32 - Harry

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«Redet ihr etwa schon wieder über Matt?», ließ Dom mit seinen Fragen nicht locker und reizte mich damit ungewollt mehr und mehr.

Nein, ich hatte nicht von ihm gesprochen und nein, ich wollte gerade auch nicht weiter über ihn nachdenken. Es war zwischenzeitlich schon fast 22 Uhr und wir alle amüsierten uns prächtig, auch ohne den Wuschelkopf mit den atemberaubenden Augen. Ich hatte mich umsonst zwei Wochen verrückt gemacht, denn ihm war ich ja anscheinend egal. Matt hatte schließlich wohl doch nicht die gleiche Sehnsucht nach mir, wie ich nach ihm. Und das war okay für mich. Wenn er es denn so wollte, würde ich mich nicht dagegen wehren. Zumindest redete ich mir das sekündlich wie ein Mantra ein. Die Umsetzung hingegen klappte bisher eher so semi gut.

Stattdessen versuchte ich mich viel lieber wieder aufs Spiel zu konzentrieren, als Emeraude zu ihrem Wurf ansetzte und ebenfalls einen Treffer landete. Sai nahm den ersten Schluck aus dem getroffenen Becher und warf mir einen aufmunternden Blick zu. Dann nahm ich den Tischtennisball von ihm entgegen und überlegte nicht lange, bevor wir kurz darauf mit zwei zu eins in Führung gingen. Grinsend schlugen wir wie Kleinkinder miteinander ein und nickten uns siegessicher zu.

«Matt kann von mir aus bleiben wo er ist. Ich hab meinen Spaß, so wie wir alle. Oder etwa nicht? Wenn er es also nicht für notwendig empfindet heute Abend hier aufzutauchen, dann ist das eben so. Mich stört es nicht im Geringsten.»

Nachdem ich das letzte Wort ausgesprochen hatte, musste ich einmal schwer schlucken. Wie einfach mir das über die Lippen kam, überraschte mich doch selbst ein wenig. Es war zwar die Wahrheit, doch trotzdem fühlte ich mich schlecht deswegen.

«Wahrscheinlich kommen Esther und er nicht aus dem Bett. Die beiden hatten ja einen ziemlich turbulenten Urlaub, wer weiß wie sehr sie womöglich gerade in die Laken vertieft sind», kicherte Kat, die mittlerweile neben Dom stand und uns nun ebenfalls beim Spielen zusah.

Verlegenes Lachen begann von allen Seiten auf mich hinab zu prasseln, doch ich konnte nicht mit einsteigen. Es war eine Sache ihn nicht hier bei mir zu wissen, aber eine ganz andere sich mir ihn und seine Freundin beim Sex vorzustellen. Ein unangenehmes Gefühl machte sich in meinem Magen breit, ich fühlte mich plötzlich furchtbar schlecht. Der Gedanke ihn stöhnend und wimmernd über Esther zusehen, wie er immer wieder tief und hart in sie stieß, verursachte eine schmerzhafte Eiseskälte, die sich rasend schnell wie ein Käfig um mein Herz legte. Ob es ihm auch so ging, wenn er an Shelby und mich dachte?

Ich schüttelte den Kopf und versuchte mich von diesen verstörenden Gedanken zu befreien. Ganz sicher spielte ich in seinem Leben nicht die gleiche Rolle, wie er in meinem. Mit Sicherheit hatte er nicht ein einziges Mal an mich gedacht während der letzten beiden Wochen. Warum sollte er es auch? Matt war offensichtlich sehr glücklich mit seiner Freundin, da hatte er keine Zeit sich mit mir zu beschäftigen. Und so sollte es doch eigentlich auch sein. Nicht anders hätte ich mich selbst in den letzten Tagen verhalten sollen.

Im Übrigen war ich mir jetzt auch endgültig sicher, dass es die richtige Entscheidung gewesen war ihn an jenem Abend zurückzuweisen. Am Ende hätten wir beide etwas getan, was wir hinterher vermutlich bereut hätten. Ich wusste, dass es einzig und allein der Alkohol und vielleicht auch ein wenig die pure Neugier war, die ihn angetrieben hatte. Mehr nicht. Da war nichts zwischen uns was über eine simple Freundschaft hinaus gehen würde, egal was er damals auch gesagt und gefühlt hatte. Ich musste gar nicht erst den Versuch starten mehr hineinzuinterpretieren. Würde er tatsächlich etwas für mich empfinden, vollkommen egal was oder wie schwach diese Gefühle sein mochten, wäre er jetzt hier und würde mich nicht alleine lassen.

«Ich hab ihm geschrieben», hörte ich Dom gerade sagen, als ich mich aus meiner Gedankenwelt entriss und Alec zur Seite schob, bevor er wieder auf die Idee kam, mir ungewollte Dinge ins Ohr zuflüstern. Das kleine Teufelchen war in den letzten Tagen noch nerviger geworden. Er verstand sein Werk mir ein schlechtes Gewissen einzureden, weil ich dauernd unanständige Gedanken von Matt hatte. Natürlich ausschließlich welche, die er mir selbst zuraunte. Zumindest in diesem Kampf gewann der Dämon meist gegen den Engel. Ich war bei weitem nicht so stark wie meine Rollenfigur, wenn es darum ging meine schlechte Seite zu unterdrücken. Alec, der Teufelskerl, strahlte aber auch eine solche eindringliche Aura aus, dass es schwer war seinen Verlockungen zu widerstehen.

Mein neuer AnfangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt