Kapitel 1

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„Mal sehen welchen Schlappschwanz ich heute beklauen werde", grinste ich breit, als ich mir meine blonde Perücke zurecht zupfte und durch die riesengroße Menge des neuen Clubs vorbei lief, ohne in der überfüllten Schlange warten zu müssen

Tja, solche Privilegien hatte man eben, wenn man so scharf aussah wie ich, dachte ich, während die Bodyguards mich ohne Zögern durch ließen und ich sogleich den drückenden Puls der Clubluft auf meiner Haut spürte. Die Atmosphäre war elektrisch geladen, das Murmeln der Menge mischte sich mit den aufreibenden Rhythmen, die den Boden unter meinen Füßen erzittern ließen.

Ob ich mein Schattenleben liebte?! Verdammt und wie! Ich liebte es, steinreiche Typen zu beklauen, die einfach nur hochnäsige Wichser waren. Ob sie mir leid taten? Definitiv nicht.

Mit akribischer Präzision wählte ich jedes meiner Opfer aus, ein Meisterwerk der Selektion, das von meiner dualen Existenz zeugte. Als Bänkerin im Bereich Wealth Management umgab ich mich täglich mit den Reichen und Mächtigen, die in einem Meer von Reichtum schwammen, jedoch oft überhaupt nicht wussten wohin mit ihrem unendlichen Vermögen. Während ich in diesen scheinbar belanglosen Kundengesprächen verharrte, entspann sich hinter meiner Fassade eine raffinierte Analyse – ich formte mein eigenes Bild von ihnen, entdeckte ihre Schwächen, ihre Gier und ihre Arroganz und machte am Ende mit mir selbst aus, wer es verdienen würde, dass ich ihn beklaue.
Deshalb auch diese verdammte blonde Perrücke. Keiner durfte wissen, dass ich dahinter steckte, da ich sonst am Arsch war. Ich verdiente mehr als genug bei der Bank, das war überhaupt nicht das Problem. Ich tat das alles nämlich nicht für mich, sondern für andere.

Für Kinder, die in Heimen aufwachsen mussten. Das Geld, die Uhren, der Schmuck, die Autos, all das, verkaufte ich im Schwarzmarkt und spendete es anonym an mehreren Kinderheimen, da ich genau wusste, wie wenig diese Kinder hatten. Und da es dem beschissenen Staat nicht juckte, wie es unschuldigen Kindern in Kinderheimen erging, musste ich es wohl oder übel alleine handhaben. Also war ich doch nicht so böse oder? Falls es einen Gott geben sollte, wäre er demnach sicherlich nicht sauer auf mich.

Ich war wie Batman, nur in weiblich und hot. Zudem machte es so unfassbar Spaß, diese Mistkerle auszunehmen.

„Hey Süße, Lust zu tanzen?"

Angeekelt und genervt sah ich auf und erblickte einen Typen in einem schwarzen Anzug, dessen Haare so sehr gegelt waren, dass man drauf hätte ausrutschen können.

„Wie wär es, wenn ich stattdessen laut schreie und jedem sage, dass du mir K.o Tropfen verabreichen wolltest?", fragte ich ihn mit einem breiten Grinsen im Gesicht und feierte mich selbst immer wieder für meine Sprüche. Ich sagte doch: Ich war eine verdammte Granate!

„Was bist du für eine scheiß Nutte?! Ich habe dich doch nur gefragt, ob du Tan..", mehr lies ich den Bastard nicht sprechen, da er genug gesagt hatte. Ohne mich anstrengen zu müssen, griff ich mit einer eisernen Entschlossenheit nach seinem Arm. In einer einzigen, geschmeidigen Bewegung schleuderte ich ihn mit voller Kraft auf den harten Boden. Der Aufprall ließ ihn laut aufstöhnen, während er wie ein Hund vor mir lag und mich mit großen Augen anstarrte, als könne er nicht glauben, dass er so eben von einer 1.60 kleinen Frau zu Boden geworfen wurde.

„Nenn mich oder eine andere Frau jemals wieder eine Nutte und du wirst meinen Absatz in deinen Mund so tief spüren, dass es dir von deinen Arschloch wieder rauskommen wird", lächelte ich ihm gespielt freundlich zu und spürte die Genugtuung in mir aufsteigen, als ich den Wichser so überrumpelt sah.

Hatte ich schon erwähnt, wie sehr ich Männer verabscheute? Für mich waren sie nichts weiter als abscheuliche Kreaturen, respektlos und egoistisch. Es schien, als ob kein einziger Mann auf dieser Welt die Bedeutung von Respekt gegenüber Frauen kannte. Selbst diejenigen, die äußerlich als "perfekte Gentlemen" galten, offenbarten bei der kleinsten Provokation ihre wahre Brutalität. Sie nutzten ihre körperliche Überlegenheit, um unschuldige Frauen zu misshandeln und zu erniedrigen, sie waren nichts weiter als tickende Zeitbomben. Solange sie bekamen, was sie wollten, spielten sie die netten Jungs. Aber was passierte, wenn sie ihre Wünsche nicht erfüllt bekamen? Genau, sie wurden beleidigend oder gar gewalttätig.
Aber nicht mit mir. Nicht umsonst war ich Profiboxerin im Untergrund der New Yorker Straßen. Da war ich nämlich die bekannteste Kickboxerin und hatte noch nie einen Kampf verloren. Jeder verdammte Mann verlor gegen mich.

Don't touch meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt