Kapitel 63

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(Hört den Song dabei)

L e d j o n a L e k a j

21:21 Uhr

„Bitte tu mir das nicht an... ich flehe dich aus tiefstem Herzen an!" Meine Stimme war kaum mehr als ein Wimmern, das durch den Raum hallte, während Alexej mich auf sein Bett warf.
Sein teuflisches Grinsen durchbohrte meine Seele, als er über mir stand, die Dunkelheit seines Blicks verschmolz mit dem schwachen Licht des Zimmers.

Der Albtraum hatte begonnen, als wir das Kinderheim verließen. In dem Moment, in dem die schwere Tür hinter uns ins Schloss fiel, hatte sich mein Schicksal besiegelt. Wir waren ohne ein Wort zurück in sein verstecktes Anwesen gefahren. Ein Ort, der wie ein Gefängnis wirkte, weit entfernt von jeglicher Rettung. Mein Herz raste, Panik und Verzweiflung jagten durch meine Adern.

Der Auslöser für dieses Grauen war ein einzelner Satz. Ein einziger, unschuldiger Satz. „Dann bin ich so glücklich wie damals bei Enes," hatte ich gesagt, noch benommen von den Erinnerungen an das Kinderheim. Ein Fehler, der mich jetzt in die Tiefen der Hölle stürzte.

Meine letzte Hoffnung, Enes oder einen seiner Männer im Kinderheim zu treffen und ihn rechtzeitig vor Alexej warnen zu können, war wie ein schwaches Flämmchen gewesen, das im Wind erlosch, als ich wieder in Alexejs Wagen gestiegen war.

Die ganze Zeit über hatte ich versucht, diese Hoffnung zu verdrängen, sie als unrealistischen Wunsch abzutun. Doch tief in meinem Inneren hatte ich sie stets getragen. Ein Gefühl, beinahe eine Intuition, hatte mir gesagt, dass Enes dort sein würde. Vielleicht war es die verzweifelte Sehnsucht nach Rettung oder der Wunsch, dass alles ein gutes Ende nehmen könnte.

Als wir das Kinderheim verlassen hatten und die kalte, unbarmherzige Realität wieder Einzug gehalten hatte, war dieser letzte Funken Hoffnung endgültig verglüht. Die Stille im Auto war drückend, jeder Kilometer, den wir zurückgelegt hatten, führte mich weiter weg von der ersehnten Rettung und tiefer hinein in die Dunkelheit, die Alexej umgab.

Während die Landschaft an uns vorbeigezogen war, hatte ich gespürt, wie die Verzweiflung in mir aufgestiegen war. Die Gewissheit, dass meine letzte Chance vertan war, hatte an meinem Geist genagt. Es war nicht nur die Angst vor dem, was kommen würde, sondern auch die bittere Enttäuschung über den verlorenen Glauben an eine Rettung, die niemals eingetroffen war.

Doch ich hätte längst bemerken müssen, dass das Universum niemals auf meiner Seite sein würde. Wie naiv ich gewesen war, zu glauben, dass Enes ausgerechnet an seinem Geburtstag das Kinderheim besuchen würde, das er in meinem Namen hatte erbauen lassen. Er verachtete mich, er verabscheute mich. Der Gedanke, dass er mich dort treffen könnte, war nichts als ein Wunschtraum gewesen.

Ich erinnerte mich noch genau an den Abend, als sich unsere Wege endgültig getrennt hatten. Sein Blick, erfüllt von tiefster Abscheu und Enttäuschung, brannte sich in mein Gedächtnis ein. In seinen Augen war ich eine elendige Verräterin, und dieses Urteil würde er bis zu seinem letzten Atemzug nicht ändern. Der Hass, den er für mich empfand, war unüberwindbar.

Enes würde niemals erfahren, dass ich mich für
die Sicherheit meiner Familie geopfert hatte. Diese Wahrheit würde mit mir sterben. Doch das war in Ordnung. Solange er und die anderen in Sicherheit waren, spielte es keine Rolle, was er von mir dachte. Ich konnte den Schmerz und die Verachtung ertragen, wenn es bedeutete, dass die Menschen, die mir am meisten bedeuteten, unversehrt blieben.

Die Illusion, dass das Schicksal jemals zu meinen Gunsten gewirkt hätte, war endgültig zerschmettert. Doch inmitten dieses Sturms fand ich einen stillen Trost. Der Preis, den ich bezahlt hatte, war hoch, aber er hatte das Leben derer geschützt, die ich liebte. Und dafür würde ich alles ertragen.

Don't touch meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt