17- Arete Villa, Eingangshalle

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Das Herrenhaus lag auf einer Insel im Wasserspeicher der Stadt. Es hatte hohe helle Fenster und weiße Wände, die hinausblickten auf das Blau des Wassers. Cress war keine gute Schwimmerin. In den Schluchten war es zumeist tödlich, in eine Wasseransammlung zu springen. Die wenigsten Exiles würden auf so eine Idee kommen. Unter der Kuppel war Wasser nicht der Feind, doch ihre Instinkte warnten sie trotzdem davor. In der Nacht sah das klare Trinkwasser zu ihren Füßen aus wie die schmutzigste Pfütze. Cress zwang sich trotzdem, weiter hineinzuwaten. In Richtung der Lichter auf der Insel. Schwimmen war besser als laufen in ihrem Zustand.

Das Haus im See reckte seine Giebel dem dunklen Himmel entgegen, während sie darauf zu schwamm. In mehreren Zimmern brannte Licht. Es wies ihr den Weg über das Wasser. Als sie auf den Strand hinausstieg, klapperten ihre Zähne aufeinander. Doch der Wind war sanfter geworden, als wäre er in der Umgebung des Gebäudes eine andere Version seiner selbst. Das Haus lag stumm und leer über ihr am Hang. Auf der Seite, von der sie kam, gab es keinen Weg, sondern nur Reihe um Reihe verwitterter Felsen. Es würde eine kleine Kletterpartie werden, aber keine, die mit den Schluchten mithalten konnte.

Oben angekommen hielt sie sich in den Schatten eines Säulengangs, der auf eine einzige hohe Tür zulief. Vorsichtig griff sie nach der großen Türklinke und drückte sie hinunter. Cress fand sich in einem riesigen Raum wieder. Sie war direkt durch den Haupteingang hereingekommen, aber zum Glück war die Eingangshalle leer. Bis auf ein gigantisches Kaminfeuer. Eine herrschaftliche Treppe erhob sich rechts von ihr zu einer Galerie im ersten Stock. Alles wurde in den Schein des ungewöhnlich hohen Feuers getaucht. Sie hob den Arm, um ihre Augen gegen das Licht abzuschirmen. Einen Moment hatte es so ausgesehen, als stünde die Wand in Flammen. Doch das Feuer brannte kontrolliert und leise vor den Sofas und Sesseln, die vor dem Kamin verteilt standen. Auf einem Beistelltisch lagen Bücher. Es hätte eine friedliche Atmosphäre sein können. Stattdessen schien das Haus mit jedem stolpernden Schritt, den sie in den Raum hinein huschte, bedrohlicher zu werden. Sie entschied sich dagegen, direkt auf die Galerie hinaufzusteigen und wählte die Tür links des Kamins als ersten Ansatzpunkt. Vielleicht fand sie einen Verbandskasten, ein Badezimmer und dann würde sie wieder verschwinden, so schnell sie konnte. Die Tür kam näher und sie freute sich schon darauf, diese kalte Halle zu verlassen. Doch wenige Meter entfernt blieb sie wie angewurzelt stehen und zog sich mit klopfendem Herzen zurück in Richtung Wand.

Sie war nicht alleine.

In einem der Ohrensessel vor dem Kamin saß jemand. Sie sah ihn erst, als er sich bewegte. Ein großer Schatten erhob sich aus dem Sessel. Der Mann hob sich gegen das Feuer ab, wie ein Scherenschnitt, während er sich vorbeugte und etwas in die Flammen warf. Breite Schultern, dunkles Haar und geschmeidige Bewegungen. Dann, unaufhaltsam und langsam, drehte er sich zu ihr um. Er war jung und Gesichter wie seines gab es in den Narben nicht.  Es flehte geradezu darum, in Öl auf eine große Leinwand gezeichnet zu werden. Cress zweifelte an ihrem Verstand, während sie sich musterten. Irgendetwas hatte sie übersehen. Die Gewissheit hämmerte von innen gegen ihren Schädel, während die blauen Augen des Adligen auf ihr ruhten. Irgendetwas hatte sie übersehen, denn offensichtlich war nicht sie es gewesen, die die Entscheidung getroffen hatte, dass sie an diesem Abend in diesem Haus stehen würde.

„Lasst mich damit beginnen, Euch einen Rat zu geben", sagte er. „Versucht nicht, zu fliehen."

Er war unbewegt von der Tatsache, dass sie offensichtlich gerade das größte Gewässer der Hauptstadt durchschwommen hatte, um hier einzubrechen. Cress konnte nicht behaupten, dass sie ebenso entspannt war. Fliehen wäre ihr nicht einmal in den Sinn gekommen. In den Schluchten wusste man, dass kein Geist einem Adligen in die Augen sah, ohne zu sterben. Es war eine Tatsache, ein Erfahrungswert. Cress fragte sich, ob Owen sich auf dem Richtblock so gefühlt hatte, bevor sie ihn umbrachten. In der Stille hörte man die Pendeluhr neben dem Kamin schlagen. Doch anstatt sie auf der Stelle in Ketten zu legen, sagte der Mann:

Skythief - Gefallene Sterne [2024 Version]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt