40 - Narben, Bunker

52 13 0
                                    

Eine geisterhafte Stille lag über den Soldaten. Man hörte den Regen nicht mehr ganz so stark, aber dafür etwas anderes. Cress sah hinauf zum Dach des Komplexes. Es hörte sich an, als würden mehrere Menschen darauf herumlaufen. Cress wusste nicht wie gut die Befestigungen waren. Wenn sie so lange überlebt hatten hier unten, dann vermutlich besser als alles, was die Geister konstruiert hatten. Wenn Cyborgs auf dem Dach des Club Hauptquartiers herumliefen, dann hieß das nichts Gutes.

„Der Regen kann Tage anhalten."

„Nein, wir haben nur eine weitere Stunde auf dem Radar."

Sie blickte hinauf zu den Öffnungen, durch die sie zuvor eingestiegen war.

„Der einzige Weg hinaus ist durch die Schotten oben."

„Wenn wir die öffnen, stürmen die Cyborgs alles."

Kurze Stille.

„Ist das nicht das, was wir wollen?", fragte Cress. „Ich kann die Sprengladungen anbringen ... oder wir lassen die Cyborgs los."

Er dachte darüber nach. So unaufgeregt sie es auch gesagt hatte, Cress hoffte, dass er ablehnen würde.

„Wie zerstörerisch ist so ein Angriff?", fragte Julian. „Es gibt wenige Zahlen aus den Narben."

Cress zuckte zusammen, als sie ihre verletzte Hand auf das Geländer legte.

„Bei dem Regen werden sie alles zerreißen wollen, was ihnen in die Quere kommt. Was sie mit der Flamme machen weiß ich nicht, aber wenn wir diese Schotten öffnen, dann haben wir Chaos und Zerstörung."

„So viel wie die Sprengladungen auslösen würden?"

Cress sah hinunter zu den Soldaten.

„Mehr."

Julian schwieg. Selbst Cress fand die Vorstellung angsteinflößend, die Cyborgs durch die hohen Öffnungen hereinstürzen zu lassen und sie war es gewesen, die dem geflügelten Cyborg das Messer in den Rücken gerammt hatte, während die restlichen Clubs zusahen. Sie wusste, was auf sie zukam und bezweifelte, dass irgendjemand sonst in diesem Komplex so viel Erfahrung mit dieser Art Monster hatte wie sie.

„Sie werden sich einscheißen", sagte Cress. „Das tun sie jetzt schon. Das tue ich auch."

„Es ist kein guter Plan", sagte Julian letztendlich. „Warte, bis der Regen aufhört."

„Oder wir benutzen die Flamme", sagte sie.

„Nein."

„Wenn ich sie von der Ader entferne ..."

„Nein."

Cress sah über die Schulter, wo hinter Stein und Gängen das Heiligste des Ordens brannte.

„Cress Cye, hör mir zu."

Er musste nicht oft um Gehör bitten, aber er schätzte wohl richtig ein, dass sie sehr viel dafür tun würde, um möglichst schnell aus diesem Bergwerk herauszukommen.

„Wir spielen nicht mit der Flamme. Wenn du meine Anordnung verweigern willst, dann öffne die Schotten, aber lass die Finger von diesem Feuer. Aber es ist nicht klug. Wenn du überleben willst, dann würde ich an deiner Stelle auf den Mann mit den Daten und der Funkverbindung hören."

Cress biss die Zähne zusammen. Er verlangte, dass sie den Regen abwartete, während über ihr auf dem Dach Cyborgs herumliefen, unter ihr Soldaten mit den Fingern am Abzug lagen und irgendwo in der Tiefe des Steins die Flamme des Ordens brannte. Über einer Kristallader, die ihr Blut aufgesogen hatte wie ein Schwamm Wasser.

„Ich warte", beschloss sie und kehrte den Soldaten den Rücken.

„Wenn du jetzt noch so tust, als hättest du das von Anfang an tun wollen, könnte man fast meinen, du bist mir gehorsam."

Skythief - Gefallene Sterne [2024 Version]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt