aus irgendeinem Grund.
Also ließ er sich wieder in den Stuhl zurückfallen und hörte einfach nur zu.

Er lauschte lange der einprägsamen weiblichen Stimme, die von Regen und den eigenen Dämonen sang.

So lange, bis das Lied wieder immer leiser und leiser wurde.
Irgendwann vernahm er es kaum noch.
Nun war er drauf und dran aufzustehen. Diesmal jedoch, um das Radio wieder lauter zu drehen. Doch er überlegte es sich anders.

Ok, dachte er.
Ich prüfe lieber meine Übersetzung besser noch mal, bevor ich ins Bett gehe. Ob ich mich morgen nämlich noch an alles erinnere ...
Außerdem muss ich ja auch noch auf den Anruf warten.

Er beugte sich wieder über das Blatt Papier und begann langsam halblaut vorzulesen: "Ich ... wate ... in ... einem ... Meer ... aus ... Blut ... und ... entfache", er studierte nochmals seine Anmerkungen und nickte dann.

„Stimmt so weit. Also weiter", murmelte er leise zu sich.
Wieder begann er langsam zu lesen. Wort für Wort: „ und ... entfache..."

In diesem Augenblick fuhr eine ihm wohl bekannte weibliche Stimme für ihn fort. „DIE. EISIGEN. FLAMMEN ... DER. HÖLLE."
Sie drang aus dem Korridor, der zu dem Trakt führte, in dem Valerie weg gesperrt war.
Die Stimme betone jedes Wort als sei es der Schlüssel zu einem mächtigen Zauber und sie kam immer näher.

Wie gebannt starrte er auf den Durchgang. Nun hörte er auch Schritte sich unablässig nähern.
„ICH ... BIN ..." Die Stimme wurde mit jedem Wort lauter.
„ ... DAS ... CHAOS."

Gleich würde er Gewissheit haben. Doch seine Befürchtung konnte eigentlich gar nicht wahr werden, denn es war unmöglich.

Sie konnte den Zauber nicht gebrochen haben. Unmöglich!
Oder doch?
Wer sollte es sonst sein?


Angst machte sich in ihm breit.
Ließ ihn erzittern und sich die Sekunden des Wartens zu qualvollen Stunden ausdehnen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit erblickte er zwar nur zwei schwarze Stiefel, aber ihm wurde sofort klar, wer ihm gleich Gesellschaft leisten würde.
Er schluckte schwer.

Langsam und jeden Schritt genießend, glitt sie elegant wie eine Wildkatze die wenigen Stufen empor zum Studierzimmer, bis sie vor dem Schreibtisch stand, an dem Rupert saß und sie fassungslos musterte.
Die hagere Gestalt war vollkommen in schwarz gekleidet und blickte kalt auf den ängstlichen Mann hinab.

„Valerie!", stammelte er verstört.

„ICH BIN ... DER SCHMERZ ... ICH ... BIN ... DIE ... VERDAMMNIS!", beendete sie die übersetzten Zeilen korrekt für ihn.

Entsetzt starrte er die Frau an, die sich vor dem Tisch wie ein Racheengel aufgebaut hatte.

„Wie bist du hindurch gekommen? Woher ... kennst du das?".
Seine Stimme zitterte ängstlich. Seine Gedanken überschlugen sich und er wollte er alles auf einmal wissen.
„Wer BIST du?"

Sie hingegen lächelte ihn nur mitleidig an.
„Dein Barriere-Zauber, der war wirklich nicht schlecht, Rupert. Aber am Ende konnte er mich nicht aufhalten", erklärte sie und wirkte dabei so unverschämt überlegen, obwohl sie der Gegenzauber, der es ihr ermöglicht hatte unbeschadet durch den Schleier zu treten, viel Kraft gekostet hatte.

„Oh und diese Worte, Rupert, ... die begleiten mich schon eine ganze Weile", antwortete sie ihm ruhig.
Ihr eisiger Blick jagte ihm einen Schauer nach dem Anderen über den Rücken.
„Sie haben sich geradezu in meinen Geist gebrannt."

Ihr Blick wanderte an dem Mann vor ihr vorbei.
Hin in die weite Ferne der Vergangenheit.
„Seit meiner Geburt werde ich sie nicht mehr los, denn ... sie gehören zu mir!"

SeelenQual - Dark Heroes Rising || Supernatural FanFiktionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt