Als ich zurück ans Set kam, waren meine Gedanken immer noch nicht richtig sortiert. Harrys Verhalten hatte mich so dermaßen aus dem Konzept gebracht, dass ich zeitweise nicht mehr wusste wo oben und unten war. Jeder Schritt fühlte sich so an, als müsste ich überlegen wie man lief. Oder wie man Luft zum Atmen holte. Mein Herzklopfte wie verrückt in meiner Brust, ohne dass ich mich in der Verfassung sah, etwas dagegen zu unternehmen.
Erst tauchte er halbnackt an der Tür auf, dann kam er mir so verboten nahe und zum Schluss dieser Kuss auf die Wange über den ich eigentlich auch gar nicht weiter nachdenken wollte. Die Stelle an der seine weichen Lippen mich berührt hatten, brannte immer noch. Ichspürte das Kribbeln meiner Wange, erinnerte mich nur zu gut daran wie sich seine leicht stoppeligen Barthaare angefühlt hatten – so ganz anders, als alles was ich bisher kannte. Vorsichtig fasste ich mir mit meiner Hand zum wiederholten Male dort hin und strich sanft darüber, so als würde ich mich immer wieder und wieder vergewissern wollen, dass das tatsächlich passiert war.
Himmel, was hatte mich allein diese kurze Berührung schon aus der Bahn geworfen! Was würde nur mit mir passieren, wenn er mich auf den Mund küsste? Und wieso nahm mich das so mit? Warum dachte ich fortweg daran? Konnte ich es nicht einfach vergessen oder zumindest so lange verdrängen, bis es tatsächlich Thema wurde?
Doch meine Gedanken ließen mir keine Ruhe und wühlten mich von Sekunde zu Sekunde mehr und mehr auf. Allein die Vorstellung wie es sich anfühlen würde von ihm so richtig geküsst zu werden, trieb mir die Schamesröte ins Gesicht. Kein Kuss bisher hatte die Art von Verwirrung und Nervosität in mir hervorgebracht, die jetzt in meinem Kopf herumschwirrte.
Es gab widerliche Küsse aus meiner Zeit in der Highschool an die ich mich nur ungern erinnerte. Oder die peinlichen, die ich als Kind immer von der Verwandtschaft meiner Mutter bekam, ausgenommen die liebevollen Küsse meiner Oma. Mit Esther hatte ich schließlich gefühlt alle Arten von Emotionen in Küssen durchlebt. Liebe, Geborgenheit und dem Gefühl von wahrer Glückseligkeit, gleichzeitig aber auch die pure Verzweiflung, Gier, Lust und Erregung. Wir tauschten Küsse voller Zärtlichkeit und Härte, voller Entspannung und Wut, voller Freude und Trauer.
Aber kein Kuss der Welt hatte je das ausgedrückt was ich nun fühlte, wenn ich an Harrys Berührung dachte. Wenn man mich nach meinen Empfindungen fragen würde, ich könnte sie nicht definieren. So hatte ich bisher noch nie für jemanden gefühlt und es erschreckte mich selbst wie plötzlich und ohne Vorwarnung es gekommen war. Es hatte mich mit aller Wucht getroffen, auch wenn ich das 'es' noch nicht ganz greifen konnte. Aber 'es' war ziemlich stark und heftig.
Nachdem ich offensichtlich minutenlang gedankenversunken einfach mitten im Raum stand, trat irgendwann Cassandra an meine Seite und lächelte mir aufmunternd zu. Ihre ehrlich Augen verrieten mir, dass sie ein wenig in Sorge um mich war. Anscheinend machte ich einen leicht hilflos wirkenden Eindruck auf sie. Allerdings hatte ich auch kaum die Kraft oder die Nerven dazu mich zu verstellen.
«Alles okay bei dir?», fragte sie mich und legte ihren Kopf ein wenig schräg. Natürlich war sie besorgt, etwas anderes hätte mich auch stark verwundert.
Nach kurzem Überlegen nickte ich ihr zu, auch wenn sich nach wie vor etwas in mir unwohl fühlte. Harry hatte wahrhaft seine Spuren an mir hinterlassen. Als könnte ich mich nicht dagegen wehren, griff ich erneut an die Stelle an meiner Wange an der mich seine Lippengestreift hatten. Hauchzart und gleichzeitig so intensiv, dass allein die Erinnerung daran wieder die Hitze in meinem Kopf aufstiegen ließ.
«Er hat dich ganz schön überrumpelt», fuhr Cassy unbeirrt fort. Mittlerweile hatte sie sich an einen Stuhl gelehnt und betrachtete mich genauer. «Deswegen auch dein verwirrter Auftritt als du von der Toilette kamst. Da bist du ihm das erste Mal begegnet.»
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Mein neuer Anfang
FanfictionHarry konnte sich eigentlich absolut nicht beschweren. Als erwachsener Mann stand er genau da, wo er immer sein wollte. Mit einer Traumfrau an seiner Seite und einem Job, die er beide über alles liebte. Doch obwohl er sich dank seines tänzerischen T...