~LIX~

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Endlich hatte ich eine Spur. Eine sehr vielversprechende. Bisher war es mir zwar noch nicht gelungen, die Identität der Person hinter dem Username zu finden, doch ich war auf dem besten Weg, es zu schaffen. Und dann wäre es nur noch eine Frage der Zeit, bis ich weitere Informationen wie den Wohnort oder die Handynummer des Täters herausfinden würde.

Somit auch seinen aktuellen Standort. Die Beweise, welche ich hinsichtlich der Morde gefunden hatte, würden jetzt schon ausreichen, um diesen Mistkerl lebenslang im Gefängnis verrotten zu lassen, aber ich wusste nicht, ob ich das überhaupt wollte.

Er hatte schlimmeres als einen Aufenthalt im Gefängnis verdient. Viel schlimmeres. Dieser Psychopath hatte nicht nur drei Menschen umgebracht, nein, er hatte sogar Michael Hanson dazu angestiftet, Hannah zu entführen und Richy umzubringen, Julias Mutter mit seinen Taten in den Tod getrieben und Julia selbst beinahe auch.

Er war in dieser Hinsicht skrupellos und würde alles tun, um sein Ziel zu erreichen. Doch was war sein Ziel? Was hatte er nur geplant? Er wollte Julia leiden lassen, das war klar, aber weshalb? Für was? Laut meinem Wissenstand hatte Julia nie etwas richtig Schlimmes getan, hatte noch nicht einmal irgendwann etwas gestohlen oder war auch nie irgendwo eingebrochen.

Naja, der letzte Teil stimmte jetzt nicht mehr, aber der Grund müsste ja vor Hannahs Entführung gewesen sein. Und vor Hannahs Entführung hatte Julia nichts Illegales getan. Hatte auch keine Feinde oder so. Soweit ich das beurteilen konnte, war Hannah momentan sogar diejenige, welche Julia am wenigstens leiden konnte. Abgesehen von demjenigen, der hinter allem steckte, natürlich.

Das Klingeln meines Handys riss mich aus meinen Gedanken, weshalb ich auf das Display sah. Eingehender Anruf von Hannah. Wenn man vom Teufel spricht... Da ich aber beschlossen hatte, so zu tun, als ob sie mich niemals geküsst hätte, nahm ich den Anruf an und hörte zunächst nur Schluchzen.

"Hannah?", fragte ich deshalb besorgt. "H-H-Hey J-Jake", schluchzte Hannah stotternd. "Es... K-Kann ich z-zu d-d-dir k-kommen? B-Bitte? Ich m-möchte g-g-ger-rad-e n-nicht all-leine s-sein", flehte sie. "Wo bist du?", fragte ich, da ich meine Schwester in so einem Zustand unmöglich mitten in der Nacht alleine lassen konnte. "V-vor deinem Haus", weinte sie, weshalb ich kurzerhand auflegte und zur Haustür stürmte.

"Hey, was ist denn passiert?", fragte ich mitfühlend, Hannah warf sich mir sofort in die Arme. "Ich... Jessy ist heute Nacht im Krankenhaus gestorben und dann hat Thomas auch noch mit mir Schluss gemacht", wisperte sie und wischte sich mit zitternden Händen über ihre nassen Wangen. Jessy war tot? Was war nur geschehen? Darüber, dass Thomas Schluss gemacht hatte, wunderte ich mich ehrlich gesagt gar nicht. Ich hätte es an seiner Stelle wahrscheinlich auch nicht anders gemacht.

"Das tut mir leid. Lass uns erst einmal reingehen", sagte ich und führte Hannah in mein Haus. Schnell kochte ich grünen Tee, da ich wusste, dass Hannahs Mutter diesen immer für sie gekocht hatte, wenn sie etwas damals bedrückt hatte. Nachdem ich mir selbst noch einen Kaffee machte, kam ich mit beiden Tassen ins Wohnzimmer, in dem es sich Hannah schon auf der Couch bequem gemacht hatte. Dankend nahm sie die Tasse Tee entgegen und schlürfte gedankenverloren ein paar Schlucke.

"Erzähl mir alles, was du über Jessys Tod weißt", forderte ich sie auf. Auch wenn es ziemlich unfreundlich war, nicht auf Hannahs Liebeskummer einzugehen. Aber der Tod von Jessica hatte für mich Priorität. Vor allem, wenn ich noch nicht wusste, ob es ein natürlicher Tod oder ein Unfall oder sogar Mord gewesen war. Wenn eine auch so kleine Möglichkeit bestand, dass Jessica von derselben Person wie Lilly umgebracht wurde.

"Ähm, okay. Julia und Phil haben sie heute Nacht anscheinend in einer verlassenen Lagerhalle gefunden. Alles soll voller Blut gewesen sein. Wie Jessy dort hingekommen ist, haben die beiden uns nicht gesagt und auch nicht, was sie überhaupt da taten oder wie sie Jessy dort gefunden hatten. Auf jeden Fall soll Jessy viel zu viele innere, aber auch äußere Wunden gehabt haben, weshalb sie verblutet ist, bevor die Ärzte alle Wunden versorgen konnten", berichtete Hannah traurig und betrachtete intensiv ihre Teetasse.

𝙳𝚞𝚜𝚔𝚠𝚘𝚘𝚍 ~ 𝚃𝚑𝚎 𝙶𝚊𝚖𝚎 𝙲𝚘𝚗𝚝𝚒𝚗𝚞𝚎𝚜Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt