62 - Der Himmel in meiner Hölle

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Sam erwachte durch einen liebevollen Kuss auf seine Stirn.
Verschlafen öffnete er die Augen und blickte in das geliebte, blasse Gesicht Valerie's über sich.

„Guten Morgen, Little Miss Sunshine!", neckte sie ihn gut aufgelegt.

Er blinzelte einige Male und erinnerte sich an die Geschehnisse der vergangenen Nacht. Spontan zog er sie wieder zu sich heran und drückte ihr einen leidenschaftlichen Kuss auf den Mund.

Lächelnd entwand sie sich seiner Umarmung. „Ich würde das von letzter Nacht auch nur zu gerne wiederholen. Aber ... wir haben Besuch, Sam."

Stirnrunzelnd sah er sie an.

„Mandy hat das Buch gefunden! Sie steht an der Barriere und wartet."

Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen, sprang Sam auch schon aus dem Bett, warf sich in aller Eile ein T-Shirt über, zog seine Jeans wieder an und machte sich auf den Weg.

Überglücklich drückte er Valerie, die bereits in der Tür stand an sich, vergrub sein Gesicht an ihrem Nacken.
„Du weißt du musst hier bleiben?", sagte er und küsste zärtlich die blasse Haut ihres Halses.

Valerie nickte.
„Klar. Weil wir nicht wissen, wie die Barriere reagiert, wenn ich mich zu lange oder zu oft auch nur in ihrer Nähe aufhalte."

"Und weil ich jetzt doch nicht mehr so sicher bin, was das Arschloch Rupert noch alles für Überraschungen in diese verdammte Barriere eingebaut hat!", dachte sie.

„Richtig! Aber mit dem Buch, werden wir das bald alles überstanden haben, Liebling."
Es war das Erste mal, dass er sie so nannte.
Und wieder lag dieser mitfühlende Blick in seinen Augen. Nur diesmal mischte er sich mit unbändiger, tiefer Liebe.

Es zerriss ihr fast das Herz, als er sich von ihr löste und aus der Tür verschwand.
Seit einer Ewigkeit hatte sie nicht mehr so gefühlt.

Was ist nur los mit mir?, fragte sie sich verzweifelt.
Der INU schlummert verschlossen in seiner Schatulle in meinem Rucksack und trotzdem FÜHLE ich.
So kann ich meinen Auftrag nicht zu ende bringen.
Nie könnte ich Sam etwas antun.
Selbst Dean nicht.

Wenige Minuten später hörte sie Sam durch den Korridor stürmen, während sie selbst sich aufs Bett gesetzt hatte, um nach einer Erklärung für ihre Gefühle und ihre Schwäche zu suchen und vielleicht einen Ausweg aus ihrer Situation zu finden.
Wenn sie denn überhaupt einen finden wollte.

In dem Moment, in dem er wieder in der Tür erschien, waren aber all ihre rationalen Gedanken wie weg gewischt.

„Valerie, hier ist es!" Triumphieren hielt er das dicke Buch in die Höhe.
„Ich denke es ist wirklich das Richtige!"

Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, als er sich auch schon am Schreibtisch an die Arbeit machte den Code zu knacken und damit den Zauberspruch zu entschlüsseln, der die Barriere endgültig zerstören würde.
Dann würden er, Valerie und Dean gemeinsam Mandy beschützen und den Kampf gegen Abaddon und Metatron aufnehmen.
Gemeinsam wären sie unschlagbar.
Dessen war er sich sicher.


* * *


Trotz der Hilfe des Buches brauchte Sam einige Stunden, bis er den Code entschlüsselt, die sumerischen Schriftzeichen transkribiert hatte und der fertige Spruch vor ihm auf dem Tisch lag.
Müde und ausgelaugt ließ er sich im Stuhl zurück fallen und betrachte sein Werk.
Nur wenige Sätze auf ein altes Stück Papier gekritzelt, aber so wichtig für sie.
Für sie beide.
Nein.! Für sie ALLE!

Bis eben hatte Valerie, die meiste Zeit, still in einer Ecke ihres Zimmers gesessen und in ihrem Lieblingsbuch, „Das Buch Merlin" von T.H. White gelesen.
Es war eines der wenigen privaten Sachen, die sie aus den Ruinen des Klosters hatte retten können.
Nur wenige Male hatte sie es zur Seite gelegt, um sich in den nahe gelegenen Waschraum zurück zu ziehen.
Jedes Mal war sie etwas blasser zurück gekehrt, doch Sam war zu sehr in seine Arbeit vertieft gewesen, um dies zu bemerken.

Das Knarren des Stuhls und Sam's Seufzer der Erschöpfung ließ Valerie neugierig aufsehen.
Ihr Blick begegnete dem Sam's und ohne ein Wort der Erklärung erfuhr sie daraus alles, was sie wissen musste.

Er hatte den Code geknackt.

Nicht, dass das unbedingt nötig gewesen wäre.
Oder doch? Rupert hatte sich immerhin als sehr einfallsreich erwiesen.
Wahrscheinlich hätte sie es aber wenigstens noch einmal geschafft die Barriere erfolgreich zu überschreiten, doch drauf ankommen lassen wollte sie es nicht.
Jedenfalls nicht in ihrem Zustand.
Der sich zusehends verschlechterte.
Nicht nur, dass ihre Gefühle langsam begannen einen Eigenleben zu dürfen – sie konnte sie kaum noch kontrollieren – auch ihre Verletzungen begannen sich wieder zu melden.
Zu Erst die jüngsten, die sie aus dem Kampf mit Dean davon getragen hatte. Die Schnitte, die er ihr mit dem Engelsschwert zu gefügt hatte, begannen zu erst nur erneut zu schmerzen.
Das war das Erst mal, als sie den kleinen Waschraum aufgesucht hatte.
Die komplett verheilten Wunden wurden langsam wieder sichtbar. Rote Streifen bildeten sich auf ihrer weißen Haut. Doch das allein war noch kein Grund zur Besorgnis gewesen.
Erst als sie beim dritten und letzten Besuch des Bades bemerkte, dass sich die größte Wunde an ihren Rippen wieder geöffnet und wieder begonnen hatte zu bluten, machte sie sich ernsthaft Gedanken über das, was Metatron ihr vorhergesagt hatte. Das nur noch die dämonischen Kräfte in ihr sie am Leben hielten und sie ohne diese schließlich an einer der zahlreichen, tödlichen Verletzungen ihrer bewegten Vergangenheit sterben würde.

Provisorisch hatte sie den Schnitt mit Toilettenpapier verbunden und war nachdenklich in ihr Quartier zurück gekehrt. Inständig hoffend, dass Sam bald den Zauberspruch enträtselte und die Barriere fallen würde.
Denn wahrscheinlich war es doch die Magie der Barriere, die ihr zuschaffen machte.
Der INU konnte es immerhin nicht sein.

Und jetzt war es endlich soweit. Die Barriere würde fallen.
Erleichtert stand sie vom Boden auf und ging auf ihren Sam zu.
Langsam, denn sie wollte unter allen Umständen vermeiden, dass der Verband verrutschte.
Doch Sam war bereits aufgesprungen, auf sie zu gestürmt und hatte sie in seine Arme gezogen.
Vor Schmerz verzog sie das Gesicht, als er sie fest an sich drückte.

„Ich hab's, Liebling. Ich hab's", seufzte er erlöst.
„Ich mach mich gleich an die Arbeit. Lange kann es nicht dauern. Ich hole dich sobald es geschafft ist" , sagte er, küsste sie flüchtig auf die Stirn und verschwand mit dem Zettel in der Hand erneut aus dem Raum.

Valerie sah ihm hinterher, presste ihre rechte Hand auf die nun immer stärker blutende Wunde in ihrer Seite.
Sie begann zu wanken, ihr Blick trübte sich und die Knie gaben unter ihr nach.
Haltlos stürzte sie in der Nähe der Tür zu Boden.

SeelenQual - Dark Heroes Rising || Supernatural FanFiktionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt