Kapitel 56

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Am nächsten Morgen erwachte ich am Arian gekuschelt. Genau so wie es mir am liebsten war. Es gab kein besseres Erwachen. Mein Kopf lag auf seiner Brust und einen Arm hatte ich um ihn gelegt.

Da er mir sanft über den Rücken streichelte, war er längst wach. Mich ließ das lächeln, denn ich liebte jegliche Berührung von ihm.

Flüsternd sagte ich: "Guten Morgen." Meine Stimme klang dabei leicht verschlafen, wie üblich wenn man gerade erst wach wurde. Genauso leise folgte die Antwort: "Guten Morgen, Pheobe." Nach einem Kuss auf den Kopf, fragte er: "Wie hast du geschlafen?"

"Echt gut und du?" Er streichelte mir weiterhin über den Rücken, als er antwortete: "Auch." Das Lächeln hörte ich ihm an. Scheinbar erging es uns beiden gleich.

Anschließend fiel Stille zwischen uns und die war richtig angenehm. Diese Harmonie zwischen uns war etwas Herrliches. Noch mehr, wenn wir weit von zu Hause weg waren, denn hier konnte uns niemand gemeinsam sehen. Ausnahmsweise konnten wir uns wie ein normales Pärchen fühlen.

Erst nach einer Weile, sagte Arian: "Du hast mich mal nach meiner Tante gefragt." Das ließ er so stehen, was mich dazu veranlasste meinen Arm um ihn zu lösen und seine Brust zu tätscheln. "Ja, das habe ich. Aber du musst nicht über Penny reden, das ist ganz dir überlassen."

Vor allem, weil er gestern schon von seiner Familie erzählt hatte. Am Ende wäre ich ihm nie böse, falls er ungern darüber redete.

"Doch, wir können uns deshalb nicht leiden, weil sie immer fand, dass ich kein geeigneter Vormund für Darcie bin. Penny wollte, dass ich meine Schwester in eine Pflegefamilie oder ein Heim gebe." Das ließ mich innehalten, denn für mich klang das verrückt. Man hörte genug Schlechtes über Pflegefamilien oder Heime. Arian fuhr schon fort: "Da gab es einige Streits. Sie meinte, wie jung ich wäre, weshalb ich keine Verantwortung für Darcie übernehmen könnte."

"Also, wenn ich mir Darcie ansehen, dann kann ich nur sagen, dass du sehr wohl geeignet warst und bist. Schau sie dir an. Deine Schwester ist glücklich und kam nie vom richtigen Weg ab." Zumindest war das mein Eindruck und sie sprach stets gut über ihren Bruder.

"Danke. Penny hat mich oft daran zweifeln lassen. Aber ich hätte es nie über mich gebracht, meine kleine Schwester fremden Leuten zu übergeben."

"Mit Recht. Soeben wurde mir Penny unsympathisch. Ich kann deine Gefühle ihr gegenüber nachvollziehen." Er drückte mich an sich, was ich mit einer festen Umarmung erwiderte. "Darcie weiß nichts davon. Also sie weiß schon, dass Penny und ich darüber diskutiert hatten, aber nicht wie sehr das eskalierte."

"Also denkt Darcie, dass Penny es nur gut meinte und es lediglich eine Diskussion darüber gab."

"Genau. Allgemein kann meine kleine Schwester manchmal zu gutgläubig sein. Aber ich wollte ihr nicht Penny auch noch nehmen. Ansonsten haben wir nämlich keine Verwandten mehr." Das konnte ich nachvollziehen, auch wenn seine Tante vollkommen falsch gelegen hatte. Dennoch konnte ich Arian verstehen, dass er Darcie aus diesen Streits rausgehalten hatte. Vor allem als sie jünger war.

Nun fing er an mir über dem Oberarm zu streicheln. Vermutlich zur eigenen Beruhigung, zumindest hatte er diesen Effekt auf mich. Dann könnte es ihm genauso ergehen.

"Jedenfalls habe ich deshalb keinen Kontakt zu Penny. Irgendwann reicht es. Sie hat sogar das Jugendamt kontaktiert. Als hätten wir nicht schon genug Stress gehabt." Die Frau war wirklich übergeschnappt. Sie hatte Arian kein bisschen unterstützt, eher hatte sie das exakte Gegenteil getan. Manche Familien waren wirklich ein Fall für sich. Wobei meine auch keine glückliche war.

"Und wie hat das Jugendamt reagiert? Oder was haben sie getan?"

"Nein, es war immer alles in Ordnung. Sie waren zufrieden damit wie Darcie bei mir lebte. Da gab es nie Probleme, nur die Kontrollen kosteten mich den letzten Nerv. Ich hatte so viel zu tun, dann steht da plötzlich jemand vom Jugendamt vor der Haustür. Penny hat das nämlich mehrfach gemeldet und sie sind dazu verpflichtet sich das anzusehen." Abrupt löste ich mich von Arian und setzte mich auf, damit ich ihn ansehen konnte. Das musste ein Scherz sein.

Ich fragte vollkommen entsetzt: "Sie hat was getan? Mehrfach? Was läuft bei dieser Frau falsch?" Er zuckte mit den Schultern und war selbst sehr ernst geworden. "Darauf habe ich leider keine Antwort. Ich habe nie verstanden warum sie ein derart großes Problem mit mir als Vormund für meine Schwester hatte." Ich konnte nur mit dem Kopfschütteln, denn das war verrückt.

Darcies gute Beziehung zu Penny konnte ich zu null Prozent verstehen. Obwohl sie keine Ahnung von dem tatsächlichen Ausmaß hatte. An der Stelle musste man Nachsicht zeigen.

Eine Frage gab es noch und die stellte ich. "Wollte Penny mal die Vormundschaft übernehmen und hat sie nicht bekommen? Anders ist ihr Verhalten schwer zu erklären." Es folgte gleich ein Kopfschütteln, womit ich meine Antwort hatte. Es gab einfach Leute, die würde man nie verstehen.

"Arian, diese Frau ist irre. Du hast sogar die Bestätigung vom Jugendamt, dass du es richtig gemacht hast. Ich hoffe du hast Penny keinen Glauben geschenkt." Kurz dachte er darüber nach und die Zeit gab ich ihm. Obwohl ihm eigentlich klar sein sollte, wie gut er das mit seiner Schwester gemacht hatte.

Schließlich antwortete er: "Ab und an habe ich stark an mir gezweifelt. Einmal hab ich sogar Darcie darauf angesprochen, ob ihr ein anderes Zuhause lieber wäre." Danach machte er eine Pause, die meine Ungeduld weckte.

Am liebsten hätte ich ihn durch gerüttelt, damit er direkt weiter erzählte. Aber ich konnte mich zusammenreißen und wartete. Lediglich meine erhobene Augenbraue bat ihn darum.

"Sie war total entsetzt, weil sie bei mir bleiben wollte. Die Panik hat man ihr angesehen, danach hatte ich ein schlechtes Gewissen, je was gesagt zu haben."

Eins stand fest, die beiden hatten eine schwere Zeit hinter sich. Zuerst verloren sie ihre Schwestern, dann die Eltern und im Anschluss legte ihnen ihre Tante Steine in den Weg.

Man sah es mir wohl an, denn Arian zog mich wieder an sich und meinte dabei: "Schau mich nicht so an und jetzt lass uns kuscheln." Damit war das Thema abgehakt, zumindest lag die stille Bitte hinter seinen Worten. Und den Gefallen würde ich ihm tun.

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