Den heutigen Tag hatte ich gut hinter mich gebracht. Bis jetzt konnte ich mich kein bisschen beschweren und war zufrieden mit meinen Kursen. Ich war nicht enttäuscht worden, was meine gute Laune hob.
Der Dekan spukte den ganzen Tag in meinem Kopf. Das war ein Anblick, welchen man nicht so schnell vergaß. Vermutlich nie wieder.
Shawn redete viel zu gerne über ihn, aber ich beschwerte mich nie. Wenn er wollte, dann bitte. Aber ich träumte lieber im Stillen vor mich hin.
Aktuell chillte ich mit Darcie auf ihrem Bett. Wir hatten über den heutigen Tag gesprochen und sie war genauso begeistert. Für uns beide war das College ein Traum, welchen wir endlich erreicht hatten.
Schließlich konnte ich es nicht mehr halten und fragte: "Hast du den Dekan schon mal gesehen?" Ich sah fragend zu ihr und sie erwiderte meinen Blick. "Ja, warum?" Also hatte sie bereits die Ehre, da war ich gespannt was sie zu ihm sagte.
"Find nur ich den Typen so scharf?" Am besten war man direkt ehrlich, außerdem konnte man sie als Freundin bezeichnen. Ein großer Vorteil an schüchternen Menschen war, dass sie eher kein Tratschmaul war. Ihrer Aussage nach hatte sie kaum Freunde, also gab es an der Front auch keine Gefahr, dass sie das weitererzählte.
Sie sah mich maßlos entsetzt und dezent geschockt an. Deshalb schlug ich ihr auf den Oberarm und sagte: "Schau mich nicht so an. Ich sage es nur und würde ihn niemals anbaggern. Mir ist bewusst, dass er in einem meiner Kurse der Professor ist. Also hör auf mir diesen Blick zuzuwerfen."
Darcie räusperte sich und einen Moment dauerte bis endlich eine Antwort kam. "Nein, er ist absolut nicht mein Typ und..." Sie verzog ihr Gesicht, was mich sehr wunderte. Sie hatte gleich so eine negative Reaktion. Mit einem Kopfschütteln wurde es unterstrichen und anschließend meinte sie: "Gott, nein. Bloß nicht, nein." Irgendwie brachte sie mich damit zum Lachen.
Diesmal war sie es, die mich schlug und zwar auf den Oberschenkel. Ich beschwerte mich sofort und erklärte: "Hey, lass mich. Außerdem darf man träumen, meine Liebe." Sie schlug sich eine Hand vors Gesicht und antwortete: "Es musste einfach so sein." Fragend sah ich sie an, was Darcie leider nicht sehen konnte.
Um es zu lockern, fuhr ich fort: "Übrigens ist Shawn hin und weg von unserem Dekan." Sie nahm ihre Hand herunter und sah mich überrascht an. Mir war klar, was sie damit meinte. "Ja, ich wusste selbst nicht, dass er vom anderen Ufer ist. Aber heute hat er das ziemlich klar gestellt, wie er über Dekan Bancroft gesprochen hat." Nach dem ich es mit einer Handbewegung abgetan hatte, sagte ich: "Das merkst du sobald du ihn wiedersiehst. Heute hat er ständig über ihn geredet."
Unterbrochen wurde das Ganze von dem Klingeln meines Handys. Es lag neben mir und mit einem Seufzen nahm ich es in die Hand. Ich durfte feststellen, dass das meine Mum war und das ließ mich meine Augen verdrehen. Momentan wollte ich absolut keine einzige Sekunde mit ihr reden. Das würde diesen schönen Tag ruinieren. Deshalb stellte ich mein Handy auf stumm und würde den Anruf ignorieren.
Verwirrt fragte Darcie: "Warum nimmst du nicht ab?" Da sie direkt neben mir saß, dürfte sie gesehen haben, wer genau anrief. Damit sie keine weiteren Fragen stellte, antwortete ich: "Meine Familie ist kompliziert und ich will die Zeit jetzt mit dir verbringen." Das entsprach sogar der Wahrheit. Ich mochte Darcie und das Quatschen mit ihr war angenehm.
Als ich zu ihr sah, fing sie zu lächeln an. "Wir kennen uns zwar erst zwei Tage, aber es ist schön Freunde zu haben."
Sie tat mir unfassbar leid. Es musste schwer und einsam sein, wenn man ein Außenseiter war. Ich stieß ihr leicht meinen Ellbogen in die Seite und grinste sie an. "Ja, das ist es."
Für mich war es neu mit jemanden befreundet zu sein, der null Plan hatte, aus welcher Familie ich kam. Das hieß, dass das im Grunde echt war. Sie verbrachte Zeit mit mir wegen mir und keinem Kontostand oder dem hohen Ansehen in dieser Gesellschaft.
Darcie fing an: "Du meintest doch, dass du einen deiner Brüder magst. Wie ist der so?" Ja, die einzige Person meiner Familie über die ich gerne sprach. "Der Name ist Keaton und er ist zwei Jahre älter. Er geht auch aufs College, allerdings auf ein anderes."
Das war etwas, dass ein großer Nachteil war. Meinen geliebten Bruder ganz woanders zu haben war scheiße. Nur musste es sein, da ich ansonsten ewig in diesem Gefängnis gewesen wäre. Keaton hatte das zum Glück verstanden und war mir kein bisschen böse.
"Was studiert er?" Sie schien wirklich daran interessiert, was mich freute. "Er wird mal ein verrückter Wissenschaftler, zumindest hat er sich das in den Kopf gesetzt. Keaton ist der Jahrgangsbeste, also ist das durchaus umsetzbar."
Im Grunde wurde er nur Wissenschaftler, aber ich hängte das Adjektiv verrückt viel zu gerne an. Damit zog ich ihn einfach sehr gut auf. Außerdem konnte er sich nicht beschweren, denn Keaton bekam Zuspruch von unseren Eltern. Ihrer Ansicht nach war das ein tolles Studium und deshalb tolerierten sie es gerne.
Darcie setzte sich auf und antwortete begeistert: "Oh, das ist ja cool. Wie kam er auf die Idee?" Da musste ich grinsen, denn da gab es ein paar lustige und vor allem schöne Erinnerungen. "Von klein auf ist er diesem Wahnsinn verfallen. Das war schon immer Keatons Ziel und er setzt es tatsächlich um."
Dabei gingen Kindheitsträume gerne unter oder änderten sich. Manchmal gingen sie einfach nicht auf, aber mein Bruder zog das durch.
Darcie meinte: "Zurück dazu, dass er der Jahrgangsbeste ist, das ist beeindruckend." Ich seufzte und antwortete: "Wir sind beide mit dem Hirn unseres Vaters verflucht. Wir merken uns jeden Scheiß. Ja, das klingt toll, aber kann nervtötend sein. In meinem Hirn ist teilweise so viel, dass es abartig nervt."
Man betrachtete das immer als wundervoll und genial. Dabei gab es die Schattenseite, dass das Hirn nie die Klappe hielt. Am liebsten noch ständig neue Herausforderung bekam, da es sich langweilte.
Allerdings gab es den gigantischen Vorteil, dass man sich in der schulischen Laufbahn wesentlich leichter tat. Mit den Noten hatte ich noch nie Probleme.
Darcie fing zu lachen an und ich sah sie genervt an. Natürlich war das für sie lustig.
Schließlich meinte sie: "Das kenne ich von meinem Bruder. Er bezeichnet es gerne als einen Fluch, dennoch hat es seine Vorteile." Ich nickte, denn das hatte es unter anderem. "Ja, das stimmt. Aber schön, dass es einen weiteren Gleichgesinnten gibt." Viele gab es von uns nicht, bis jetzt war mir niemand begegnet, außer eben meine Familie.
Nun war es mein Zug für eine Frage, von mir war das momentan genug gewesen. "Wie ist dein Bruder so?" Da fing sie zu lächeln an und nickte. "Er ist wirklich einer von der guten Sorte und wir kamen schon immer gut klar. Allerdings kann er der große Bruder mit einem Beschützerinstinkt sein. Noch mehr seit unsere Schwestern tot sind. Arian macht sich viel zu viele Sorgen."
Ich nahm ihre Hand, drückte diese leicht und antwortete: "Das mit deinen Schwestern tut mir unfassbar leid." Da wurde mir ganz schwer ums Herz, wenn ich an so etwas dachte. Sie seufzte und erklärte: "Mittlerweile ist es ein paar Jahre her, dennoch vermisst man sie einfach. Das war wirklich schwer für unsere Familie."
Ja, das konnte ich mir gut vorstellen. Manche Familien zerbrachen sogar daran. Für Eltern musste es grausam sein, wenn die eigenen Kinder vor einem selbst starben. Daran wollte man nicht mal denken.
Darcie bekam leichte Tränen in ihren Augen und sah auf ihren Schoß. Das war mein Zeichen dafür, dass ich besser umlenken sollte. Offensichtlich wollte sie nicht weiter darüber reden und den Gefallen würde ich ihr auf jeden Fall tun.
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In your Dreams
ChickLitUm sich endlich ihren Traum zu erfüllen flüchtete Pheobe an ein College am anderen Ende des Staates. Dort findet sie neue Freunde, versucht sich ein eigenes Leben aufzubauen und verliebt sich hoffnungslos in den Leiter des Colleges, welcher zugleic...