𝐾𝐴𝑃𝐼𝑇𝐸𝐿. 66

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Ich liege neben ihr und beobachte sie ununterbrochen.

Alice schläft seit unserer Ankunft gestern tief und fest. Ich streichele ihre Haare und betrachte ihren Körper, den ich mit einer Decke bedeckt habe.

Die ganze Nacht habe ich nicht geschlafen. Ich kann mich nicht sattsehen an diesem Anblick.

Die Sonne geht langsam auf. Ich kann mir einfach nicht vergeben. Ich will mir nicht vergeben.

Sie in diesem kleinen, engen, dunklen und dreckigen Gefäß zu finden, hat mir einen enormen Schmerz zugefügt. Kein Schmerz könnte schlimmer sein als der von gestern.

Ich küsse ihre Stirn und umarme sie. Ihre Atmung ist flach und gleichmäßig. Plötzlich spüre ich Hände auf meinem Rücken.

Ich öffne die Augen und sehe zu Alice hinunter. Sie hat mich fest umarmt. Sie ist wach.

„Alice, sieh mich an", flüstere ich. Langsam hebt sie den Blick. Ihre Augen sind noch immer geschwollen und von tiefen Augenringen gezeichnet.

Es bricht mir das Herz.

„Fuck", murmle ich, als ich sie küsse.

Ich küsse sie so fest und liebevoll, dass ich all meine Liebe in ihren Lippen lasse. Langsam lösen wir uns voneinander und sehen uns in die Augen.

Ich möchte sie nicht belasten. Ich möchte es wirklich nicht, aber ich muss wissen, was ihr angetan wurde. „Warum hat das so lange gedauert?" Ihre Stimme ist kratzig und schwach. „Es tut mir leid Prinzessin. Es tut mir so leid...", sage ich, während ihre Hand meine Wange streichelt und eine Träne abwischt.

Sie ist die einzige, vor der ich weinen würde. Sie ist die einzige, für die ich weinen würde.

Seit Jahren habe ich nicht mehr geweint. „Du hast mich gerettet, Ivan...", haucht sie. „Es ist alles meine Schuld. Fuck." Ich umarme sie. „Du hast mir das Leben gerettet. Schon wieder." „Ich würde immer dein Leben retten, mi Amor. Ich liebe dich zu sehr, um dich zu verlieren." Alice schluchzt und ich spüre ihre Träne an meiner Brust.

Sie schmiegen sich fester an mich. „Es war die Hölle, Ivan." „Was haben sie dir getan, Prinzessin? Erzähl es mir", sage ich und lege meine Hand auf ihre Wange, um ihre Tränen abzuwischen.

Sie schüttelt den Kopf. „Ich kann es dir nicht sagen...", antwortet sie und ich merke, dass etwas an Alice anders ist.

Etwas so stark, dass es mir Angst macht. „Alice, sieh mich an", fordere ich sie auf. Sie tut es. „Rede, mi Amor." Alice schluchzt heftig. „Sie haben mich vergewaltigt, Ivan", weint sie laut.

Sie haben—

Sie haben meine Alice vergewaltigt?

Mein ganzer Körper spannt sich an. Ich bin wie erstarrt, meine Gefühle sind ein reines Chaos. „Sie haben was?" Ich will sicherstellen, dass ich mich nicht verhört habe. „Ihre Hände... Ich fühle mich so dreckig", sagt sie und umarmt sich selbst.

Ein Sturm von Wut durchzuckt meinen Körper. „Wer?", frage ich ernst.

Meine Wut steigt. Alles in meinem Körper bebt. „Wer hat dich vergewaltigt Alice? Wer war es? Elliot?" Alice braucht eine Weile. „Er auch – seine Männer. Jeder einzelne von ihnen." Ich atme ungläubig aus.

So viele Männer...

Ich schließe die Augen und reibe mir die Stirn. Verdammt, lass das nicht wahr sein.

Ich knurre. Mein Ohr piept vor Wut. Ich werde sie umbringen! Scheiße, ich werde sie alle verbrennen— „Ivan...", Alice reißt mich aus meinen Gedanken.

Ich sehe sie an. „Bitte, geh nicht." Ich schüttelte den Kopf. „Ich werde nicht gehen Alice. Keine Angst." Erleichtert umarmt sie mich.

Meine kleine Prinzessin...

Die Frau meiner Träume.

Meine Seele.

Als ich meine Hand auf ihren Rücken lege, zuckt sie leicht zusammen. Verwirrt sehe ich sie an. Sie verzieht schmerzvoll das Gesicht. „Mi Amor, was hast du?", frage ich. Sie antwortet nicht. „Kannst du mich waschen, Ivan?", bittet sie. Ich lächle und nicke. „Natürlich." Ich stehe auf und hebe sie hoch.

Ihr Gesicht wird blasser, was mir zeigt, dass ihr schwindelig ist. Verdammt, sie hat viel abgenommen.

Ich bringe sie ins Badezimmer und stelle sie auf die Füße. Während ich die Wanne mit Wasser und Schaum fülle, hat Alice ihr Shirt ausgezogen.

Der Anblick ihres Rückens lässt alles in mir zusammenziehen. Ich gehe auf sie zu, und Alice faltet das Shirt.

Narben.

Wunden.

Ich bin schuld an allem.

Ich streiche mit meinen Fingern über ihren Rücken und betrachte niedergeschlagen ihren dünnen Körper.

Fuck.

Ich hätte sie beschützen können.

Ich hätte besser auf sie aufpassen können.

Was ist aus mir geworden?

Alice dreht sich um und sieht mir in die Augen. Ich betrachte ihren nackten Körper. Lange blaue Flecken, der Abdruck männlicher Finger.

Mein Herz schlägt wie verrückt.

Der Gedanke, dass sie angefasst wurde, ihre Körper von diesen dreckigen Typen—

Fuck!

Ich helfe Alice in die Wanne. Sie ist noch immer schwach und kann nicht richtig auf den Füßen stehen, ohne zu schwanken.

Alice klammert sich an meinen Arm, als das Wasser ihre Narben berührt. „Es tut weh, Ivan", sagt sie mit zitternder Stimme. „Wo tut es dir weh, mi Amor?", frage ich. „Mein Rücken", weint sie. Es bricht mir das Herz, sie so zu sehen. „Du brauchst dieses Bad, Alice", sage ich. Sie nickt und legt sich in die Wanne.

Sie kneift die Augen zusammen und stöhnt vor Schmerz. Sie hält sich fest an meinem Arm.

Ich streichele ihre Haare aus dem Gesicht, während sie sich langsam beruhigt. „Geht es?", frage ich. Sie nickt schwach. „Komm mit rein", haucht sie. „Bitte." Wie könnte ich da nein sagen?

Ich würde auf die Knie für sie fallen.

Ich ziehe mich aus und steige ebenfalls in die Wanne. Sie schmiegt ihren kleinen Körper an meinen Oberkörper.

Ich umarme sie von hinten und küsse ihre Schulter, während ich langsam beginne, sie zu reinigen. Sie hat Fieber, ihre Atmung ist schwer.

Ich halte es nicht aus.

Ich kann es nicht ertragen.

Ich schließe die Augen und lege den Kopf in den Nacken. Eine Träne rollt über meine Wange.

Alles, was ihr schmerzt, schmerzt auch mich.

Wenn sie glücklich ist, bin ich es auch.

Wenn sie wütend ist, bin ich es auch.

Wenn sie leidet, leide ich noch mehr.

Ich umarme Alice fester, während sie ihre Hand an meinen Unterarm legt und ihren kleinen Kopf an meine Schulter lehnt.

Ich schaffe es, mich zu fangen, und wasche ihre Haare, wie sie es sich wünscht.

IVAN||✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt