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"Hi Julia, es tut mir leid, dass wir uns unter solchen Umständen wiedersehen. Aber ich glaube, es wird ganz lustig, mit dir zusammen zu wohnen", begrüßte mich Jessy lächelnd und umarmte mich fest. "Danke, dass ich bei dir unterkommen kann. Bist du dir auch wirklich sicher, dass das klargeht? Ich möchte dir nicht zur Last fallen oder so", ging ich nochmal sicher. 

Ich hasste es, auf andere Menschen angewiesen zu sein, aber solange ich noch keinen festen Arbeitsplatz hatte, ging es nicht anders. "Nein, tust du nicht. Du bist bei mir herzlich willkommen", versicherte mir Jessy. 

Nachdem ich bei der Schule kurzfristig angekündigt hatte, dass wir umziehen und ich deshalb nicht mehr kommen werde, beschloss ich, die Schule komplett hinzuschmeißen und einfach irgendetwas mit meinem Zehntklasszeugnis, welches genauso wie die mittlere Reife zählte, anzufangen. 

Mit meinem 2,4 Schnitt war ich zwar alles andere als gut, aber es lohnte sich momentan einfach nicht, hier weiterhin auf die Schule zu gehen und nebenbei auch noch zu arbeiten, damit ich mir eine eigene Wohnung leisten könnte. Zwar hatte ich schon ein wenig Geld von meinen Eltern mitgenommen, doch es würde nicht einmal für drei Monate reichen. 

"Hast du schon überlegt, wo du hier arbeiten möchtest? Ohne Ausbildung wird es nämlich doch ziemlich schwierig, hier einen Job zu finden", sprach Jessy ihre Bedenken aus, während ich meinen Koffer in ihre Wohnung schleppte. "Nein, ich hab leider noch nichts gefunden, aber ich wollte mich heute Nachmittag nochmal umschauen", antwortete ich. 

"Ich könnte auch bei meinem Bruder nachfragen, wenn du möchtest. Er würde dich sicher bei ihm arbeiten lassen", bot mir Jessy an, der Vorschlag klang echt nicht schlecht. Zumindest wäre es schon mal ein Anfang. "Danke, das ist echt nett, aber ich glaube, ich sollte Phil lieber selber fragen", überlegte ich laut und sah mich in Jessys Wohnung um. Die Wände waren in Weiß-, Gelb- und Rosétönen gehalten, ihre Möbel waren chaotisch angeordnet. Jessy war nun mal ein kleiner Wirbelwind. 

"Ähm, wo soll ich meine Sachen abstellen?", hakte ich nach. "Oh, sorry. Entweder kannst du im Wohnzimmer einziehen oder mit in mein Zimmer. Leider ist meine Wohnung nicht besonders groß, aber solange der Platz ausreicht, ist es ja okay. Also, welches Zimmer hättest du gerne?", fragte Jessy, ich entschied mich fürs Wohnzimmer. 

Ich wollte Jessy nicht zu sehr auf die Pelle rücken, außerdem war ich nach wie vor kein großer Fan von körperlicher Nähe, weshalb es für mich ausgeschlossen war, mir mit Jessy ein Bett zu teilen, egal wie gerne ich sie auch mochte. "Okay", meinte Jessy ein bisschen enttäuscht, fing sich aber wieder relativ schnell und lächelte mich an. 

"Stell deinen Koffer einfach in irgendeine Ecke und mach es dir gemütlich. Danach zeige ich dir den Rest der Wohnung, damit du hier auch alleine zurechtkommst." Gesagt, getan. Nachdem mir Jessy die ganze Wohnung gezeigt hatte, hatten wir uns Pizza bestellt. Jessy hatte darauf bestanden, sie zu bezahlen. 

Als nächstes machten wir uns spontan auf dem Weg zur Aurora, um Phil zu besuchen. Da Jessy ja nicht mehr in Duskwood wohnte, mussten wir erst eine halbe Stunde dorthin fahren, aber diese dreißig Minuten Fahrt würde ich wohl in Kauf nehmen müssen. Ich hoffte wirklich, dass ich bei Phil arbeiten könnte, auch wenn ich es etwas doof fand, mich von ihn dafür bezahlen zu lassen. 

"Hi Phil", rief Jessy durch die halbe Bar und schmiss sich in die Arme ihres Bruders, der sie sofort in eine feste Umarmung zog. Innerhalb des letzten Jahres hatte sich das Verhältnis der beiden um einiges verbessert, worüber ich ziemlich froh war. Genau so ein Verhältnis wollte doch jeder zu seinem Bruder haben. "Julia? Was machst du denn hier?", fragte Phil verblüfft, weshalb ich den Raum durchquerte und direkt vor den beiden stehen blieb. 

"Ähm hi, ich bin vorübergehend bei deiner Schwester eingezogen", erklärte ich verlegen und kratzte mich am Hinterkopf. "Oh, davon hat mir Jessy ja gar nichts erzählt", meinte Phil mit einem tadelnden Blick in Jessys Richtung. "Also, was verschlägt dich hierher?", fragte er anschließend an mich gewandt. 

𝙳𝚞𝚜𝚔𝚠𝚘𝚘𝚍 ~ 𝚃𝚑𝚎 𝙶𝚊𝚖𝚎 𝙲𝚘𝚗𝚝𝚒𝚗𝚞𝚎𝚜Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt