18 - Harry

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«Hast du plötzlich Wurzeln geschlagen oder warum stehst du so verloren in der Gegend herum?», fuhr mich eine weibliche Stimme von der Seite an und ich zuckte unwillkürlich kurz zusammen. Wie kam es, dass sich auf einmal jeder unbemerkt an mich ranschleichen konnte, ohne dass ich etwas mitbekam?

«Nein, Kat. Ich ...es ist nur so, dass ...», begann ich vor mich hin zu stammeln, doch sie gab mir gar keine Gelegenheit mich richtig zu erklären.

«Du hast Champagner für uns bestellt?», fragte sie mich und sah mich mit großen Augen an. Ich schüttelte den Kopf und wollte ihr gerade sagen, dass das von Matt kam, als sie mich auch schon etwas unsanft am Rücken berührte und mich nach vorne schob. Bevor die Gläser noch umkippten, nahm ich Katherines Anstoß zum Anlass und setzte mich selbst in Bewegung.

Die restlichen Meter zu unserem Tisch neigte ich den Kopf immer weiter nach unten. Ich wollte nicht, dass Matt mich so niedergeschlagen sah. Wenn er mich denn überhaupt wahr nahm. So mies wie ich mich ihm gegenüber verhalten hatte, würde es mich nicht wundern, sollte er mich für den Rest des Abends komplett ignorieren. Ich für meinen Teil konnte jedenfalls manchmal so bockig und stur sein, dass wenn ich richtig wütend war, ich jedem Kleinkind Konkurrenz machte. Shelby wusste zwar mittlerweile wie sie damit umzugehen hatte, doch auch sie hatte lange an dieser Eigenart von mir zu knabbern. Somit konnte ich Matt im Endeffekt nicht einmal böse sein, wenn er mich nach allem was passiert war, tatsächlich links liegen ließ.

«Hey Leute, seht mal her was wir hier haben. Harry hat uns was richtig Feines mitgebracht!», schwärmte Kat und nahm mir augenblicklich das Tablett ab. Sie stellte es in die Mitte des Tisches und quetschte sich anschließend an Matt und Dom vorbei, bis sie wieder ganz hinten auf ihrem Sitzplatz saß.

Währenddessen stand ich immer noch da wie ein begossener Pudel und vermied es tunlichst zu meiner rechten Seite zu sehen, wo mich Matt eindringlich anstarrte, wie ich im Augenwinkel gerade so erkennen konnte. Er war nach wie vor sauer auf mich, etwas was mir durchaus bewusst war und ich richtiggehend spüren konnte, auch ohne dass er es hätte laut äußern müssen. Als auch die anderen mich eingehend musterten und auf eine Rede oder ähnliches warteten, räusperte ich mich, nahm mir ein Glas und bedeutete den anderen sich zu bedienen.

«Also gut», seufzte ich und warf einen Blick in die Runde. Nur Matt beachtete ich nicht wirklich. «Auch wenn man es mir nicht glauben mag, aber ich bin kein großer Redner. Dennoch möchte ich mich bei euch bedanken, dass ihr hier seid und den Abend mit mir feiert. Und sei es nur weil ich die Rolle bekommen habe und wir mehr oder weniger hierzu gezwungen wurden.»

«Was soll der Quatsch? Wir sind natürlich alle freiwillig hier und das auch ziemlich gerne. Außerdem feiern wir jetzt hiermit auch offiziell deinen Geburtstag nach, ist doch wohl klar!», kam es von Emeraude mit einem Grinsen auf dem Gesicht, woraufhin ihr die anderen nickend zustimmten.

«Dann eben wegen der Rolle und meines Geburtstages», grinste ich ebenso schief zurück und zwinkerte der dunkelhaarigen Schönheit dankend zu. «Aber bevor ich jetzt gleich Cheers rufe und wir uns dem exklusiven Gesöff hier widmen, will ich mich explizit bei jemandem bedanken. Und zwar bei dir, Matt.»

Flüsternd kamen mir die letzten Worte über die Lippen, mehr Kraft konnte ich einfach nicht hineinstecken. Dazu mangelte es mir gerade überraschenderweise an Selbstvertrauen und vor allem auch an Selbstbeherrschung. In meinem Magen rumorte es und dass nicht nur weil ich einen Mordshunger hatte – so immens groß war mein Hunger nämlich nur selten. Nein, es war insbesondere deshalb, weil mir alle möglichen Gefühle und Gedanken auf einmal durch den Kopf gingen. In Matts Nähe war alles so anders. Anders als alles bisher Dagewesene. Er verwirrte mich und brachte mich bei jeder Gelegenheit sowas von durcheinander, dass ich alle Kraft dafür brauchte, um mich halbwegs normal in seiner Gegenwart zu verhalten.

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