53 - Harry

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Selten war ich so froh in ein fremdes Bett fallen zu können. Es war lange nicht so bequem und weich wie meines zuhause, doch gerade in diesem Augenblick erfüllte es vollkommen seinen Zweck. Zufrieden streckte ich meine Arme und Beine zur Seite und machte mich so richtig breit. Für kurze Zeit gelang es mir tatsächlich meine Gedanken abzuschütteln und die Ruhe des Hotelzimmers zu genießen. In mir herrschte totale Leere, doch im Gegensatz zu vorher, tat es mir dieses Mal richtiggehend gut. Ich konnte wenigstens für einige Minuten all meine Sorgen und Ängste über Bord werfen und so tun als wäre ich nicht ein Häufchen Elend, welches versetzt wurde.

Versetzt von einem Idioten, der mir das Blaue vom Himmel versprach wenn wir allein waren. Doch sobald wir das nicht mehr waren, stach er mir einen Dolch nach dem anderen in den Rücken. Oder noch schlimmer. Er sah mir dabei direkt in die Augen und rammte es dann mit voller Wucht mitten in mein Herz, während er mich anlächelte, als hätte er mir gerade gesagt, dass er mich liebte. Und nur weil ich zugelassen hatte, dass er mir nach zwei, drei Begegnungen schon so viel bedeutete, tat jeder einzelne Stich so verdammt weh.

Ich wollte nicht heulen. Nicht wegen Matt. Er hatte es nicht verdient, dass ich ihm auch nur eine einzelne Träne hinterher weinte. Dabei dachte ich, dass wir diese schreckliche Phase hinter uns gelassen hatten und zukünftig ehrlich zueinander waren. Nichts anderes erwartete ich von ihm. Doch wenn er nicht mal die Eier dazu hatte mir ins Gesicht zu sagen, dass ihm nichts an mir und einem Date lag, dann sollte ich womöglich besser aufhören auch nur einen weiteren Gedanken an ihn zu verschwenden. Was allerdings schwerer getan, als gesagt war. Matt war überall, egal ob ich meine Augen geschlossen oder offen hatte. Sein Grinsen hatte sich in meinem Kopf festgesetzt und ich wurde es nicht los, egal was ich auch tat, um mich abzulenken.

Seufzend schaltete ich den Fernseher wieder aus, durch dessen Programm ich mich für gefühlte zehn Sekunden durchgezappt hatte. Es kam nichts was mich fesselte, also konnte ich die Zeit auch nutzen, um mir den Stress den Tages abzuwaschen. Schnell schlüpfte ich aus meinen Kleidern, nahm mein Smartphone und ließ eine x-beliebige gute Laune Playlist auf meiner Musik-App laufen. Während ich unter der Dusche zu Walking on Sunshine tanzte und lautstark mitsang, merkte ich wie mir die Musik in Kombination mit dem fließenden Wasser an meinem Körper, mehr als nur gut tat. Ich fühlte wie das Prasseln der einzelnen Tropfen auf meinem Kopf eine Leichtigkeit mit sich brachte, der ich mich nur zu gerne hingab.

Lächelnd streckte ich den Kopf nach hinten und ließ das Wasser ungebremst seinen Weg in mein Gesicht nehmen, die Augen zusammengepetzt und die Hände auf meiner Brust ablegend. Ich blieb für einen Moment starr stehen und konzentrierte mich ausschließlich auf meine Atmung. Eine Ruhe durchfuhr meinen Körper und schenkte mir mit jeder Sekunde wieder neue Kraft.

Plötzlich spürte ich, wie sich einer der vielzähligen Wassertropfen in meine Nase vordrang, was mich augenblicklich zusammenzucken ließ. Ich musste kräftig niesen und nachdem ich mir selbst Gesundheit gewünscht hatte, fing ich aus irgendeinem Grund laut an zu lachen. Es war als könnte ich mich selbst nicht mehr kontrollieren, als hätte ich mit einem Schlag meinen Verstand verloren. Dabei war mir alles andere, nur nicht zum Lachen zumute.

Als ich mich kurz darauf wieder mehr oder weniger beruhigt hatte, begann ich mich einzuseifen, während ich die Melodie von Pharrell Williams Happy mit summte. Lachen nein, gut gelaunt sein ja. Zumindest nahm ich mir vor, so lange wie möglich nicht an einen gewissen Jemand zu denken.

Nicht an seine Augen, die mich ansehen konnten, als wäre alles was er je sehen wollte, mein Gesicht. Und auch nicht an seine Lippen, die mich küssen konnten, als würde sein Leben davon abhängen, wenn er sie nicht mit meinen verband. Oder seine Hände und Finger, die mich auf eine Art und Weise berühren konnten, als wäre ich flüssiges Metall, welches er nach Belieben formen konnte. Genauso wenig wie ich an seine verstrubbelten Haare denken wollte, oder an seine breiten Schultern, seine muskulöse Brust, seinen prächtigen Schw ...

Mein neuer AnfangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt