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Der Einbruch war die dümmste Idee meines ganzen Lebens. Anders konnte man es nicht beschreiben. Mein Oberkörper schmerzte, meine Finger fühlten sich taub an und meine Beine konnte ich einfach gar nicht spüren. Sobald ich mich nur ein bisschen bewegte, protestierte mein kompletter Körper, selbst das Liegen tat weh. 

Dennoch kämpfte ich mich unter der Bettdecke hervor und zog mir eines von Jakes T-Shirts über, bevor ich dem Geruch von frisch geröstetem Kaffee bis in die Küche folgte, wo auch schon Jake stand. Das Laufen bereitete mir etwas Schwierigkeiten, aber ich hatte schon schlimmeres erlebt. Viel schlimmeres. 

"Morgen", begrüßte mich Jake und musterte mich besorgt. Dadurch, dass ich nur Jakes T-Shirt trug, konnte er sofort die blauen Flecken erkennen, welche meine Oberschenkel zierten. "Was hättest du gerne? Rührei, Pancakes, Apfelsaft, Kaffee, eine Schmerztablette?", fragte Jake und sah mich erwartungsvoll an. "Eine Schmerztablette, Pancakes und Kaffee, bitte", beantwortete ich seine Frage, legte meinen Kopf in den Nacken und schloss meine Augen. 

Selbst das Atmen fiel mir schwer. Es wirkte aber nicht so, als ob ich mir irgendetwas ernsthaft geprellt hätte oder so, es war also alles im grünen Bereich. "Eigentlich wollte ich dich ja mit Frühstück am Bett wecken, aber ich schätze, dafür ist es schon zu spät", gestand Jake und kratzte sich verlegen am Nacken, bevor er aufstand und zur Kaffeemaschine ging. 

Aww, wie süß! Ich meine, wer würde bitteschön zu Frühstück am Bett Nein sagen?! "Die gute Absicht zählt", versicherte ich ihm lächelnd, doch dann wurde ich wieder ernster. "Wie geht es dir?", hakte ich vorsichtig nach, weshalb er sich wieder zu mir umdrehte und mich betrachtete. "Sollte nicht eher ich dich das fragen?", stellte er eine Gegenfrage und schob mir eine Tasse Kaffee entgegen, die ich dankend annahm. 

"Das tust du doch die ganze Zeit", entgegnete ich, mir war bewusst, dass Jake meiner Frage nur auswich und mich nur ablenken wollte. Erwartungsvoll blickte ich ihn weiterhin an, bis er sich augenverdrehend wegdrehte. "Wie sollte es mir schon großartig gehen, ich meine, heute ist Lillys Beerdigung und ich werde heute meinen Vater kennenlernen", antwortete Jake schlicht, seine Stimme klang brüchig. 

Naja, er hatte auch recht. Wie sollte es ihm unter solchen Umständen auch anders gehen? "Sorry, die Frage war wohl ziemlich dumm", entschuldigte ich mich niedergeschlagen. "Das braucht dir doch nicht leid tun, du zeigst mir immerhin, dass ich das Ganze nicht alleine durchstehen muss", lächelte Jake traurig. 

"Ich weiß auch nicht, wie ich mit Lillys Tod umgehen soll", gab ich zu und sah intensiv in meine Kaffeetasse, um Jakes Reaktion auf meine Worte nicht sehen zu müssen. "Ich habe sie, als wir zuletzt gesprochen haben, angeschrien, ihr gesagt, wie scheiße ich ihre Aktion mit dem Video war. Und dass eine Entschuldigung ihre Tat nicht rückgängig machen kann. Ich war so schrecklich zu ihr, ich habe völlig überreagiert. 

Ich wollte mich für mein Verhalten unbedingt bei ihr entschuldigen, deshalb war mir auch überhaupt erst aufgefallen, dass Lilly gar nicht mehr zurück zum Essen gekommen ist. Wenn ich mich nicht mit ihr zerstritten hätte und ich nicht so verdammt wütend auf sie gewesen wäre, wäre mir ihr Fehlen vielleicht schon eher aufgefallen und ich hätte sie retten können", schniefte ich und wischte mir schnell die einzelne Träne, die sich ihren Weg über meine Wange gesucht hatte, mit zitternder Hand weg. 

"Nein Julia, behaupte sowas nicht. Du hättest nichts anders machen können. Ich habe mich nicht einmal mit Lilly gestritten und habe trotzdem nicht bemerkt, dass sie gar nicht zurückgekommen ist. Hannah genauso wenig. Dich trifft keine Schuld. Und natürlich ist es nicht schön, dass ihr euch zuletzt gestritten habt, aber ich bin mir sicher, dass Lilly deine Entschuldigung angenommen und dir verziehen hätte", sagte Jake eindringlich. 

Wie gerne ich seinen Worten Glauben schenken würde. Aber er sagte das wahrscheinlich nur, damit ich mich nicht so schlecht fühlte. Oh Mann, er tröstete mich, obwohl ich diejenige sein müsste, die ihn tröstete. "Danke", flüsterte ich, denn seine Worte hatten mir doch etwas geholfen. Auch, wenn ich sie nicht glaubte. 

𝙳𝚞𝚜𝚔𝚠𝚘𝚘𝚍 ~ 𝚃𝚑𝚎 𝙶𝚊𝚖𝚎 𝙲𝚘𝚗𝚝𝚒𝚗𝚞𝚎𝚜Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt