𝐾𝐴𝑃𝐼𝑇𝐸𝐿. 67

1.8K 27 0
                                    

Alice Sicht

„Du musst es essen. Dein Körper muss sich stärken." Ich blicke mit schwerem Herzen auf das Essen, das Ivan mir auf das Bett gebracht hat. Die Bilder der Szene mit den Männern und Elliot verfolgen mich unaufhörlich. Der Gedanke daran lässt mich keinen Appetit verspüren.

Ich schüttle den Kopf, als Zeichen meiner Ablehnung. Ivan seufzt tief und trägt wie jeden Tag seinen Anzug. Es ist bereits Mittag, und ich bin erst vor zehn Minuten aufgestanden.

„Alice, bitte. Wenn du es nicht für dich tun willst, dann mach es für mich", fleht Ivan mich an. Ich spüre, dass es ihm schlecht geht; er leidet regelrecht. Es schmerzt mich, ihn so niedergeschlagen zu sehen.

Mit einem schweren Schlucken nehme ich den Teller und den Löffel in die Hand. Die Übelkeit unterdrückend, esse ich einen Löffel Reis. Ivan bemerkt meine Mühe, schließt die Augen und senkt den Kopf. Er reibt sich mit dem Mittelfinger über das Auge, als wolle er seine Gefühle unterdrücken.

„Ich bin stolz auf dich, Prinzessin.", sagt er sanft. „Wohin gehst du?", frage ich ihn. „Nirgendwohin. Ich war heute Morgen kurz unterwegs, geschäftlich." Ich nicke und esse weiter.

Ivan hat seinen Blazer abgelegt und sitzt nur noch in seinem weißen Hemd vor mir auf dem Bett. Als er merkt, dass ich mich kaum noch zum Essen zwingen kann, hilft er mir. Nach einer Ewigkeit ist der Teller leer. Ich nehme einen Schluck Wasser und lege mich erschöpft hin. Ivan deckt mich liebevoll zu.

Für einen kurzen Moment vergesse ich, dass es nur Ivans Hände sind, die mich berühren. Plötzlich zucke ich zusammen und weiche zurück. „Fass mich nicht an—", stammele ich atemlos und blicke Ivan entsetzt an. Mein Herz schlägt wie verrückt.

Er sieht mir tief in die Augen.

Was mache ich hier?

Kann mich jetzt nicht einmal mehr die Liebe meines Lebens berühren, ohne dass ich denke, es könnte einer von Elliots Männern sein? „T-Tut mir leid. Ich weiß nicht, was los ist. Ich—", meine Stimme bricht ab.

Ich wische mir ängstlich die Tränen weg. Seit Elliots Entführung ist die Angst mein ständiger Begleiter und mein größter Feind geworden, aber auch das vertrauteste Gefühl, das ich je hatte. „Ich will alleine sein, Ivan", sage ich, als ich sehe, wie er mir näherkommt.

Er nickt besorgt. „Ich bin hier. Ruf mich einfach, okay?" Ich nicke und Ivan verlässt das Zimmer.

Ich blicke auf meine Hände. Die Erinnerungen an das Lachen der Männer, ihre Berührungen, ihre Stöhnen und Gesichter verfolgen mich. Ich fühle mich schmutzig und verflucht. Die Decke ziehe ich fest an mich, in der Hoffnung, das Gefühl in mir zu verdrängen.

Doch es hilft nicht.

Verloren und verzweifelt beginne ich zu weinen, kratze mich panisch am ganzen Körper und halte mich an meinem Rücken fest. Die Schreie

Geht weg! Geht weg!

Ich schluchze laut und gehe ins Badezimmer.
Hecktisch öffne ich den Wasserhahn und wasche meine Arme, die brennen von den Wunden, die ich mir selbst zugefügt habe.

Ich erschrecke durch jedes kleine knistern, weshalb ich den kleinen Hocker hinter mir kaum bemerkt habe. Ich kippe um und krache gegen das Regal hinter mir, nachdem ich auf den Boden gefallen bin. Die Gegenstände in der Badewanne fallen auf mich.

Ich halte mir die Ohren zu, kneife die Augen zusammen und weine unaufhörlich. Mein ganzer Körper brennt, und der Schmerz ist unerträglich – auch psychisch. Es fühlt sich an, als würde jemand meine Seele aus meinem Körper reißen und zu Asche verbrennen. Die Stimmen verschwinden nicht.

Plötzlich spüre ich eine Hand an meinem Knie und zucke zusammen. Die Vorstellung, es könnten Elliots Hände sein, lässt mich erbeben. „Lass mich! Bitte!", schluchze ich und krieche rückwärts. „Alice, sieh mich an!", fordert Ivan eindringlich.

Als ich die Augen öffne, sehe ich in zwei besorgte, wunderschöne Augen. Ivan blickt mich voller Angst und Besorgnis an. „Mi amor...", haucht er schockiert.

Ich vergesse mich in meinen Gefühlen und sehe ihn mit verschwommener Sicht an. „Alles tut weh! Ich fühle mich so dreckig, Ivan. Ich – ich kann das alles nicht mehr ertragen! Ihre Stimmen, ihre Gesichter, Berührungen – alles verfolgt mich. Bitte hilf mir, Ivan. Ich verliere den Verstand." Meine Stimme ist durch Tränen gebrochen.

„Komm her. Bitte lass mich dich umarmen", sagt er und streckt die Arme aus. Ich richte mich von meinem Hintern auf meine Knie und krieche in Ivans Arme. Sein fester Griff verschafft mir für einen kurzen Moment Erleichterung. Ich klammere mich an sein Hemd. „Verdammt Alice", murmelt er.

„Sogar deine Berührungen machen mir Angst, Ivan", hauche ich und schließe die Augen. Sein Griff wird fester, sein Gesicht vergräbt sich in meinem Nacken, und er atmet meinen Duft ein. Er küsst meine Schulter. Diese Umarmung – ich wünsche mir nichts sehnlicher. Ivan schenkt mir die schönsten Umarmungen, die ich je erlebt habe.

IVAN||✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt