Kapitel 28

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Dank der letzten Worte von Darcie während unserem Telefonat, war ich nervös, als ich vor der Haustür stand. Der Koffer stand neben mir und ich war mir etwas unsicher, ob ich wirklich klingeln sollte. Es mag vereinbart sein, nur trug ich weiterhin ein schlechtes Gewissen in mir.

Außerdem gab es etwas, das sie mir verschwiegen hatte und da war es fraglich, ob mir das gefallen würde.

Was dachte ich?

Sie war meine beste Freundin, als würde es kein purer Alptraum oder tödliches Geheimnis sein. Schon mal davon abgesehen, dass nun die Neugier siegte.

So hob ich meine Hand und drückte auf die Klingel. Während meiner Wartezeit sah ich mich nochmal um. Es war wirklich ein schönes Haus, welches weder zu groß noch zu klein war. Es wirkte neu, aber auch wieder nicht zu sehr. Es mag wenig relevant sein, aber mein Geschmack war damit auf jeden Fall getroffen.

Der Vorgarten war einfach gehalten, mit grünem Gras und in der Mitte führte ein kleiner Weg bis zur Veranda. Die paar Stufen und die Veranda selbst waren aus Holz, was zur ansonsten weißen Fassade harmonierte.

Schon wurde die Tür geöffnet, weshalb ich automatisch ein Lächeln aufsetzte. Obwohl es tatsächlich ernst gemeint war, immerhin würde ich auf Darcie treffen.

Wie so gerne stachen einem ihre lila Haare als erstes ins Auge. Sie grinste breit, dennoch wurde es von etwss gedämpft. Es meldete sich wohl nun ihr schlechtes Gewissen, weil sie mir etwas verheimlicht hatte.

"Hi Pheobe." Sie trat einen Schritt aus dem Haus, schnappte sich meinen Koffer und meinte dabei: "Komm doch rein."

"Hi Darcie, gerne. Danke nochmal für die Gastfreundschaft." Sie tat es mit einer Handbewegung ab, als wäre das selbstverständlich.

Ich folgte ihr ins Haus und sie flüsterte: "Bring mich einfach nicht um." Meine innere Unruhe begann damit und ich fragte mich, was zur Hölle sie mir verschwiegen hatte.

Hinter mir schloss ich die Haustür und zog mir kommentarlos meine Schuhe aus. Keine Ahnung, was ich darauf erwidern sollte.

Darcie war etwa einen halben Meter von mir entfernt mit dem Koffer stehen geblieben. Ihren Blick spürte ich auf mir, weshalb ich mich an sie wandte, als meine Schuhe ordnungsgemäß neben den ihren standen.

Ich verschränkte meine Arme und fragte: "Was habe ich verpasst? Und ja, mir ist bewusst, dass ich dir auch etwas verschwiegen habe. Trotzdem muss ich anmerken, dass das gute Gründe hatte."

Sie versuchte sich an einem unschuldigen Gesichtsausdruck, welcher nur bedingt funktionierte. Ich legte den Kopf schräg und sagte: "Schieß los."

Sie deutete mit einer Hand hinter sich, mit der anderen klopfte sie leicht auf mein Gepäck und meinte dabei: "Das sollten wir zuerst auf mein Zimmer bringen." Darcie drehte sich um, setzte sich in Bewegung und ich folgte ihr gleich.

Sie musste mich wohl wirklich auf die Folter spannen. Mir fiel beim besten Willen nicht ein, was sie meinen könnte. Aber offensichtlich war es etwas Größeres.

Hm.

Gerade als wir bei der Treppe ankamen, öffnete sich zu unserer Linken eine Tür.

Darcie murmelte: "Verflucht."

Mein Hirn blieb stehen, als Darcies Bruder in mein Blickfeld kam. Zumindest ging ich davon aus, dass er das sein sollte, obwohl ich das nicht akzeptieren wollte.

Darcie sprudelte los: "Ja, eventuell habe ich vergessen, das Detail zu erwähnen, dass der Dekan mein Bruder ist. Aber du hast es verschwiegen, dass du nicht nur reich, sondern stinkreich bist, also sind wir offiziell quitt."

Die Erziehung meiner Mutter bewies sich, denn ich hatte mich in der nächsten Sekunde wieder im Griff. Ich zwang ein echt wirkendes Lächeln auf meine Lippen und sagte: "Dekan Bancroft, was für eine Überraschung, aber eine gute."

So nervtötend und grausam die Erziehung meiner Mutter sein hatte können, aktuell könnte ich ihr dafür die Füße küssen. Ich hatte mich trotz diesem Schock gut im Griff.

Mein Lächeln wurde von ihm erwidert und er antwortete: "Hallo Miss Hughes. Ich habe Darcie bereits gesagt, dass ihr Schachzug ziemlich gemein ist."

Ja, das könnte man so ausdrücken, weil ich keinen Tau gehabt hatte, auf was genau ich mich einließ.

Darcie setzte ihren Weg fort und sagte: "Nichts gegen dich, Arian, aber Pheobe wäre nie hergekommen, wenn ich es ihr am Telefon gesagt hätte. Dann würde sie jetzt in dem Rattenloch von Hotel in der Stadt sitzen."

Eins zu null für sie, denn damit hatte sie definitiv recht. Niemals wäre ich zu ihnen auf Besuch gekommen. Beinahe hätte ich mich sogar noch eher meiner unfassbar wütenden Mutter gestellt.

Ich riss mich von diesem Anblick los, um meiner besten Freundin zu folgen. Ihre Worte abzutun wäre höflich, weshalb ich anmerkte: "Danke für die Gastfreundschaft. Das ist ausgesprochen nett."

Er kam zu keiner Antwort, da ihm Darcie zuvor kam: "Kein Problem, wir haben dich gerne hier. Arian hat jetzt eine gute Ausrede, warum er doch ein bisschen arbeiten kann, ohne Reue." Wir kamen am oberen Ende der Treppe an, somit waren wir aus dem Sichtfeld des Dekans. Sie laberte weiter: "Ich hab nämlich dich als Gesellschaft, da kann er in Ruhe seinem hobbylosen Leben nachgehen und arbeiten."

Ja, wie man die kleine Schwester kannte, ärgerte sie ihren Bruder gerne. In einer anderen Lage hätte ich definitiv gelacht, nur in diesem Fall war das unmöglich. Ich musste erst die neusten Erkenntnisse verarbeiten.

Darcies Bruder war ernsthaft unser Dekan. Es wäre ein sehr wichtiges sogenanntes Detail gewesen, trotzdem hatte sie das etwas zu lange verschwiegen.

Meine Umgebung nahm ich kaum wahr und folgte ihr einfach. Ein gedankliches Chaos beanspruchte mich vollkommen.

Ihr Zimmer hatten wir schnell erreicht und wie ferngesteuert schloss ich hinter uns die Tür. Danach drehte ich mich langsam zu Darcie und meine freundliche Mimik war längst einer leicht panischen gewichen.

Ich warf die Hände in die Höhe und fragte aufgebracht: "Er ist dein Bruder?!" Es war vermutlich etwas zu laut, aber ich war außer mir. Ein weiterer Punkt war, dass mein Hirn es leugnen wollte. Ich musste es mit einem gigantischen Irrtum zu tun haben.

Darcie wirkte mittlerweile verunsichert und fing an mit ihren Fingern zu spielen. Leise antwortete sie: "Ja, tatsächlich ist er das. Arian ist unser Dekan, zeitgleich mein Bruder."

Ich schlug mir eine Hand vors Gesicht und fragte: "Warum?" Die Verzweiflung war unverkennbar und all unsere Unterhaltungen waren mir zu blöd. Es mag logisch sein, dass man seiner besten Freundin erzählte, wen man anhimmelte, jedoch war das bei Darcie mittlerweile anders. Mit diesem Wissen würde ich ab jetzt meinen Mund darüber halten.

Er war ihr Bruder!

Zwischen meinen Fingern spähte ich hervor und sagte: "Du hast mich gerade ins kalte Wasser geschubst. Ich hab dir wenigstens vorher Bescheid gegeben, dass du in die Welt der arroganten Reichen eintauchen wirst."

Darcie zog eine Schnute, womit sie mich zu gut weich kochte. "Es tut mir wirklich leid. Aber es wäre komisch gewesen, wenn du oder Shawn davon gewusst hättet. Ich hätte mir auch nicht sicher sein können, ob ihr wirklich wegen mir mit mir befreundet sein wollt. Immerhin wäre es möglich gewesen, dass man sich bei mir einschleimen will."

Ich musste seufzen, denn irgendwie konnte ich sie verstehen. Obwohl es nett gewesen wäre, wenn ich eine Warnung gekriegt hätte, bevor ich in diesem Haus eintraf. Leider hatte man mir das nicht gegönnt.

Meine Hand nahm ich von meinem Gesicht und sagte dabei: "Jetzt macht es wenigstens Sinn, warum du mich derart entsetzt angesehen hast, als ich dich fragte, ob er dir gefällt."

Ja, das machte gigantischen Sinn. Ein Wunder, dass sie es überhaupt ausgehalten hatte, wenn Shawn und ich den Dekan angehimmelt hatten. Beim eigenen Bruder konnte das etwas schwer sein.

Darcie konnte nicht anders als zu lachen, obwohl sie versucht hatte es zu unterdrücken, nur war sie jämmerlich gescheitert. Es war derart ansteckend, dass ich mitein stimmte. Wenn man diese Situation genauer bedachte, war es durchaus witzig. Vielleicht lag meine Reaktion auch an dem kleinen Schock, den ich weiterhin in mir trug.

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