𝐾𝐴𝑃𝐼𝑇𝐸𝐿. 20

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Das Boot schwankt heftig.

Ich liege auf dem Sofa, mein Gesicht ist blass und mir ist übel. Meine Stirn halte ich mit der Hand.

Mehr als fünfmal habe ich mich schon übergeben, doch jetzt kommt nichts mehr heraus.

Ivan weicht mir die ganze Zeit nicht von der Seite, bis jetzt. Adrian erwähnte, dass er ihm etwas zeigen muss.

Nun ist nur noch Mark bei mir, der mich belustigt ansieht "Alles fit, Hexe?" fragt er. "Klappe, du Arsch." entgegne ich und halte mir den Bauch "Ivan hat es gut gemacht, dich zu entführen. Seit du hier bist, ist es nie langweilig." lacht Mark.

Zugegeben, Mark ist wirklich sympathisch. Er hat etwas Dummes, aber auch Witziges an sich. So offen für alles.

Langsam richte ich mich auf. Ich fühle mich fürchterlich schlapp. "Wo ist Ivan?" frage ich mit schwerem Körper. "Noch drinnen," antwortet Mark. Nach all den Stunden wage ich es, hinauszublicken.

Es ist bereits dunkel, die Lichter des Bootes bieten uns eine gute Sicht.

Ich erkenne die Wellen.

Schwimm, Alice!

Schwimm!!!

Die Stimmen sind noch immer in meinem Kopf. Panik steigt in mir auf. Meine Atmung wird schneller und plötzlich kullern unzählige Tränen meine Wangen hinunter.

Ich weine?

Ich weine nach all den qualvollen Jahren?

Mein gesamter Körper beginnt wieder zu zittern. "Alice, wow, beruhige dich." sagt Mark. "Ich bekomme keine Luft." antworte ich keuchend und halte mir die Brust.

Ich weine stark und klammere mich an Marks Blazer. "Ich hole Ivan." sagt er. "Nein! Lass mich nicht allein, Mark—" "Kleines, ich habe keinen Schimmer, was ich machen soll. Ich hole schnell Ivan, okay? Ich beeile mich, versprochen. Verdammt, du bist komplett blass." sagt er besorgt und rennt los.

Ich atme panisch ein und aus.

Ich bin allein.

Mein Ohr piept, meine Sicht verschwimmt.

Schwimm zu mir.

Sonst ertrinkst du, Alice. Schwimm.

Die Stimmen verschwinden nicht!

Verstummt!

Geht weg!

Mein Körper zuckt. Mein Herz schmerzt in meiner Brust, als würde jemand es herausreißen. Ich verliere die Kraft in meinen Armen und liege nun auf dem Boden.

Man hört mein keuchendes Atmen. Meine Brust zieht sich durch die Zuckungen zusammen.

„Alice." jemand nimmt mich in seine starken Arme und hält mein Gesicht in seinen Händen. Er zwingt mich, ihn anzusehen. Seine Augen sind voller Besorgnis und fast ängstlich. Ich erkenne Ivan. "Beruhige dich, Alice. Ganz ruhig." Ich bin sauer auf ihn.

Wütend auf alles und jeden. "Du hast gesagt, du lässt mich nicht allein! Wo warst du?!" rufe ich wütend weinend, voller Panik und Angst in der Stimme.

Ich habe das Gefühl zu ersticken.

Schon wieder.

Ivan bemerkt meine schwachen Bewegungen und das eingeschränkte Luftholen. "Halt das Boot an." befiehlt er Adrian streng. Dieser rennt sofort los.

Ivan zieht mich fest zu sich. "Hab keine Angst, Alice." flüstert er mir zu.

Ich versuche, wach zu bleiben.

Hab keine Angst. Du bist bei mir sicher.

Mein Körper beruhigt sich, ich kann wieder Luft holen und weine stark. Ich schluchze und klammere mich an Ivans Blazer. Dieser streichelt meinen Kopf und zieht mich noch fester an sich „Es ist okay, mi amor." sagt er. Ich schließe meine Augen und umarme Ivan.

Ich kann momentan nicht begreifen, was ich tue oder in welcher Lage ich wirklich stecke. Das Einzige, was ich jetzt möchte, ist keine Angst mehr zu haben „Sieh mich an." sagt Ivan. Langsam löse ich mich von ihm und sehe ihm in die Augen.

Ivan streicht mir die Tränen und Haare aus dem Gesicht. Es scheint, als würde mein Körper seine Berührungen viel zu sehr genießen „Geht's wieder?" fragt er leise. Ich nicke stumm.

Mark und Adrian sind schon lange nicht mehr hier. Ich weiß nicht, seit wann oder warum. Höchstwahrscheinlich eine Anweisung von Ivan. "Steh langsam auf, mi amor." befehlt er. Ich schlucke schwer. "Ich lasse dich nicht los. Vertrau mir einfach nur." sagt er ruhig und völlig verändert.

Der Ivan, den ich vor ein paar Stunden gesehen habe, ist nicht mehr hier. Ein völlig anderer Ivan steht vor mir.

Ich nehme seine Hand und wir stehen langsam auf. Er führt mich langsam zum Rand des Bootes, das längst angehalten hat. Ivan zieht mich fest zu sich. "Siehst du? Es passiert nichts." Wir blicken beide in die Weite.

Der Wind weht uns entgegen. Unbewusst habe ich Ivans Hand in meine genommen und sehe in die Ferne. Die Sterne funkeln am Himmel.

Ich bemerke kaum, wie schön es hier aussieht. "Schließ deine Augen und höre dem Wasser zu." sagt Ivan. Ich tue, was er sagt und schließe meine Augen.

Mein Herz schlägt schneller.

Eine einsame Träne rollt meine Wange hinunter.

Ich hasse meinen Vater.

Ich hasse ihn so sehr. "Nimm mich in den Arm, Ivan." sage ich kaum hörbar.

Ivan zögert nicht und zieht mich von hinten an sich. Ich lehne mich an seinen Körper "Ich kann nicht schwimmen." spreche ich meine Gedanken aus. Die Worte sind nichts als ein hauchen "Er hat mich ins Wasser gestoßen. Ich wäre fast ertrunken, und meine Mutter hat nur zugesehen." Ivan hört mir aufmerksam zu.

Ich verstehe nicht, warum ich es ihm ausgerechnet erzählen muss „Ich habe Angst zu fallen, Ivan. Ich habe Angst, wieder zu fallen und zu ertrinken." Ich spüre Ivans heißen Atem auf meiner Haut. "Ich werde dich dann auffangen und dich aus dem Wasser holen, mi querida. Aber ich werde es niemals so weit kommen lassen. Ich verspreche es dir." Ich weine leise und lächle. "Danke, du Arsch." "Für dich immer."

IVAN||✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt