52 - Matt

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Von wegen, er hatte mich verstanden! Dieser Idiot konnte falscher mit seiner Vermutung nicht liegen! Wie konnte er ernsthaft glauben, ich würde diesen Abend nicht mit ihm verbringen wollen? Nur weil ich den anderen etwas vorlog, musste er doch nicht an mir zweifeln! Und wenn er nicht so stur und dickköpfig wäre, hätte er meine Lüge auch sofort durchschaut. Mein falsches Lächeln hätte doch Beweis genug sein sollen, dass ich das nicht wirklich wollte. Wieso zum Himmel sollte ich unser Date absagen? Mit den anderen würden wir schließlich noch genügend Zeit verbringen, aber wir beide alleine? Um nichts auf der Welt wollte ich das sausen lassen.

«So ein Idiot!», zischte ich leise, als Harry einfach auflegte. Ich hatte absolut keine Ahnung ob er meine letzten Worte überhaupt gehört hatte, aber ich hoffte es. Er sollte wissen, dass er mir viel bedeutete. Eindeutig mehr als ein Saufabend unter Freunden.

«Was ist denn nun schon wieder los? Und warum telefonierst du ihm überhaupt hinterher? Ist ja nicht so, dass er bereits mit dir verheiratet wäre!», grinste Dominic mich schelmisch an, doch genau das konnte ich gerade am wenigsten gebrauchen.

«Lass den Scheiß, Sherwood! Dir mag es vielleicht egal sein, aber mir nicht. Harry gehts gerade nicht gut, okay?», antworte ich verbissener als eigentlich beabsichtigt.

«Schon gut. Meinst du, das ist mir nicht aufgefallen? Aber das ist doch nichts Neues. Wie lange kennen wir ihn jetzt schon?»

«Worauf willst du hinaus?», fragte ich genervt. Für irgendwelche Spielereien oder Rätselraten hatte ich absolut keine Geduld.

«Seine Stimmung wechselt öfter, als ich an einem gelangweilten TV-Abend den Fernsehkanal. Mal gehts ihm gut, mal schlecht. Mal ist er wie aufgedreht, mal schüchtern und zurückhaltend. Im einen Moment flirtet er offen mit dir, bevor er kurz darauf anfängt mit dir zu streiten. Wer weiß also wie er sich aufführt, wenn wir gleich aus den Autos steigen.»

Dominic hatte Recht, doch das traf letztendlich nicht nur auf Harry zu. Damit beschrieb er mich ebenfalls ganz gut. So wechselnd wie unsere Stimmung oftmals war, waren es auch meine Gefühle. Für mich gab es seit langer Zeit nur Esther. Zumindest bis zu dem Moment, in dem ich diese verdammte Toilette betreten hatte. Ab diesem Zeitpunkt erlebte ich eine ständige Berg- und Talfahrt. Unten wartete Esther auf mich, mein sicherer Hafen zu dem ich immer gerne zurückkam. Sie war mein Zuhause, mein Ruheort, an dem ich stets ich selbst sein konnte.

An der Spitze jedoch erwartete mich ein ungewohntes Hochgefühl. Der Aufstieg mochte beschwerlich sein, aber was mich dann empfing, war atemberaubender als jede Aussicht, die ich bisher genossen hatte. Harry verzauberte mich, ohne auch nur den leisesten Hauch von Magie einzusetzen. Mein Hexenmeister wusste mich zu verführen und mir Dinge zu zeigen, von denen ich bis dato nicht wusste, dass ich sie überhaupt wollte. Doch jetzt bekam ich einfach nicht mehr genug davon.

«Ich glaube dieses Mal wird sich seine Stimmung nicht zum Besseren wenden», seufzte ich enttäuscht, als ich seine Nachricht auf dem Bildschirm auftauchen sah. Ich konnte und wollte ihn aber nicht in Ruhe lassen. Eher würde ich dem Fahrer sagen, dass er stoppen sollte, sodass ich aussteigen und zu dem Wagen hinter uns laufen konnte. Doch nachdem ich feststellte, dass er sein Smartphone wohl ausgeschaltet hatte – meine Nachricht, dass ich ihm ins Hotel folgen würde, kam gar nicht durch – hielt ich mein Vorhaben zurück.

«Also wurde er wieder versetzt?», wollte Kat von mir wissen und sah mich dabei mitfühlend an. Wenigstens ihr schien Harry nicht vollkommen egal zu sein.

«Wenn ja, kann er doch mit uns mitkommen. Das würde ihn sicher von seinem Liebeskummer ablenken.»

«Siehst du, Matt? Wir machen uns natürlich Sorgen um ihn. Und ich stimme Em zu, wir sollten ihn fragen, ob er mit will. Dann kannst du ihn tröstend in deine Arme schließen und ihn an deine breite Brust drücken.»

Mein neuer AnfangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt