𝙳𝚞𝚜𝚔𝚠𝚘𝚘𝚍 ~ 𝚃𝚑𝚎 𝙶𝚊𝚖𝚎 𝙲𝚘𝚗𝚝𝚒𝚗𝚞𝚎𝚜

~LXVII~

Frustriert lehnte ich mich nach hinten und stieß die angestaute Luft aus. Geschlagene zwei Stunden versuchte ich schon, den Standort von unserem Mysteriösen und somit auch von Julia herauszufinden, doch bisher gab es keine Ergebnisse. Phil erwies sich bisher auch nicht als besonders hilfreich, sondern gab nur ab und zu einen dummen Kommentar über meine angeblich nicht vorhandenen Hackerkenntnisse. 

Am liebsten hätte ich ihm seine verdammte Fresse poliert, damit er wenigstens mal leise war, doch das wäre ziemlich kontraproduktiv. Ich werde ihn erst verprügeln, wenn wir Julia gerettet haben und sie wieder auf den Beinen ist. Denn nach dieser scheiß Aktion, die er da mit dem Mann ohne Gesicht abgezogen hatte, hatte er mehr als nur das verdient. 

Noch immer war ich mir unsicher, ob es eine so gute Idee war, Phil um Hilfe zu bitten. Ich traute ihm nicht wirklich. Befürchtete, dass er vielleicht immer noch mit dem Mann ohne Gesicht zusammenarbeitete und mich mit ihm hinterrücks in eine Falle locken oder einfach umbringen könnte, bevor ich Julia befreien konnte. Allerdings durfte ich nicht weiter darüber nachdenken, denn ich hatte Wichtigeres zu tun. 

"Mann, wieso dauert das so lange? Ich dachte, du wärst ein Hacker! Jeder Amateur kann das schneller als du", schnaubte Phil ungeduldig, weshalb ich mich genervt zu ihm umdrehte und genauso ansah. "Würdest du bitte deine Klappe halten und mich nicht nerven? Immerhin bist du überhaupt erst daran schuld, dass es so weit kommen konnte", rief ich ihm in Erinnerung. 

"Was kann ich denn dafür? Ich konnte doch nicht wissen, dass das passieren würde! Er hat mir versprochen, ihr nichts zu tun! Woher hätte ich denn wissen sollen, dass..." "Halt einfach deinen Mund", fuhr ich ihn an und drehte mich wieder zu meinen Computer um. Genau in diesem Moment ploppte eine neue Nachricht auf. 

Schnell klickte ich diese an und betrachtete die Markierung auf der Karte von Duskwood. Nachdem ich viele Verschlüsselungen geknackt hatte, war es endlich so weit: Wir kannten den Aufenthaltsort vom Mann ohne Gesicht. Allerdings war dies der Standort von vor 6 Stunden. Vielleicht befanden sie sich gar nicht mehr da. 

Oder er hatte uns absichtlich eine falsche Fährte gelegt. Hmm... Aber er konnte gar nicht wissen, dass Phil und ich vorübergehend zusammenarbeiteten. Oder dass ich schon längst wach wir und wir nicht mehr im Krankenhaus waren. 

Kurz nach unserer Flucht aus dem Krankenhaus hatte ich es nämlich geschafft, die Kamera, über die wir beobachtet worden waren, zu hacken, den Teil, bei dem Phil und ich uns unterhalten hatten, zu löschen und einen Videoabschnitt von ein paar Minuten vorher in Dauerschleife abzuspielen. Dadurch, dass ich mich die ganze Zeit sowieso nicht bewegt hatte und Phil auch nur auf dem Stuhl herumsaß, dürfte unser Schwindel fürs Erste nicht auffallen. 

"Phil, sieh mal", sagte ich und winkte ihn zu mir heran. Ich hörte, wie Phil hinter mich trottete, und bemerkte, wie er einen Blick über meine Schulter auf den Monitor warf. "Ist das der Ort, an dem Julia festgehalten wird?", hakte Phil nach. "Scheint so. Zumindest war das letzte Handysignal von ihm vor sechs Stunden dort", erklärte ich, Phil bemerkte sofort, dass ich unsicher war. 

"Kannst du nicht das Gerät orten, auf das die Kamera aus dem Krankenhaus die Aufzeichnungen schickt?", schlug Phil fragend vor, diese Idee war noch nicht einmal schlecht. Es würde uns definitiv Gewissheit über Julias Aufenthaltsort verschaffen. Immerhin konnten wir uns sicher sein, dass der Mann ohne Gesicht sie nicht allein gelassen hatte, da sie sonst einen Weg finden könnte, um zu fliehen. 

Andererseits war ich misstrauisch, weil der Vorschlag von Phil kam und ich nicht damit gerechnet hätte, dass er so gute Ideen haben könnte. "Hmm, einen Versuch ist es wert", murmelte ich schließlich und griff wieder über meinen Computer auf die Kamera zu. Im Normalfall war sogar ein Amateur in der Lage, das verbundene Gerät zu finden, doch wer auch immer hinter der Maske des Mannes ohne Gesicht steckte, wusste, was er tat.