𝐾𝐴𝑃𝐼𝑇𝐸𝐿. 27

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Alice Sicht

Mein Herz schlägt heftig. Es scheint so laut, dass ich das Gefühl habe, jeder könnte es hören.

Ivan, dieser verfluchte Idiot.

Dieser Mann.

Er hat mich endgültig zerstört.

Der noch bittere Geschmack in meinem Mund verwandelt sich in eine himmlische Süße, die ich nicht mehr missen möchte. Sein Geruch ist alles, was ich riechen will.

Obwohl ich ihm niemals verzeihen kann, dass er mich entführt und gegen meinen Willen eingesperrt hat, muss ich ihm zustimmen. Ich kann ihn nicht hassen. So sehr ich es auch möchte, es gelingt mir nicht.

„Madame", sagt die Mitarbeiterin von Ivan und lächelt sanft. Ihre blonden Haare sind zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden. „Der Boss möchte Sie sprechen." Ich bin überrascht.

Normalerweise würde er doch selbst kommen. Also stehe ich auf und spüre, wie die Nervosität in mir wächst. Mit unsicheren Schritten folge ich der Frau zu Ivans Büro.

Die Aura der vergangenen Nacht ist noch immer spürbar. Ich schlucke schwer und klopfe an die Tür. „Kommen rein, Alice." Wie weiß dieser Mann, dass ich es bin?

Ich betrete sein großes Büro und schließe die Tür hinter uns. „Du wolltest mich sprechen?", frage ich. Ivan steht auf und legt die Papiere auf seinen Tisch.

Er hat die Ärmel hochgekrempelt, und ich bekomme einen flüchtigen Blick auf seine Brust. „Setz dich.", sagt er. Ich nehme auf dem Sofa vor ihm Platz, während er sich gegen seinen Tisch lehnt und die Arme vor der Brust verschränkt.

Eine unangenehme Stille breitet sich aus, bis er sie bricht. „Wir treffen eine neue Vereinbarung." Neugierig sehe ich ihn an. „Und die wäre?", „Ich werde dir die Welt schenken. Im Gegenzug musst du mir immer gehorchen.", „Was für ein abscheuliches Angebot. Wie genau wirst du mir die Welt schenken?", „Ich werde dir zeigen, wie es ist, wenn du an meiner Seite bleibst und dich für mich entscheidest. Die Welt wird dir zu Füßen liegen und du wirst es einfach nur genießen. Verstanden?" Ich schweige.

Es klingt verlockend und ich kann ihm in diesem Moment alles zutrauen. Egal was Ivan sagt, ich glaube ihm. Wenn er behauptet, mir die Welt zu schenken, dann glaube ich ihm das auch.

Doch etwas beschäftigt mich. Ich stehe auf und gehe auf Ivan zu. „Okay, unter einer Bedingung."

„Was immer du willst, mi hermosa.", „Die Spielchen hören auf. Ich meine es ernst, Ivan. Du fasst mich nicht ohne meine Einwilligung an." Ivan grinst amüsiert und unterdrückt ein Lachen, bevor er nickt. „Wie du es dir wünschst, Estimada." Ich nicke zustimmend.

Zugegeben, der Deal, den ich vor dieser ganzen Sache vorgeschlagen habe, war ohnehin ein großer Bluff. Ich hoffe sehr, dass dieser Deal funktioniert. Ivan und ich halten lange Augenkontakt. Keiner von uns wagt es, ihn zu brechen.

Seine Augen erzählen keine Geschichten und ich frage mich, wie Ivans wahre Geschichte aussieht. Ich kenne diesen Mann kaum. „Darf ich dir eine Frage stellen?", frage ich „Natürlich.", „Wie lautet deine Geschichte, Ivan?", erkundige ich mich direkt.

Er atmet tief ein und aus. „Was möchtest du wissen?" Ich presse meine Lippen zusammen und blicke aus dem Fenster.

Wenn ich möchte, dass dieser ganze Mist funktioniert, muss ich mich ändern. Ich sehe wieder zu Ivan. „Willst du mit mir spazieren?" Ivan lächelt und lehnt sich von seinem Tisch ab. „Geh voraus, Prinzessin." Ich verlasse sein Büro.

Gemeinsam machen wir uns auf den Weg nach draußen. Die frische Nachtluft umgibt uns, bis wir die Treppen hinunter zum Strand gelangen.

„Also... wie bist du in diese ganze Mafia-Sache geraten?", „Mein Vater war Teil davon. Ich führe nur seine Geschäfte weiter.", „Und wo ist dein Vater jetzt?", „Er starb, als ich zehn war, bei einer Schießerei." Verwundert sehe ich Ivan an, der seine Hände in den Taschen hat und mit mir am Strand entlanggeht. „Und deine Mutter?", „Sie starb bei meiner Geburt." Ich schlucke schwer.

Es muss unglaublich schwer sein, ohne Eltern aufzuwachsen. „Es tut mir leid. Ich wusste nicht, dass du so etwas durchmachen musstest. Ich hätte dich—", „Schon gut, Alice. Du kannst mich alles fragen, was du möchtest. Wenn es uns näherbringt, will ich, dass du mich fragst." Ich muss schmunzeln. „Wie kann hinter so einer kalten Fassade so viel Liebe stecken?" Ivan lacht kurz auf. „Du bist der einzige Grund, warum ich den Sinn sehe, nett zu sein.", „Ist Mark dein Bruder?", er schüttelt den Kopf.

Ich nicke und gehe weiter den Strand entlang, bis ich stehen bleibe. Ivan steht einige Schritte vor mir und sieht mich an. Das Mondlicht lässt uns klar erkennen, wie wir einander gegenüberstehen.

„Du wirst mir also nichts tun? Hattest du nie vor, mir etwas anzutun?", „Ich könnte mir niemals verzeihen, dir etwas anzutun, Prinzessin." Er sagt die Wahrheit, und das erleichtert mich ungemein.

Ich gehe ihm einige Schritte näher, und ohne Kontrolle über meinen Körper streiche ich ihm eine Strähne aus dem Gesicht und sehe ihm in die Augen. „Ich war nie eine Frau, die Hilfe von anderen bekommen hat, Ivan", sage ich ruhig. „Das alles ist noch neu.", „Ich weiß, mi amor. Ich weiß, wie ungerecht diese Welt zu dir war, und ich verspreche dir, dass alle für das leiden werden, was sie dir angetan haben." Er streicht mir sanft eine Strähne hinter das Ohr und sieht mir in die Augen. „Warum ich, Ivan? Warum hast du mich gewählt? Es gibt hübschere Frauen als mich, mit schönerem Körper, schönerem Gesicht und vielleicht noch reinerer Haut. Warum hast du mich gewählt? Ich bin nicht perfekt... das weißt du."

Ivan schüttelt den Kopf und legt mir schließlich seine Hände auf die Wange. „Du bist das perfekteste Wesen, das Gott erschaffen konnte, mi amor. Du bist so perfekt, dass du manchmal nicht bemerkst, was du mit einem Menschen anstellst. Was du mit mir anstellst. Seit ich dich das erste Mal durch diese Tür gehen sah – dein erschöpftes, blasses Gesicht, deine etwas verwuschelten Haare und deine roten Augen – wollte ich nur dich und dir alles geben, was du dir jemals gewünscht hast. Ich konnte es nicht ertragen, wie die Männer dir nachgestarrt haben. Es hat mir so große Sorgen gemacht, dass du so wenig gegessen hast." Warum muss es ausgerechnet er sein?

Lieber Gott, was hast du mit mir und meinem Leben vor? Warum er?

„Weißt du...", beginne ich nach einer langen Pause, „All diese Dinge, die du mir gibst und sagst, habe ich jahrelang gesucht. Es nervt mich zu Tode, dass ausgerechnet du der Mensch bist, der mir all das gibt."

Ivan lächelt und wischt mir eine einsame Träne weg. „Danke, Ivan." Ich umarme ihn.

Es ist mir egal, dass ich ihn umarme. Ivan zieht mich fester an sich. Er gibt mir eine so wundervolle Umarmung.

Ich will nicht mehr aus seinen Armen heraus. Ich schließe meine Augen und genieße seinen wunderbaren Duft.

Er ist mein Untergang.

IVAN||✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt