Kapitel 70

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Harry POV

Ich fuhr mit einem Taxi nach Hause. Mein ganzer Körper fühlte sich taub an, mein Kopf war leer und als ich die Tür öffnete, erschlug mich die Stille.

Langsam schlich ich ins Wohnzimmer, sackte noch in Jacke und mit Schuhen auf die Couch. Mein Blick war in die Ferne in den Garten gerichtet, während mir heiße Tränen über die Wangen liefen.

Was hatte ich nur falsch gemacht? Was genau hatte ich verbrochen, dass Louis mich nicht mehr als seinen Ehemann erkannte, als den Mann den er liebte? Selbst wenn es "nur" ein Delir war, irgendwas musste in seinem Unterbewusstsein los sein, dass sein Herz jetzt nach Jakob schrie.

Ich ließ mich zur Seite fallen, krallte mich in das große Kissen, schlug darauf ein, schrie all meine Trauer und Wut heraus, die sich aufgestaut hatten und in dem Moment wurde mir bewusst, dass auch mein Körper nachzugeben drohte. Die letzten zwei Tage hatte ich fast nichts mehr zu mir genommen. Ein wenig Wasser, wenn die Schwestern darauf bestanden hatten, aber ich hatte nichts essen können. Mir war schlecht gewesen, der Magen wie zugeschnürt. Zusehen zu müssen, wie Louis Jakobs Hand hielt...

Es war ein Geräusch, dass mich plötzlich aus der Starre holte. Ich drehte meinen Kopf langsam und sah meine Mutter neben mir stehen, die sich zu mir setzte und begann, wie früher als ich Kind war, durch meine Haare zu fahren.

"Er meint es nicht böse. Es ist eine Nachwirkung der Narkose.", betete sie mir das vor, was auch schon die Ärzte und Schwestern ständig gesagt hatten.

"Da sind Gefühle für Jakob.", sagte ich leise, schluckte, bevor ich mein Gesicht im Kissen vergrub.

"Ja, freundschaftliche Gefühle Harry. Er liebt dich und das weißt du und alle anderen auch. Er wird bald wieder zu sich kommen und dann erkennen, dass du derjenige bist, nicht Jakob.", sie kraulte mich sanft, doch auch mit ihren Worten konnte sie mich nicht beruhigen.

"Bitte lass mich allein.", bat ich, doch sie schüttelte nur den Kopf.

"Ganz bestimmt nicht. Nicht in dem Zustand. Ich gehe jetzt in die Küche und koche dir dein Lieblingsessen und dann gehst du nach oben und duscht. Du müffelst ganz schön und dann geht es für dich ins Bett. Ich passe auf dich auf.", sie strich mir noch einmal über die Schulter, bevor sie in der Küche verschwand.

Meine Mutter machte tatsächlich ernst und ich war gezwungen wenigstens ein paar Happen zu essen, danach meinen Körper von den Strapazen zu reinigen und als sie mich dann ins Bett brachte, seufzte sie mit einem traurigen Blick.

"Was müsst ihr nur alles erdulden. Wenn es einen Gott gibt, dann kann ich mich nur fragen, was er sich dabei denkt.", sagte sie, strich die Decke glatt und gab mir einen Kuss auf die Haare.

"Vermutlich war ich im Vorleben Jack the Ripper und das ist jetzt meine Strafe.", murmelte ich, eher zu mir selbst, doch sie lachte leicht.

"Nein, ich glaube eher nicht. Du kannst ja nicht mal wirklich Blut sehen.", zog sie mich auf und ich schnaubte nur.

"Schlaf jetzt. Ich bin im Gästezimmer, wenn du mich brauchst. Morgen holen wir Jamie von Lottie und dann hast du erstmal wieder eine Aufgabe, bis Louis zur Vernunft gekommen ist. Er braucht dich, Harry. Also reiß dich zusammen."

XXX

Jakob POV

Noch immer war es mir nicht möglich das Zimmer zu verlassen, wenn Louis wach war. Er zeterte umgehend los, versuchte sich die Zugänge aus den Armen zu reißen und meine Geduld war so gut wie am Ende.

One way or another - L.S. 3. Teil der HeptalogieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt