2 - Matt

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Ungeduldig lief ich immer wieder die selben Schritte im Zimmer auf und ab. Seit heute Morgen war meine Nervosität exponentiell ins Unermessliche gestiegen. Ich kaute andauernd an meinen sowieso schon viel zu kurzen Fingernägeln herum und fuhr mir ständig durch meine zerzauste Haarpracht. Bereits die Nacht zuvor konnte ich kaum schlafen, was nun ebenso zu dem fürchterlichen Gesamtbild beitrug, dass mich so kaputt und fertig aussehen ließ. Als hätte ich nächtelang durchgefeiert und mich dem puren Exzess hingegeben. Allerdings musste ich mir eingestehen, dass ich auch schon ewig nicht mehr so unruhig und hibbelig auf den Beinen war, wie in den letzten Tagen.

Heute entschied sich endlich, welchen Mann ich zukünftig küssen musste. Oder durfte, je nachdem wie man es betrachtete. In wenigen Stunden schon würde ich ihm also zum allerersten Mal begegnen. Natürlich war es mir bewusst gewesen, als ich die Rolle des Alec Lightwood übernommen hatte. Doch im Moment der Zusage hatte ich mich mit diesem bevorstehenden Problem überhaupt nicht auseinander gesetzt.

Nachdem man mir zuvor bereits zweimal für andere Rollen abgesagt hatte und ich schon gar keine Hoffnung mehr besaß, überhaupt noch irgendwie zum Hauptcast zu gehören, hatte ich dann Gott sei Dank doch noch die schicksalhaften Worte gehört, die mein Leben für immer verändern sollten. Zumindest fühlte es sich damals für mich zukunftsverändernd an. Ich hatte zugesagt, ohne eine Sekunde des Zögerns und mir noch im selben Augenblick geschworen, dieser Rolle so gerecht zu werden wie nur irgendwie möglich.

Nun ...zu Alec Lightwood gehörte letztendlich unweigerlich auch Magnus Bane. Inwieweit die Drehbuchautoren auf diese Beziehung eingehen würden, stand zwar mehr oder weniger noch in den Sternen geschrieben, aber dennoch beschäftigte es mich ungemein.

Als meine Freundin Esther mir zu der Rolle gratuliert hatte, war ihr sofort aufgefallen, dass ich leichte Zweifel mit mir trug. Besorgt wie sie nun mal um mich war, hatte sie direkt nachgehakt und ich musste ehrlicherweise zugeben, dass es mir nicht gerade leicht fiel darüber zu reden. Ich hatte unsicher vor mich herum gedruckst, war aber gleichzeitig auch sehr froh darüber gewesen, nur mit ihr zu telefonieren, statt ihr von Angesicht zu Angesicht gegenüber zustehen.

Sie war in Tränen ausgebrochen und konnte sich vor Lachen nicht mehr halten, als ich peinlich berührt zugegeben hatte, dass ich noch nie in meinem Leben einen anderen Mann geküsst hatte. Auch wenn es kein Grund zum Schämen war, so war es mir doch unangenehm gewesen. Heutzutage hatten die Kids bereits mit sechzehn Jahren mehr Erfahrung als so manch ein Erwachsener und das nicht nur hinsichtlich der Vielfalt der Partner. Irgendwie fühlte ich mich selbst jetzt noch bei der bloßen Erinnerung an diesen Gedanken, wie eine verklemmt Jungfrau.

Als Schauspieler hatte ich sicherlich keine Probleme vor der Kamera leidenschaftlich zu werden, allerdings waren meine Partner bisher immer weiblich gewesen. Mit einem Mann an meiner Seite hatte ich um ehrlich zu sein, nie gerechnet. Darauf war ich absolut nicht vorbereitet, doch wie Esther stets mehrfach betonte, gab es jetzt kein Zurück mehr. Es würde mit Sicherheit komisch werden, auch wenn mich die Tatsache etwas tröstete, dass es letztendlich genauso unecht war, wie all meine bisherigen Küsse vor der Kamera.

Man spielte ja einfach nur eine ausgedachte Lüge. Ein unterhaltendes Schauspiel, indem man einfach nur bestmöglich versuchte zu überzeugen und so zu tun, als ob es einer realen Empfindung entsprach. Dennoch steckte man wohl doch irgendwie immer ein bisschen seiner eigenen, persönlichen Leidenschaft mit hinein. Man gab alles für diese Szenen, vermutlich sogar mehr als für andere. Zumindest ging es mir jedes Mal so, unabhängig vom Genre des Filmes.

Aber konnte ich tatsächlich einen Mann so hingebungsvoll küssen, dass man mir diese gespielten Gefühle auch ernsthaft abnahm? Den Büchern nach zu urteilen, die als Grundlage der Serie dienten, war meine Rolle ja so dermaßen passend auf mich und meine nicht vorhandenen Erfahrungen zugeschnitten, dass ich mir eigentlich keine Sorgen machen sollte. Wer wusste schon, ob meine Unerfahrenheit nicht meine größte Stärke sein würde? Außerdem gehörte zu Alec ja noch mehr als nur die Beziehung zu einem Hexenmeister. Einem ziemlich gut aussehenden, attraktiven Hexenmeister, aber was würde das schon eine Rolle für mich spielen? Sein Aussehen konnte mir ja schließlich vollkommen egal sein.

Mein neuer AnfangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt