36 - Matt

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«Eifersüchtig?», hauchte ich Harry mit rauer Stimme entgegen und blickte ihn dabei verlangend an. Dass meine Frage ihn eher provozieren anstatt beruhigen würde, wurde mir erst in dem Moment so richtig bewusst, indem er mich voller Entsetzen anstarrte. Wieder mal war mein loses Mundwerk schneller als ich denken konnte und so wunderte es mich nicht, dass ich augenblicklich wieder von ihm ignoriert wurde.

Und ehe eine weitere trotzige Reaktion von Harry kommen konnte, ertönten plötzlich die Stimmen der Backstreet Boys, gefolgt von einem Kreischen der beiden Mädels an unserem Tisch. Verwundert schauten wir uns alle unisono im Raum um, bis Al auf die Stereoanlage zeigte, die nun in unglaublicher Lautstärke «Quit Playing Games» zum Besten gab.

Musik war ja so gut wie gar nicht mein Thema, aber selbst ich kannte diesen Song. An dieser Boyband war damals echt niemand vorbei gekommen. Ihre Hits waren überall zu hören gewesen und ich musste zugeben, dass der ein oder andere dabei war, der gar nicht mal ganz so verkehrt war. Nicht, dass ich das jemals offen zugegeben hätte, aber welcher Junge hatte das in meinem Alter denn getan? Mit zehn Jahren hatte man völlig andere Dinge im Kopf, als Mädchen zu beeindrucken, indem man ihnen weismachte, dass man solche kitschigen und romantischen Lieder toll fand. Das kam erst ein paar Jahre später auf der High School.

«Komm schon Kat, das lassen wir uns doch nicht entgehen! Jetzt haben wir wenigstens ordentliche Musik zum Tanzen!», zerrte Emeraude grinsend an ihrer Nachbarin. Keine dreißig Sekunden später standen die beiden vor unserem Tisch und schauten uns mit ihren eindringlichen Hundeblicken an. Ich wusste was gleich kommen würde, aber dazu brachten mich im Leben keine zehn Pferde. So lächerlich wollte ich mich vor den anderen dann doch nicht machen.

«Also, wer von euch Männern hat Lust uns zu begleiten?», fragte Kat euphorisch in die Runde und starrte dabei jedem von uns für einen langen Moment in die Augen, um auch ja deutlich zu machen, wie sehr sie uns mit auf die Tanzfläche zerren wollte.

Allerdings traf sie auf jede Menge stummes Kopfschütteln. Anscheinend schien keiner von uns sich so dermaßen blamieren zu wollen. Nun ja, zumindest fast keiner, wie ich gerade feststellte. Harry tippte mich vorsichtig an und machte eine kleine Handbewegung, um mir zu signalisieren, dass ich aufstehen sollte.

Überrascht und etwas leicht irritiert, dass er den beiden Frauen wohl wirklich folgen wollte, streckte ich meine Beine zur Seite und deutete ihm an, dass er sich gerne an mir vorbeiquetschen durfte. Ich wollte partout nicht für ihn aufstehen. Was eventuell auch daran liegen mochte, dass ich hoffte, er würde sich mit seiner Kehrseite in meine Richtung an mir vorbeidrängeln. Die Aussicht ihm so nahe zu sein, ließ mich erneut schwer schlucken. Hitze stieg mir zu Kopf und ich spürte wie mein Herz wie verrückt klopfte. Mal wieder.

«Was für ein Gentleman du doch bist!», zischte Harry wütend und schob sich Schritt für Schritt zwischen der Tischkante und mir vorbei. Natürlich nicht mit seinem knackigen Arsch mir zugewandt, sondern so, dass er mir beständig zornige Blicke zuwerfen konnte. Mit Aussicht genießen war daher nicht viel.

Traurig sah ich ihm und den Frauen hinterher, die bereits von der Vorfreude gepackt, zur improvisierten Tanzfläche stürmten. Hand in Hand liefen sie glücklich nebeneinander her und ließen sich als sie dort ankamen, auch direkt mit der Musik treiben.

«Bei den Mädels wird das ja wohl eher noch ein niedliches Rumgehopse, aber Harry macht sich hoffentlich nicht gleich zum Deppen. Sehr gewagt zu den Backstreet Boys zu tanzen», meinte Al mit grüblerischen Gesichtsausdruck, dem ich nur zustimmen konnte. Harry sah zwar immer gut aus, aber Tanzen wollte gelernt sein. Außerdem gefiel mir die Vorstellung nicht, dass die anderen ihn deswegen auslachten.

«Wenn du dich da mal nicht täuschst", kam es lachend von der Seite und ich blickte mich tatsächlich für einen Moment um. Sai saß zufrieden grinsend in der Ecke und schlürfte an dem letzten bisschen seines Weines. Während ich wieder zu der mittlerweile stark angewachsenen Tanzmeute schaute – meine Augen verfolgten natürlich nur eine einzige Person – fragte ich Sai neugierig, was er damit andeuten wollte. Stattdessen antwortete jedoch überraschenderweise Dom für ihn.

Mein neuer AnfangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt