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Fünf Monate später:

Müde wachte ich schon früh am Morgen auf und wollte mich an Jake kuscheln, um noch eine Runde zu schlafen, aber als ich nach ihm tasten wollte, bemerkte ich, dass die andere Bettseite leer war. Verwirrt schlug ich meine Augen auf und sah sogar nochmal nach, doch Jake war wirklich nicht mehr da. Merkwürdig... 

Verschlafen hievte ich mich aus dem Bett und durchsuchte die ganze Wohnung, bis mir wieder einfiel, dass Jake mir gestern schon Bescheid gegeben hatte, dass er etwas früher zu Hannah fahren würde, um ihr bei der Vorbereitung für ihre Geburtstagsfeier helfen wollte. Ich hätte aber nicht gedacht, dass er deshalb schon um 7 Uhr zu Hannah fährt... Ja, Hannah hatte heute Geburtstag. Und wer war nicht eingeladen? Ich. 

Aber das störte mich nicht wirklich, ich hätte mich den ganzen Tag sonst sowieso nur Hannah gegenüber verstellen müssen und das wäre sehr anstrengend geworden. Natürlich war Jake traurig darüber, dass Hannah und ich uns nicht so super verstanden, aber was sollte ich denn tun? Sie hatte sich völlig inakzeptabel mir gegenüber verhalten. Und das nicht nur einmal, sondern immer und immer wieder. 

Toll. Wie sollte ich einen ganzen Tag ohne Jake aushalten? Seitdem wir einen Monat voneinander getrennt gewesen waren, hatten wir uns nur selten nicht mindestens einmal am Tag gesehen. Jede einzelne Sekunde, die wir nicht beieinander waren, war die reinste Hölle für uns, doch ich konnte Jake ja schlecht verbieten, zu dem Geburtstag seiner Schwester zu gehen. Und das wollte ich auch nicht. 

Seufzend begab ich mich ins Bad und machte mich frisch. Ich musste irgendetwas tun, um mich von Jakes Abwesenheit abzulenken. Nachdem ich geduscht hatte, föhnte ich meine Haare und schlüpfte in meine Jeans und einen schwarzen Rollkragenpullover. Bevor ich Jakes und meine Wohnung verließ, zog ich mir noch meinen Mantel über und nahm meine Autoschlüssel vom Schlüsselbrett. 

Ja, ich besaß jetzt wieder ein eigenes Auto. Nachdem ich bei Jake eingezogen war, meinte er, mir unbedingt ein Auto kaufen zu müssen, weshalb er mir einen weißen Ford geschenkt hatte. Keine Ahnung, welches Modell, ich kannte mich schließlich nicht wirklich mit Autos aus. Und es war mir auch ziemlich egal, solange das Auto fahrtauglich war. 

Jake wusste, dass ich es nicht mochte, wenn er übertrieben viel Geld für mich ausgab, und hatte deshalb extra ein günstigeres Auto gekauft. War ja nicht so, dass es immer noch viel zu teuer war, aber ich hatte mich natürlich riesig darüber gefreut. Obwohl es eigentlich wirklich nicht nötig gewesen wäre. 

Mit schnellen Schritten lief ich zu meinem Auto und setzte mich hinein. Während der ganzen Autofahrt war ich so nervös, dass ich mich kaum auf die Straße konzentrieren könnte, doch als ich endlich am Friedhof ankam, fiel die Aufregung völlig von mir ab und wurde durch Schuldgefühle ersetzt. Je näher ich den Gräbern von Jessy und Lilly kam, desto schlimmer wurde es. 

Ich hatte die beiden kein einziges Mal besucht, seitdem sie nicht mehr unter uns verweilten. Weil ich Angst vor den Gefühlen hatte, die mich jedes Mal über kamen, sobald ich auch nur an Lillys oder Jessys Tod dachte. Jessys und Lillys Gräber waren fast nebeneinander, es waren nur wenige Schritten, die sie trennten. 

Zuerst ging ich zu Lillys, ihr Grab war näher dran. Mit zitternden Beinen ging ich in die Hocke und legte einen der Blumensträuße auf ihrem Grab ab, die ich im Blumenladen gegenüber besorgt hatte. Der von Lilly beinhaltete hauptsächlich hellblaue Blumen. Ich fand, dass ihr hellblau sehr gut stand und wusste auch, dass hellblau ihre Lieblingsfarbe war.

Lilly Donfort
geb. am 03.01.2002
ges. am 05.09.2022

stand dort in den Stein eingemeißelt. Sie war gerade mal 20 geworden. 20 Jahre. Sie hätte noch ihr ganzes Leben vor sich gehabt, doch Nick, mit dem ich dasselbe Blut teilte, hatte sie einfach umgebracht. Als ob die Tatsache, dass sie wegen mir umgebracht worden war, nicht schon schlimm genug wäre, hatte es natürlich mein Halbbruder sein müssen. 

𝙳𝚞𝚜𝚔𝚠𝚘𝚘𝚍 ~ 𝚃𝚑𝚎 𝙶𝚊𝚖𝚎 𝙲𝚘𝚗𝚝𝚒𝚗𝚞𝚎𝚜Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt