34 - Turn To Stone

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Sam und Valerie hatten sich gerade vom Tisch in der hintersten Ecke des Diners erhoben, als sie durch die Fenster, an denen sie vorbei gingen, die Ankunft weiterer „Gäste" registrierten.
Weitere zehn Motorräder waren eben vom Highway auf den gut gefüllten Platz vor dem Gebäude abgebogen. Es waren ebenfalls vollverkleidete Sportmotorräder und sie gesellten sich lautstark zu den anderen Maschinen.

Kaum war das ungleiche Paar durch die Tür getreten, umfing sie, außer der immer noch warmen Nachtluft mit den typischen Geräuschen eines nächtlichen Highways auch einzelne Wortfetzen und der Duft nach warmen Motoren.

Sam erfasste die Situation mit einem Blick.
Die Meute hatte es auf ein exotisch aussehendes, schwarzes Motorrad abgesehen, das sie umringt hatten. Es war Valerie's Norton, der einige der Kerle sehr nah gekommen waren.
Und die junge Frau an seiner Seite schien nicht begeistert davon zu sein.
Ein flüchtiger Blick in ihr zu Stein gewordenes Gesicht zeigte es Sam sehr deutlich.

Es reicht wohl nicht, dass sie mich absichtlich zu geparkt haben und sich über mein Baby lustig machen. Wenn einer von denen sie auch nur mit einem seiner Drecks-Finger berührt, wird er es bereuen!

Sam legte ihre eine Hand auf die Schulter.
„Fahr mit mir, wenn du willst. Wir können dein Motorrad auch morgen holen."

Entgeistert sah sie zu ihm auf.
„Glaubst du ich komme mit denen nicht klar?"

Sam schüttelte den Kopf als er antwortete.
„Das habe ich nicht gemeint!"

„Ich ... ich werde MIT meinen Motorrad fahren oder gar nicht! Ich krieg' das schon allein hin."

Doch Sam's skeptischer Blick verschwand nicht.

„Ich mach schon keinen Ärger. VERSPROCHEN!", erklärte sie.

Manchmal ist sie Dean so ähnlich.
„Also gut. Ich warte im Wagen", entgegnete Sam widerwillig .
Sie hatte seine Zweifel zwar nicht annähernd beseitigt, aber er wollte es mit seiner Fürsorge auch nicht übertreiben.

Kurz bevor er sich ihre Wege trennten hörte er noch ein leises:
„Ich weiß sehr wohl, dass auch Worte effektive Waffen sein können, Sam"
und sah sich zu ihr um.
Valerie begleitete diese Worte mit einem Augenzwinkern und einem angedeuteten Lächeln.
Danach drehte sie sich um und machte sich auf den direkten Weg zu ihrem Motorrad und dessen „Bewunderern".

Ich sag's ja.
Wie Dean.

Was Sam nicht mehr sah, war, dass sich ihr kleines, verschmitztes Lächeln innerhalb eines Wimpernschlages in ein boshaftes Grinsen verwandelte.

Ja, Worte haben Macht!, dachte sie grimmig.
Und ihr Idioten werdet es gleich am eigenen Leib zu spüren bekommen.

Betont lässig schritt sie auf ihr Motorrad zu und erweckte somit wenige Meter vor ihrem Ziel die Aufmerksamkeit eines der zehn Biker, die noch immer um das Meisterwerk der 70er Jahre versammelt standen.
Dieser Eine stieß mit dem Ellbogen seinen Nachbarn an und flüsterte ihm etwas zu.
Binnen weniger Augenblicke waren die Augen aller auf die magere, junge Frau in schwarz gerichtet, die immer noch unverwandt auf sie zukam.
Mittlerweile hielt sie ihren Motorradschlüssel in der rechten Hand.
Sie drehte den Ring, der den Anhänger – aus schwarzem Gummi gefertigte Köpfe der Blues Brother mit der Aufschrift „We are in a mission of God" – mit dem Zündschlüssel verbannt, betont lässig um ihren Zeigefinger.

Die Biker, allesamt groß gewachsene junge Männer, ließen sie bis kurz vor ihr Motorrad kommen. Hinter ihr schloss sich der Kreis sofort wieder.
Dort an ihrem Motorrad wartete augenscheinlich der Anführer der kleinen Gruppe, ebenfalls ein großer Kerl, der es sich auf dem Sattel gemütlich gemacht hatte. Unter ihm wirkte die unverkleidete Maschine noch zerbrechlicher.

Damit verwehrten die Männer Sam, der bereits am Impala angekommen war und sich besorgt nach Valerie umgesehen hatte, den Blick auf das weitere Geschehen.

Verdammt!, dachte Sam.

Einen Moment blieb er noch unentschlossen an der Fahrertür stehen, bevor er dann doch mit einem etwas ungutem Gefühl einstieg.
Er startete den Motor, setzte den Wagen zurück und fuhr langsam an den geparkten Motorrädern vorbei.
Auch jetzt konnte er die kleine Gestalt mit den dunklen Haaren kaum länger als den Bruchteil einer Sekunde zwischen all den großen Männern ausmachen.
Er fuhr langsam bis zur Ausfahrt vor.
Dort hielt er den Impala an.
Er würde warten, bis sie auch endlich auf dem Motorrad saß und los fuhr.

Aber nicht mehr als fünf Minuten.
Dann fahre ich zurück und helfe ihr.


Das Erste, was Valerie hörte, als sie an ihrem Motorrad ankam war ein herablassendes: „Dir gehört also dieser ... Schrotthaufen, Kleine?", von dem Kerl, der sich auf ihre Maschine gesetzt hatte.
„Messerscharf kombiniert, Sherlock!" gab sie kalt zurück.
Ein hinterrücks ausgeführter, Schlag auf ihre Nieren war die Antwort auf ihre Respektlosigkeit. Einen normalen Menschen hätte diese Attacke zumindest kurzzeitig in die Knie gezwungen.
Doch sie merkte davon nichts, außer einem kurzem, unangenehmen Stechen, welches sie die Luft scharf einziehen ließ, weil es sie überrascht hatte.
Mehr Reaktion erhielten die Männer um sie herum nicht und das ließ sie verwunderte Blicke untereinander wechseln.
Der Anführer der kleinen Gruppe, ein großer, kräftiger Typ mit roten Haaren, erhob sich betont langsam von Valerie's Motorrad und trat einen Schritt auf sie zu.
Er kam ihr so nah, dass sie sein billiges Aftershave riechen konnte und musterte sie abschätzig von oben bis unten.
Angewidert schloss er seine Begutachtung ab und kam einen weiteren Schritt auf sie zu.
Er war jetzt so nah, das sie seinen Atem auf ihrem Gesicht spüren konnte als er sprach.
„An dir ist wohl alles schwarz, hä?"
Von weiter hinten rief jemand „Grufti" und alle anderen lachten hämisch.

Was für ein Kindergarten.

Sie blickte ihm mit einem aufreizenden Lächeln direkt in die Augen und bedeutete ihm mit einer Bewegung ihres Kopfes sich zu ihr herunter zu beugen.
Dann, als er mit seinem Gesicht so dicht an dem ihren war, das sie seine Hitze spüren konnte, wisperte sie ihm ins Ohr: „Willst du es selbst herausfinden, Süßer?" und öffnete dabei aufreizend die oberen Knöpfe ihres Shirts, so dass er  sowohl das große Tattoo, als auch den Ansatz ihrer Brüste bewundern konnte.
Der große Rothaarige konnte kaum glauben, was er da hörte, war aber trotzdem direkt Feuer und Flamme für dieses äußerst eindeutige Angebot.
Seine Augen weiteten sich fast sofort, sein Herz begann schneller zu schlagen und ein verräterisches Kribbeln machte sich in seiner Lendengegend breit.
Fast liebevoll berührte sie mit ihrer Hand seinen Hals und flüsterte ihm erneut etwas zu.
„Aber eins will ich dir jetzt schon verraten: an mir ist wirklich alles schwarz. Bis hinunter zu meiner ... TIEF SCHWARZEN SEELE."
Die letzten Worte drangen aus ihrem Mund, wie aus den tiefsten Tiefen der Hölle.
Der große Kerl lachte unsicher, denn er hielt es für einen Scherz oder ein perverses Spielchen.
Aber das es das nicht war, bemerkte er wenige Augenblicke später.
Dann nämlich als die kleine, schmale Hand der jungen Frau sich in pures Feuer zu verwandeln schien.
Er bekam keine Luft, der Schmerz raubte ihm die klare Sicht, seine Beine wollten ihm den Dienst versagen, als es plötzlich einfach so aufhörte.
Verwundert sah er die Kleine vor sich an.
Sie hatte die Hand von seinem Hals genommen und lächelte ihn unschuldig an.
Schweiß stand immer noch auf seiner Stirn; lief ihm in die Augen.
Unsicher trat er einen Schritt zurück.

„Schade, dass du mein Angebot nicht annehmen willst", seufzte sie mit gespielter Traurigkeit. „Aber dann kann ich ja wohl jetzt auch fahren, oder?", sagte sie und sah ihm direkt in die verängstigten Augen.

„Ähm ... äh ... natürlich kannst du", stammelte er.

Um die beiden herum erhob sich ungläubiges Gemurmel.
Doch ein Blick ihres Chefs ließ die Meisten verstummen.

„DANKE!", antwortete Valerie zuckersüß.
Sie griff zu ihrem Helm, der immer noch am Lenker hing, zog ihr Halstuch und die Handschuhe heraus und zog alles zügig an.

Währenddessen scheuchte der Rothaarige alle seine Kumpane weg, damit niemand sie am wegfahren hindern konnte.
Sie sollte unbehelligt verschwinden können.
So schnell wie möglich!
Er wollte dieses Teufelsweib nie wieder sehen.
Als sie ihre Maschine anließ und grinsend an ihm vorbei fuhr bekreuzigte er sich hektisch.

Sam, der nur den letzten Teil der „Auseinandersetzung" aus der Ferne mitbekommen hatte, verfolgte im Rückspiegel wie das schwarze Motorrad langsam näher kam.
So auf die Maschine konzentriert sah er nicht, dass der große, rothaarige Mann, der eben in Valerie's Nähe gestanden hatte, sich an den Hals fasste und urplötzlich zusammenbrach, den Mund zu einem stummen Schrei aufgerissen.

Als das Motorrad und den Impala nur noch wenige Meter trennten, gab Sam Gas und verließ den Parkplatz in Richtung Lebanon.
Die Norton folgte ihm.

Nur noch eine Stunde, Jungs.
Eine ... verdammte ... Stunde.


Ein entgegenkommendes blaues Cabrio, ein 65er Cadillac Eldorado, beschallte mit seinem Radio die ganze Umgebung, als es auf den Parkplatz einbog, den der Impala und die Norton gerade verließen.
„Turn To Stone" von Joe Walsh schwang laut durch die Nacht.



Der Pilot des Motorrades lächelte bitter.

SeelenQual - Dark Heroes Rising || Supernatural FanFiktionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt